Stoiber und der Bürokratieabbau in Brüssel:Unruhe um einen Ruheständler

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Vor zwei Monaten überraschte Brüssel mit der Nachricht, Edmund Stoiber solle eine Anti-Bürokratie-Kommission leiten. Nun ist noch nichts geschehen - alles nur Missverständnisse?

Martin Winter

Im an Gerüchten nicht armen Brüssel macht neuerdings die Vermutung die Runde, dass die Sache mit dem Edmund Stoiber noch schiefgehen könnte.

Doch nicht nach Brüssel? Edmund Stoiber (Archivbild) (Foto: Foto: AP)

Zwei Monate sind bald ins Land gegangen, seit der Präsident der EU-Kommission José Manuel Barroso die Öffentlichkeit damit überraschte, den damaligen bayerischen Ministerpräsidenten zum Vorsitzenden eines Rates von Weisen berufen zu wollen, welcher der europäischen Bürokratie zu Leibe rücken soll. Aber irgendwie kommt die Sache nicht voran. Stoiber ist immer noch nicht inthronisiert, auch seine High Level Group (HLG) nicht.

Die Vermutung läge nun nahe, dass es wieder einmal die Bürokraten sind, die die Sache sabotieren, weil sie es nicht mögen, wenn ihnen einer von außen ins Handwerk pfuscht. Wozu der Brüsseler Apparat fähig ist, hatte seinerzeit der deutsche Sozialdemokrat Bodo Hombach erfahren müssen, als ihm bei der Aufnahme seiner Arbeit als Balkanbeauftragter gleich eine ganze Serie von Knüppeln zwischen die Beine geworfen wurde.

Verständnisprobleme zwischen Brüssel und München

Aber der Fall Stoiber liegt anders.

Berichte, wonach der eigentlich für den Bürokratieabbau zuständige Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) gegen Stoiber arbeite, lassen sich nicht bestätigen. Es wird sogar durchaus glaubhaft versichert, dass Verheugen, der ein ehrgeiziges Programm zur Verringerung von Bürokratie aufgelegt hat, die Berufung des Bayern mitbetrieben habe, um seiner Sache zusätzlichen Schub zu geben.

Dass Barroso, Stoiber und Verheugen sich trotzdem immer noch nicht getroffen haben, um die Details und den Auftrag der HLG-Bürokratieabbau festzulegen, liegt wohl an Missverständnissen zwischen München und Brüssel. Was hat wer, wem, wann gesagt und vor allem: Verstehen alle das Gleiche darunter?

So seien "die Strukturen", also HLG plus "Arbeitsstab" in Brüssel, von Barroso vorgeschlagen worden, sagt Stoibers Sprecher Rainer Haselbeck. Das mag ja so sein, heißt es in Brüssel. Aber damit sei doch das Übliche gemeint gewesen: Büro, Sekretärin und ein paar fachliche Zuarbeiter aus der Generaldirektion Industrie - die Verheugen untersteht.

Das Übliche für Stoiber

Stoiber aber habe einen Brief geschrieben, in dem er über ein Dutzend Mitarbeiter fordere, darunter einen im Rang eines "Direktors". Der sei wohl für einen seiner Vertrauten gedacht, wird in den Gängen der Kommission gelästert.

Geklärt werden muss auch noch die Frage, wo Stoiber und seine HLG denn angedockt werden sollen. Protokollarisch angemessen beim Kommissionspräsidenten? Oder beim Industriekommissar?

Über solche und andere Fragen werden sich Barroso, Stoiber und Verheugen am 19. November unterhalten. Auf diesen Termin haben sie sich nach langer Suche in ihren Terminkalendern endlich geeinigt.

So wichtig eine Einigung über technische Fragen ist, so wenig dürfte Stoiber sich damit zufriedengeben. Denn mit dem Auftrag, so wie die Kommission ihn dem Ex-Ministerpräsidenten am 11.September gegeben hat, wird er kaum den "Wind in die Initiative" zum Bürokratieabbau bringen können, den er seiner Umgebung zufolge für nötig hält.

Bewerter oder Gestalter

Der Beschluss legt fest, dass Vorschläge zum Bürokratieabbau Stoibers Sache nicht sind. Er soll die Kommission nur "beraten", was von den "Maßnahmen" zu halten ist, die etwa "von Beratungsfirmen" vorgeschlagen werden.

Firmen, die Verheugen beauftragt. Will Stoiber nicht nur Bewerter sondern auch Gestalter sein, müsste die Kommission ihren Beschluss ändern. Dies aber ist aller Erfahrung nach recht unwahrscheinlich.

© SZ vom 6.1.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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