Rundfunkgebühren:Wenn der GEZ-Spion klingelt

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Umstrittene Jagd auf Schwarzseher: Die SPD-Landtagsfraktion will die rigide Praxis der Beitragserhebung auf den Prüfstand stellen.

Manfred Hummel

Der gravierendste Fall, an den sich Peter Hufe spontan erinnert, war der Lautsprecher in der Damentoilette eines bayerischen Sportlerheims. Der Beauftragte der Gebühreneinzugszentrale der Rundfunkanstalten, GEZ, befand, dass dieser Lautsprecher ein Rundfunkgerät sei, wofür Gebühren entrichtet werden müssten. Hier sah Hufe die normalen Grenzen deutlich überschritten.

Die Praktiken der GEZ sind Gegenstand vieler Petitionen (Foto: Foto: dpa)

Der SPD-Landtagsabgeordnete Hufe kennt die Vorgehensweisen der "Gebühreneintreiber", denn er bearbeitet die einschlägigen Petitionen. Der Imageverlust durch die Härte und Rücksichtslosigkeit des einen oder anderen Beauftragten stehe in keinem Verhältnis zu den Vorteilen, klagt Hufe, der auch im Rundfunkrat sitzt.

So habe ein Petent über Jahre hinweg gedacht, er habe sein Gerät abgemeldet, was aber tatsächlich nicht der Fall war. Plötzlich sah er sich mit einer hohen Rückforderung konfrontiert. "Der Landtag kann in solchen Fällen helfen", sagt Hufe, "aber es ist kein Zustand, wenn man erst zum Instrument der Petition greifen muss." Noch vor der Sommerpause will die SPD-Landtagsfraktion in einer Anhörung die Praxis der Gebührenerhebung auf den Prüfstand stellen.

Denkbar wäre laut Hufe ein Benutzerzwang wie bei der Müllabfuhr. Tatsache ist, dass es viele Schwarzseher gibt. Deshalb müssen die Gebührenjäger erfolgsabhängig arbeiten, sonst besteht kein Anreiz. In Bayern sind momentan 156 Gebührenbeauftragte unterwegs, die Schwarzhörer und Schwarzseher aufspüren sollen. Mehr als diese Zahl ist dem Sprecher des Bayerischen Rundfunks (BR) aber nicht zu entlocken. Welche Summen sie für den Sender eintreiben, werde, wie in der Außendienstbranche üblich, vertraulich behandelt.

Selbständige Unternehmer

Die GEZ-Spione arbeiten als selbständige Unternehmer entweder auf einer leistungsbezogenen Provisionsbasis oder sie erhalten eine Prämie für die Anmeldung jedes nicht gemeldeten Radios oder Fernsehers. Je mehr schwarze Schafe sie erwischen, desto mehr lohnt es sich. Die Provision gibt es aber erst, wenn der ermittelte Schwarzseher seine Gebühren auch vollständig bezahlt hat. Die Verdienstmöglichkeiten der Gebührenbeauftragten sind mit denen in anderen Außendienstbereichen vergleichbar.

Glaubt man einem Bericht des Magazins Spiegel, so lassen sich die Sender die Gebühreneintreiberei einiges kosten. Die 136 Freiberufler des Mitteldeutschen Rundfunks haben 2006 demnach 4,23 Millionen Euro erhalten. Wenn man aber die Summe durch die Zahl der Beauftragten dividiere, komme gar nicht mehr so viel dabei heraus, sagt der zuständige Mitarbeiter des BR. "Da würden einigen die Tränen kommen, wie wenig die verdienen." In einem Flächenstaat wie Bayern würden die Bäume nicht in den Himmel wachsen.

Lukrativer Job für Fleißige

Nach Hufes Erfahrung lohnt es sich für die Eintreiber erst, wenn Forderungen über einen längeren Zeitraum bestehen. Besonders Fleißige können jedoch schnell viel Geld verdienen. So hat der Sender RBB im vergangenen Jahr nach Spiegel-Angaben 40 Prozent der Nachzahlungen an seine Beauftragten ausgezahlt. Wer viele Schwarzseher überführte, habe mit einem Bonus in Höhe von zehn Prozent der gezahlten Provision rechnen können. Die Jagd nach Gebührensündern lohnt sich offenbar für die Sender. 2006 hat der MDR 10,7 Millionen Euro an Nachzahlungen kassiert.

Wer aber steht eigentlich vor der Haustür? "Die Rundfunkanstalten legen großen Wert auf eine fundierte Aus- und Weiterbildung ihrer Beauftragtendienste", heißt es in einer SWR-Mitteilung. Die GEZ-Abgesandten müssten systematisch vorgehen und sicher auftreten. Sie sollten zwischen 30 und 60 Jahre alt und in allen gebührenrechtlichen Fragen fit sein.

Zum Vorgehen der GEZ-Leute teilte ein BR-Sprecher lediglich mit, man wolle nicht, dass sie sich "Tricks" ausdenken. Nicht so, wie es der taz-Karikaturist Tom einmal dargestellt hat. Da klingelte der GEZ-Mann an einer Wohnungstür und fragte den Bewohner, ob er nicht die Porno-Videos sehen wolle, die er anzubieten habe. Der Mann ließ ihn ein, wies auf seinen Fernsehapparat - und war überführt.

© SZ vom 21.01.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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