Politischer Aschermittwoch der SPD:Die Genossen wittern Morgenluft

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Es geht deftig zu bei den Sozialdemokraten in Vilshofen: Die Genossen Maget, Beck und Stiegler weiden sich am Wahldebakel der CDU in Hessen - und orakeln, dass es der CSU im Herbst ähnlich ergeht.

Christoph Schäfer, Vilshofen

Franz Maget tritt zuversichtlich auf: Trotz der erdrückenden Zwei-Drittel-Mehrheit der CSU im Landtag werde die SPD in diesem Jahr die absolute Mehrheit der CSU brechen. "Ich will nach der Landtagswahl im September bayerischer Ministerpräsident werden", erklärt Maget selbstbewusst.

SPD-Fraktionschef Maget sagt eine Wahlniederlage der CSU voraus. (Foto: Foto: AP)

Sein Publikum hört es gerne, schließlich ist Politischer Aschermittwoch und große Worte gehören an so einem Tag dazu. Erst recht im Wolferstetter Keller in Vilshofen, wo die SPD seit jeher darum kämpft, der meist noch deftigeren Kost der CSU Paroli zu bieten.

Der designierte Spitzenkandidat der bayerischen SPD orakelt, dass die CSU noch in diesem Jahr ihre absolute Mehrheit verlieren werde. Der Siegeszug der SPD habe in Hessen begonnen, wo die Genossin Andrea Ypsilanti einen "sensationellen Wahlerfolg" geholt habe. Und er werde sich fortsetzen, verspricht Maget: Von Hessen über Hamburg nach Bayern. Die Wahlniederlage in Niedersachsen übergeht er dabei geflissentlich.

Und so kommt zum ersten Mal richtig Stimmung im Saal auf, als Maget gegen den hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch holzt und die Gründe für dessen Wahldebakel genüsslich ausbreitet. "Koch hat verloren, weil er kaltblütig glaubte, mit Fremdenangst und Ausländerfeindlichkeit die Wahl zu gewinnen." Dafür gibt es großen Applaus.

Maget verweist darauf, dass der CDU-Hardliner sogar Haft für Kinder gefordert habe. Oder, um es auf bayerische Verhältnisse zu übertragen: "Koch hat die Wahl verloren, weil er einen CSU-Wahlkampf geführt hat."

Bildung als Waffe

Maget weiß auch, was gegen das Problem der Jugendgewalt wirklich hilft: Nicht die Drohung mit härteren Strafen, auch nicht Ausweisungen. "Die beste Waffe gegen Kriminalität ist eine gute Bildung." Und in Sachen Bildungspolitik hat Maget einen klaren Vorwurf an die Adresse der Regierungspartei parat: "Seit 50 Jahren regiert ihr dieses Land. Und ihr seid schuld daran, dass Kinder ohne ausreichende Deutschkenntnisse eingeschult werden."

Auch SPD-Chef Kurt Beck ist in Bestform. Als er von Maget das Mikrofon übernimmt, erinnert nichts mehr an seine durchwachsene Vorstellung vor einem Jahr. Seine Stimme ist laut, sie käme locker ohne Mikrofon aus. Seine Augen blitzen angriffslustig.

Wie schon bei Maget bekommt Hessens Ministerpräsident als erster sein Fett ab. Der Wahlkampf Kochs sei herzlos gewesen, donnert der SPD-Vorsitzende. Er habe vom Wähler zu Recht eine Quittung bekommen und sei nun "vom brutalstmöglichen Aufklärer zum brutalstmöglichen Wahlverlierer" geworden. Beck verspricht: "So etwas wird auch in Bayern passieren."

"Oberpilgerin" Merkel

Der Sozialdemokrat erinnert daran, dass die CDU kurz vor der Landtagswahl nach Wiesbaden gepilgert sei - "zusammen mit ihrer Oberpilgerin" - um sich dort auf Kochs harte Linie gegen Ausländerkriminalität einschwören zu lassen. Doch nach dessen Absturz, betont Beck, "will keiner mehr dabei gewesen sein, bis auf ein paar Versprengte in der CSU".

Je länger er redet, desto mehr gerät Beck in Fahrt. Seine Statur bebt, als er die CSU angreift, die sich vor allem um persönliche Machtinteressen schere, die Menschen in Bayern aber vernachlässige.

Die Aufgabenteilung in der CSU könne nicht gutgehen, verspricht der Sozialdemokrat seinen knapp 500 Zuhörern, "wenn der eine (CSU-Parteichef Erwin Huber) die Weltpolitik macht, und der andere (Ministerpräsident Günther Beckstein) die Macht hat". Die zwei CSU-Politiker wollten ein Tandem bilden, "aber sie werden in den Graben steuern".

So klar Becks Abgrenzung zu den Konservativen ausfällt, so klar bleibt seine Absage an die Linke. "Wir werden uns nicht mit Leuten abgeben, die ganz links außen sind, und wo nicht klar ist, was sie eigentlich wollen", betont er.

Ansonsten gibt Beck seinem Publikum alles, was das sozialdemokratische Herz begehrt: Er wettert gegen ein Eingreifen der Bundeswehr im umkämpften Süden Afghanistans, plädiert für flächendeckende Mindestlöhne, für eine bessere Bildung und gegen eine Lockerung des Kündigungsschutzes.

Am meisten Applaus erhält Beck aber für sein Plädoyer für mehr soziale Gerechtigkeit. In Deutschland breite sich in der Mittelschicht zunehmend Angst aus, sagt er. Darüber hinaus sähen "manche für sich schon keine Chance mehr, und andere sind so reich, denen ist sowieso alles egal". Beck schimpft: "Diesen verkehrten Weg dürfen wir nicht weiter beschreiten".

Doch so derb Beck auch geholzt hat, sein Nachfolger am Rednerpult packt den politischen Gegner noch härter an. Mit weit offenen Armen wettert Ludwig Stiegler, Chef der bayerischen SPD, gegen die CSU, "die Partei der Cäsar-Mörder, die abgewirtschaftet hat".

Der 63-Jährige stänkert gegen den "Zirkusdirektor Huber", gegen "Bruno-der-Bär-Beckstein" und das "Funkenmariechen Haderthauer". Die Rede Stieglers gipfelt schließlich in einem schweren Aufwärtshaken gegen die CSU: "Hauptsache, die Leute bescheißen, das ist ihr Lebenszweck."

Nach knapp zwei Stunden derber Sprüche und politischem Gaudi ist der Aschermittwoch in Vilshofen auch schon vorbei. Das Publikum dankt es Beck, Maget und Stiegler mit stehenden Ovationen. Die Genossen wittern Morgenluft für die Landtagswahl im September.

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