Rettungsdienst in Garmisch-Partenkirchen:Kurz vor dem Zusammenbruch

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Nach einem Unfall haben die Einsatzkräfte alle Hände voll zu tun. (Foto: joergensen.com)
  • Die Zahl der Krankenwagen soll im Landkreis Garmisch-Partenkirchen reduziert werden.
  • Retter stehen schon heute unter großen Herausforderungen, sowohl im Sommer als auch im Winter.
  • Ehrenamtliche und Hilfe aus Österreich musste bereits mehrfach angefordert werden.

Von Kerstin Kerscher, Garmisch-Partenkirchen

Im Notfall zählt jede Sekunde: Möglichst zügig muss der Patient untersucht, versorgt und gegebenenfalls ins Krankenhaus gebracht werden. Schnelligkeit hat höchste Priorität. Passieren mehrere Unfälle gleichzeitig, stellt das die Rettungskräfte des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) vor große Herausforderungen. Im Landkreis Garmisch-Partenkirchen erlebten sie insbesondere am zweiten Weihnachtsfeiertag "eine außergewöhnliche Situation", wie der BRK-Kreisgeschäftsführer Arnd Hansen resümiert: Der Rettungsdienst konnte den Bedarf angesichts der vielen Alarmierungen nicht mehr abdecken und musste massiv durch Ehrenamtliche sowie Einsatzkräfte aus den umliegenden Landkreisen und sogar Österreich unterstützt werden.

Nicht nur die hauptamtlichen Retter waren ohne Pause unterwegs, auch die freiwilligen wurden an diesem Tag zu 18 Einsätzen gerufen. "Wenn noch irgendetwas passiert wäre, hätten wir es nicht geschafft", so Hansen. Das Rettungssystem stand kurz vor dem Zusammenbruch. Eine Situation, die sich noch verschlimmern könnte, wenn die geplante Reduzierung der Krankenwagen im Landkreis Realität wird.

Bis zu tausend Mal Unterstützung durch Ehrenamtliche

Rund um Weihnachten ist die Zahl der Einsätze traditionell extrem hoch, schließlich tummeln sich zu dieser Zeit sehr viele Skifahrer und Touristen in Garmisch-Partenkirchen. Doch nicht nur im Winter gehen die Retter an ihre Grenzen, auch im Sommer sind saisonale Spitzen zu beobachten. Schon heute ist es normal, dass der Regelrettungsdienst pro Jahr bis zu tausend Mal durch ehrenamtliche Helfer unterstützt werden muss. "Das wird nicht weniger werden", ahnt Hansen.

Aktuell gibt es fünf Rettungswagen (RTW), die rund um die Uhr besetzt sind, sowie fünf Krankenwagen, die zu bestimmten Tageszeiten zur Verfügung stehen. Der Unterschied zwischen Rettungs- und Krankenwagen ergibt sich aus ihren verschiedenen Aufgaben: Während ein RTW primär für akute Notfalleinsätze genutzt wird, werden Krankenwagen in der Regel für Krankentransporte eingesetzt. Wenn es die Situation erfordert und kein Krankenwagen verfügbar ist, muss ein Rettungswagen dessen Aufgaben zusätzlich übernehmen. Umgekehrt rückt bis zu 400-mal im Jahr auch ein Krankenwagen zur Notfallversorgung aus. Eine Verringerung der Krankenwagen wirkt sich folglich auf das gesamte Rettungsdienstsystem aus.

Verhandlungen mit Krankenkassen laufen

Aber genau das fordert ein Gutachten des Instituts für Notfallmedizin und Medizinmanagement (INM), das im Auftrag des Freistaats und der Arbeitsgemeinschaft der Kassenverbände angefertigt wurde: Demzufolge reichten im Landkreis Garmisch-Partenkirchen zwei Krankenwagen völlig aus, zwei sollen an den Landkreis Bad Tölz abgegeben, ein Wagen ganz gestrichen werden.

Hansen und das BRK teilen diese Einschätzung nicht. Sie haben einen Kompromissvorschlag erarbeitet, der zwar ebenfalls eine Reduzierung der Garmisch-Partenkirchner Krankenwagen und ihrer Stundenzahlen vorsieht, doch nicht in dieser Dimension. Um die Leistungsfähigkeit des Rettungssystems gewährleisten zu können, sei nur eine Reduzierung von fünf auf vier Krankenwagen denkbar. Die Verhandlungen mit dem Zweckverband für Rettungsdienst und Feuerwehralarmierung sowie den Krankenkassen laufen.

© SZ vom 13.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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