Opposition:SPD ignoriert ihr Debakel

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Ludwig Stiegler, Chef der Bayern-SPD, spricht gerne über die CSU. Dabei hätte seine Partei allen Grund, sich erst einmal über die eigene Lage Gedanken zu machen.

A. Roß

Ludwig Stiegler, Bundestagsabgeordneter aus Weiden und Chef der Bayern-SPD, gehört zu den Stammgästen in der Münchner Runde des Bayerischen Fernsehens. Und so durfte der Mann mit dem roten Pullunder am gestrigen Dienstagabend wieder einmal am Tisch von BR-Chefredakteur Sigmund Gottlieb Platz nehmen, um sich gemeinsam mit weiteren Gästen Gedanken um die "CSU in Not" zu machen. So jedenfalls lautete der Titel des Politdiskurses.

Ludwig Stiegler, bayerischer SPD-Chef, redet gerne über die Probleme der CSU. (Foto: Foto: dpa)

Nun mag sich der etwas naive Zeitgenosse fragen, ob Stiegler denn wirklich so viel Erhellendes zum Zustand der CSU beitragen kann. Wäre der SPD-Landesvorsitzende nicht viel eher dazu berufen, in einer solchen Runde über die Not der bayerischen Sozialdemokratie zu diskutieren, die ja um ein Vielfaches größer ist als die der Christsozialen.

18,6 Prozent bei der Landtagswahl für die SPD, das schlechteste Ergebnis der Nachkriegsgeschichte, eine ehemalige Volkspartei im freien Fall - doch ihr Vorsitzender geht ins Fernsehen, um über die Not der CSU zu diskutieren.

Dabei hätten Stiegler und seine SPD allen Grund, sich erst einmal über die eigene Lage Gedanken zu machen. Denn bis jetzt sieht es nicht danach aus, als hätten Bayerns Sozialdemokraten auch nur den Hauch einer Konsequenz aus ihrem desaströsen Wahlergebnis gezogen.

Statt innezuhalten und sich selbstkritisch zu hinterfragen, macht die SPD so weiter, als wäre nichts geschehen. Überall in den Wahlkreisen werden bereits die Kandidaten für die Bundestagswahl 2009 aufgestellt. Und nicht selten werden wieder jene Kandidaten nominiert, die schon bislang beim Wähler keinen Eindruck hinterließen, aber dank einer sicheren Platzierung auf der Landesliste dann doch den Einzug in den Bundestag geschafft haben.

Auch Parteichef Stiegler, der 2009 nicht mehr für den Bundestag kandidieren wird, macht da keine Ausnahme. In seinem Wahlkreis drückte er den früheren Landtagsabgeordneten Werner Schieder als seinen Nachfolger für Berlin durch.

In der Nominierungskonferenz musste sich der SPD-Chef dafür harsche Worte anhören. Stiegler habe nicht nur wie ein "absolutistischer Monarch" gehandelt. Nein, Stiegler gieße auch noch Häme über die CSU statt vor der eigenen Tür zu kehren und die Fehler der SPD zu analysieren. "So darf es nicht weitergehen", klagte ein Genosse.

Wenigstens der hat erkannt, dass die SPD in großer Not ist.

© SZ vom 29.10.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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