Protest der Milchbauern:"Die Schuldigen sind die Molkereien"

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Bäuerin Elisabeth Haltmaier, die vorübergehend auf Butterproduktion umgestellt hat, über die Wut der Milcherzeuger.

Christian Sebald

Im Stall von Elisabeth Haltmaier aus Schaftlach im Kreis Miesbach stehen 30 Kühe. Zusammen geben sie etwa 500 Liter Milch am Tag. 500 Liter Milch, die die Bäuerin seit Dienstag nicht mehr an ihre Molkerei liefert, weil ihr der Milchpreis von durchschnittlich 35 Cent je Liter keine Perspektive bietet. Wie der Bundesverband deutscher Milchviehhalter fordert Elisabeth Haltmaier 43 Cent je Liter Milch.

Elisabeth Haltmaier: "Bei dem derzeitigen Milchpreis von 35 Cent je Liter lohnt sich die Lieferung an die Molkereien nicht mehr." (Foto: Foto: Pöstges)

SZ: 500 Liter Milch am Tag, das ist eine riesige Menge. Was machen Sie damit?

Elisabeth Haltmaier: Ich mach' Butter. Ich hatte seit Jahren ein altes Butterfass unten im Keller stehen und eine Zentrifuge zum Trennen des Rahms. Die habe ich raufgeholt. Gleich heute fang' ich mit dem Buttern an.

SZ: Und mit der Butter?

Haltmaier: Die wird eingefroren. Ich habe zwei große Kühltruhen, da passt viel rein. Ich backe viel, vor allem in der Weihnachtszeit, da geht sie dann schnell weg. Um den Verbrauch mache ich mir überhaupt keine Sorgen.

SZ: Andere Bauern schütten die Milch einfach weg.

Haltmaier: Da sehen Sie mal, wie weit es gekommen ist mit uns Milchbauern. Denn eins ist sicher: Kein Bauer vernichtet aus freien Stücken das, was er produziert. Wenn er das tut, dann sind die Verzweiflung und die Wut riesig.

Aber bei dem derzeitigen Milchpreis von 35 Cent je Liter lohnt sich die Lieferung an die Molkereien nicht mehr. Die 43 Cent sind das Minimum, damit wir unsere Produktionskosten decken und die Milchwirtschaft einigermaßen eine Zukunft hat. Bei jedem Preis, der unter diesen 43 Cent liegt, rentiert sich für uns Milchbauern die Arbeit nicht mehr. Der Lieferboykott stand ja schon seit langem im Raum, ich und viele andere sind dankbar, dass er jetzt endlich umgesetzt wird.

SZ: Können Sie sich vorstellen, dass auch Sie Ihre Milch wegschütten?

Haltmaier: Das kann schon noch so weit kommen. Das Buttern braucht viel Zeit. Wir haben auch noch Ferienwohnungen, und jetzt im Sommer muss ich raus auf die Wiesen, das Futter für den Winter machen. Das alles ist sehr viel Arbeit. Da kann es schon bald passieren, dass auch ich die Milch wegschütten muss. Obwohl ich das sicher nicht gerne tue.

SZ: Was sagen Sie den Verbrauchern, die wenig Verständnis haben, wenn Lebensmittel vernichtet werden?

Haltmaier: Es ist gut, wenn die Verbraucher auf die Verzweiflung und die Wut von uns Bauern aufmerksam werden. Aber letztlich können sie nichts dafür, dass der Milchpreis so niedrig ist. Die Schuldigen sind die Molkereien, die uns kaputtmachen. Und die Molkereien werden wiederum vom Einzelhandel ausgepresst. Wenn wir diesen Kreislauf nicht jetzt durchbrechen, wann dann?

SZ: Die Milchwirtschaft rechnet aber damit, dass der Boykott schon bald zusammenbricht.

Haltmaier: Wir Bauern sind zäh, wir haben uns lange nicht gewehrt. Aber wenn's uns reicht, dann reicht's uns. Ich werde nicht so schnell nachgeben und viele andere auch nicht.

© SZ vom 28.05.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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