Skandal um italienischen Gammelkäse:Bayern ruft nach Sanktionen

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Nach Bekanntwerden eines Skandals um verdorbenen Käse greift Bayern Italien scharf an. Verbraucherschutzminister Bernhard forderte in der Süddeutschen Zeitung, die EU sollte bei weiteren Versäumnissen ein Verfahren gegen Italien erwägen.

Christian Sebald, Julius Müller-Meiningen und Daniela Kuhr

Im Skandal um den Verkauf von Gammelkäse in Europa hat Bayern Italiens Behörden scharf kritisiert. "Sie hätten uns das unbedingt melden müssen", sagte Verbraucherschutzminister Otmar Bernhard der Süddeutschen Zeitung. Bei weiteren Versäumnissen solle die EU ein Verfahren gegen Italien erwägen. Auch ein bayerischer Betrieb soll in den Skandal verwickelt sein. Ergebnisse einer Durchsuchung werden für Mitte der Woche erwartet.

Ein Käsebetrieb in Woringen im Allgäu wurde nach Bekanntwerden des Skandals geschlossen. (Foto: Foto: ddp)

Der Skandal liegt zwar offenbar bereits zwei Jahre zurück, doch war er erst am Freitag durch einen Bericht der italienischen Zeitung La Repubblica bekanntgeworden. Bernhard kritisierte, dass die Italiener die Bayern nicht informiert hätten, "weder vor zwei Jahren, als sie den Skandal entdeckt haben, noch später, als sie die Käsereien in Norditalien geschlossen haben".

Am Freitag hatte die Polizei im italienischen Cremona mitgeteilt, viele Tonnen Käseabfalls seien aufbereitet und als Frischware auch nach Deutschland exportiert worden. Nach Auffassung des Bundesministeriums für Verbraucherschutz sind die Konsumenten nicht gefährdet. "Wir haben keine Hinweise darauf, dass der damals produzierte Käse noch im Handel sein könnte", sagte eine Sprecherin.

Die Vorsichtsmaßnahmen der bayerischen Behörden halte man dennoch für richtig. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe hatten Lebensmittelkontrolleure am Freitag in Woringen im Allgäu einen kleinen Betrieb durchsucht und geschlossen. Anwohner der Firma hatten in den vergangenen Tagen von bestialischem Gestank berichtet sowie von ungewöhnlich viel Lastwagenverkehr.

Die italienischen Behörden wiesen den Vorwurf zurück, die betroffenen Länder nicht rechtzeitig informiert zu haben. "Die Direktion für Lebensmittelsicherheit hat die EU-Kommission sowie die anderen EU-Mitgliedstaaten unverzüglich über die Vorgänge informiert", sagte die für Lebensmittelsicherheit zuständige Staatssekretärin Francesca Martini. Dieses Vorgehen ist Teil des Frühwarnsystems, das die EU eingerichtet hat, um auf Gefahren im Lebensmittelbereich besser reagieren zu können.

"Ungeheuerlicher" Vorfall

Die EU-Kommission sieht dennoch Aufklärungsbedarf. "Wir haben von den Italienern weitere Informationen erbeten", sagte eine Sprecherin der Behörde der SZ. "Aber man sollte keine voreilige Schlüsse ziehen." Das Frühwarnsystem funktioniere sehr gut.

Die Grünen-Politikerin Bärbel Höhn dagegen kritisierte, es sei "ungeheuerlich", dass dieses System "offensichtlich nicht funktioniert" habe. Es müsse geklärt werden, "wann Italien die EU in Kenntnis gesetzt hat und wann deutsche Stellen das erste Mal von dem Fall erfuhren".

Thilo Bode von der Verbraucherorganisation Foodwatch verlangte: "Um Klarheit zu bekommen, ob es ein Einzelfall war oder systematischer Betrug, müssen die bayerischen Behörden die Ergebnisse der Lebensmittelkontrollen der letzten Jahre bei dem durchsuchten Betrieb veröffentlichen."

Der italienische Landwirtschaftsminister Luca Zaia versprach am Wochenende in Rom, hart gegen die Betrüger durchzugreifen. " Null Toleranz gegenüber diesen Banditen", sagte der Minister. Die italienische Polizei hatte in den betroffenen Betrieben unter anderem verschimmelte Käsereste gefunden, die mit Mäusekot bedeckt und von denen viele schon im Jahr 1980 abgelaufen waren.

Die italienischen Behörden vermuten, dass verdorbene Ware in den Handel gelangt ist. In Deutschland wurden dafür aber bisher keine Beweise gefunden. Die Ermittlungen in Italien gegen den Betrügerring seien inzwischen abgeschlossen, sagte ein Beamter der Finanzpolizei.

© SZ vom 7.7.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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