Oberfranken:Nazis feiern Heß-Todestag

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Heute treffen sich hunderte Rechtsextremisten zu einem Neonazi-Aufmarsch in Gräfenberg. Der Zentralrat der Juden protestiert und fordert härtere Gesetze.

Im oberfränkischen Gräfenberg werden heute zu einer Neonazi-Demonstration mehrere Hundert Rechtsextremisten erwartet. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hatte am Freitag in München in letzter Instanz in einem Eilverfahren das vom Landratsamt Forchheim erlassene Verbot für ungültig erklärt.

Der Gedenkmarsch zum Todestag des Hitler-Stellvertreters Heß in Wunsiedel wurde verboten. Nun marschieren die Neonazis in Gräfenberg. (Foto: Foto: (ddp))

Die Behörde hatte die Veranstaltung für eine Ersatzkundgebung zum verbotenen Aufmarsch Rechtsradikaler in Wunsiedel anlässlich des 20. Todestages des Kriegsverbrechers und Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß gehalten und sie deshalb verboten. Der Verwaltungsgerichtshof sah dafür aber keine hinreichend konkreten Anhaltspunkte.

Die Polizei kündigte an, mit Einsatzkräften "in angemessener Zahl vor Ort sein". Neben einer Veranstaltung des bürgerlichen Lagers rechnete die Polizei auch mit zahlreichen Gegendemonstranten aus der autonomen Szene. Von der NPD wurden 200 Teilnehmer angemeldet, der Gräfenberger Bürgermeister Werner Wolf befürchtete jedoch bis zu 2.000 Neonazis.

In Gräfenberg finden seit 1999 regelmäßig Kundgebungen von Neonazis statt. Anfangs jährlich, seit November 2006 sogar monatlich ziehen rund 50 bis 100 Rechtsradikale durch die Stadt, die ein markantes Kriegerdenkmal aus dem Jahre 1924 beherbergt.

Wunsiedel feiert "Tag der Demokratie" mit Seehofer

Die oberfränkische Stadt Wunsiedel will heute mit einem "Tag der Demokratie" ein Zeichen gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit setzen. Im Rahmen der von 31 Vereinen, Verbänden und Bürgerinitiativen unterstützten Veranstaltung wird am Vormittag die Ausstellung "Wir hatten noch gar nicht angefangen zu leben" über die Jugendkonzentrationslager Moringen und Uckermark eröffnet.

Zu einem ökumenischen Friedensgottesdienst am Nachmittag wird unter anderem die evangelische Regionalbischöfin Breit-Keßler aus München erwartet. Auf der anschließenden politischen Kundgebung soll als Hauptredner Bundeslandwirtschaftsminister Seehofer sprechen.

In Wunsiedel ist der frühere Hitler-Stellvertreter und NS-Kriegsverbrecher Rudolf Heß begraben. 2002 bis 2004 fanden jeweils rund um dessen Todestag sogenannte Gedenkmärsche von mehreren tausend Rechtsextremisten aus ganz Europa statt. Wie schon in den vergangenen beiden Jahren wurde auch in diesem Jahr eine für den heutigen Samstag geplante Neonazi-Kundgebung gerichtlich verboten. In letzter Instanz hatte das Bundesverfassungsgericht am Montag einen Eilantrag der Organisatoren gegen das Verbot abgelehnt.

Zentralrat der Juden fordert härtere Gesetze

Um Aufmärsche von Rechtsextremen wirksam unterbinden zu können, hat die Vorsitzende des Zentralrates der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, härtere Gesetze gefordert.

Bürgerschaftliches Engagement reiche allein auf Dauer nicht aus, sagte sie der Thüringer Allgemeinen "Ich begrüße die Initiativen aus Sachsen-Anhalt und Brandenburg, härtere Strafen für braune Gewalttäter einzuführen. Zu oft kommen diese Täter mit Bewährung davon", sagte Knobloch.

Sie hatte im Juli ein Verbot der rechtsextremen NPD gefordert. Allzu oft würden die Veranstalter der rechtsextremen Aufmärsche "von der rechtlichen Lage profitieren", sagte Knobloch weiter. "Reichen die vorhandenen Gesetze also doch nicht aus, muss man solche zur Verfügung stellen, die den Richtern die Möglichkeit geben, diese braunen Horden endlich aus der Mitte unserer Gesellschaft zu entfernen."

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