Online-Durchsuchung:Schnüffeln erlaubt

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Das bayerische Kabinett hat das Gesetz zur Online-Durchsuchung den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts geändert. Während Innenminister Herrmann dies als geeignetes Mittel zur Terrorabwehr bezeichnet, warnen die Grünen vor dem "Eingriff in Freiheitsrechte".

Das bayerische Kabinett hat seinen Gesetzentwurf zu Online-Durchsuchungen den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts angepasst. Der Ministerrat beschloss am Dienstag in München eine Änderung des Bayerischen Verfassungsschutzgesetzes, die eine Rechtsgrundlage für die Online-Datenerhebung schafft.

Nachdem das bayerische Kabinett das Gesetz zur Online-Durchsuchung angepasst hat, kann nun auf Festplatten geschnüffelt werden (Foto: Foto: ddp)

Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) betonte, der islamistische Terrorismus stütze sich in einem Ausmaß auf das Internet, das vor wenigen Jahren noch unvorstellbar erschienen sei. Die Sicherheitsbehörden müssten dem "Internetterrorismus wirksame Maßnahmen entgegensetzen können". Die Grünen-Fraktion warf der Regierung "Überwachungswahn" vor.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erläuterte, in das Gesetz seien die Vorgaben aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 27. Februar eingebaut worden. Gegenüber dem ursprünglichen Entwurf habe sich im Wesentlichen "nur bei der Genehmigung der Maßnahme eine Änderung ergeben".

Statt einer unabhängigen Kommission des Landtags müsse nun ein Richter eine Online-Durchsuchung genehmigen. Zugleich sei der Straftatenkatalog, auf den sich eine Online-Datenerhebung beziehen könne, gegenüber dem ursprünglichen Entwurf eingeschränkt worden. Bei der Online-Datenerhebung gehe es darum, Anschläge und sonstige schwere Straftaten wie Mord, Totschlag, Entführung oder Terrorismus aufzuklären, sagte Herrmann weiter. Daher müssten tatsächliche Anhaltspunkte für eine konkrete Gefahr "für ein überragend wichtiges Rechtsgut" vorliegen.

"Es werden im Jahr nicht mehr als eine Handvoll Fälle sein", sagte der Minister. Befürchtungen, dass das Arzt- und Anwaltsgeheimnis, das Beichtgeheimnis oder das Redaktionsgeheimnis angetastet würden, entbehrten jeder Grundlage. "Eine Online-Datenerhebung bei einem Berufsgeheimnisträger scheidet aus, wenn er nicht selbst beispielsweise Sprengsätze zusammenbaut."

Grünen-Rechtsexpertin Christine Stahl kritisierte die "heimliche Ausforschung privater Daten durch den Verfassungsschutz" als "schwerwiegenden Eingriff in die Freiheitsrechte". Schon "der übereilte Entstehungsprozess des Gesetzes" habe gezeigt, "dass der CSU rechtsstaatliche Grenzen schnuppe sind", monierte die Grünen-Politikerin. Es sei "eine Ohrfeige für die Staatsregierung", dass das Gesetz schon vor seiner Verabschiedung in entscheidenden Punkten "entschärft" werden müsse.

Der SPD-Sicherheitspolitiker Florian Ritter sagte, "wer Grundrechte wie den Datenschutz und Persönlichkeitsrechte einschränken will, muss beweisen, dass dies für die Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit unabdingbar ist". Man müsse zuerst bestehende Möglichkeiten ausschöpfen. Bereits jetzt könnten der Mail-Verkehr im Internet überwacht und Computer beschlagnahmt werden. Die Auswertung dauere wegen des Personalstands und der technischen Ausstattung der Polizei in Bayern aber oft Monate.

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