Sozialverband VdK:Armut auch im reichen Bayern

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Der Sozialverband VdK warnt: Die hohen Lebenshaltungskosten machen vielen Rentnern und einkommensschwachen Familien in Bayern sehr zu schaffen.

Manfred Hummel

Die Situation bedürftiger Menschen in Bayern hat sich drastisch verschlechtert. Darauf weist der Sozialverband VdK hin und fordert die Regierungen in Bund und Ländern auf, rasch konkrete Maßnahmen zu ergreifen.

So reich wie es angesichts von Schloss Neuschwanstein scheint, ist Bayern nicht, warnt der Sozialverband VdK. (Foto: Foto: dpa)

Als Ursachen nannte die VdK-Landesvorsitzende Ulrike Mascher die stark gestiegenen Preise für Güter des täglichen Bedarfs. "Ganze Bevölkerungsgruppen wie Geringverdiener, Alleinerziehende mit Kindern sowie Senioren mit geringen Renten drohen auf Grund der anhaltend hohen Inflation in die Armut abzurutschen", sagte Mascher.

Geringverdiener werden nach Ansicht des Verbandes durch die explodierenden Energie- und Lebensmittelpreise überdurchschnittlich belastet. Sie hätten kaum Ersparnisse und müssten einen Großteil ihres Einkommens für den Kauf von Öl, Gas, Strom und Nahrungsmittel verwenden. Als Indiz dafür, dass "auch in Bayern nicht alles Gold ist, was glänzt", wertet der Verband die Tatsache, dass er allein in diesem Jahr 30.000 Neuzugänge verzeichnet und mit 538.000 Mitgliedern größer sei als SPD und CDU bundesweit.

Die Situation in Bayern sei angesichts einer Arbeitslosenquote von 3,9 Prozentpunkten günstiger als im Bundesdurchschnitt, auch bei der Anzahl der Hartz-IV-Empfänger, sagte die bayerische Sozialministerin Christa Stewens der SZ. "Allerdings dürfen diese Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch in Bayern einkommensschwache Familien wie etwa Alleinerziehende und Familien mit mehr als drei Kindern deutlich stärker von Armut betroffen sind", sagte die Ministerin. Ein genaues Bild soll der Landessozialbericht ergeben, an dem "mit Hochdruck" gearbeitet werde.

"Es kann nicht sein, dass die gestiegenen Heizölpreise auf dem Rücken der Sozialhilfeempfänger ausgetragen werden und die dann frieren", sagt Wolfgang Jäger, Leiter des Sozialamtes in Tirschenreuth/Oberpfalz. "Wir werden zu einer Erhöhung der Heizpauschale kommen", so Jäger. Ein Ein-Personen-Haushalt mit einer Wohnfläche von 50 Quadratmetern erhält derzeit einen Zuschuss von monatlich 46 Euro. "Gott sei Dank ist der Ölpreis in den letzten Tagen wieder gefallen", sagt Jäger.

Wer mit seinen Einkünften knapp über der Grenze liegt, also keine Unterstützung erhält, kann Heizkostenhilfe beantragen. Laut Hans Stopfinger vom Landratsamt Rottal-Inn ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger zurückgegangen, der Sozialhilfeetat seines Kreises aber um etwa 50.000 Euro auf knapp 1,8 Millionen Euro angestiegen. "Das sind die Heizkosten."

Die Regelsätze bei HartzIV mit 351 Euro für alleinstehende Erwachsene und 211 Euro für Kinder bis 14 Jahre bezeichnete Mascher als völlig unzureichend. Sie basierten auf Stichproben aus dem Jahr 2003. Auf Kinder bis 13 Jahre entfalle ein täglicher Zuschuss für Nahrungsmittel und Getränke von 2,59 Euro. Ein Schulessen koste aber schon bis zu 3,50 Euro. Auch Stewens hält diese Sätze nicht für angemessen.

Laut VdK leben 130.000 Kinder in Bayern in Hartz-IV-Haushalten, 400.000 Rentnerinnen und Rentner sind armutsgefährdet. Ein Sprecher der Agentur für Arbeit nannte die Klagen des VdK berechtigt. "Wir führen aber nur aus", sagte er, "was uns der Gesetzgeber an die Hand gibt." Auch Städtetags-Präsident Hans Schaidinger sieht den Bund in der Pflicht.

© SZ vom 14.08.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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