Nürnberg:Neun Jahre Haft wegen Totschlags

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Mit "unvorstellbarer Gewalt" hat eine 37-Jährige ihr vier Monate altes Baby erschlagen, stellte der Richter fest und verurteilte die Mutter zu neun Jahren Haft.

Wegen Totschlags an ihrem vier Monate alten Baby hat das Landgericht Nürnberg eine 37-jährige Frau zu neun Jahren Haft verurteilt. Die Mutter hatte ihren Sohn im Juli 2006 mehrfach mit dem Kopf auf Treppenstufen und andere kantige Gegenstände geschlagen. "Sie ist gegen ihr kleines Kind mit einer unvorstellbaren Gewalt vorgegangen", sagte der Vorsitzende Richter Peter Wörner bei der Urteilsverkündung.

Urteil gegen die 37-jährige Mutter: Die Kammer bescheinigte der Frau eine verminderte Schuldfähigkeit. (Foto: Foto: ddp)

Die Kammer bescheinigte der Frau eine verminderte Schuldfähigkeit. Aufgrund von Persönlichkeitsstörungen sei ihr Bewusstsein bei der Tat eingeschränkt gewesen. Das Gericht ging zwar von einem direkten Tötungsvorsatz der Mutter aus, verneinte aber das Mordmerkmal niedrige Beweggründe.

Die 37-Jährige nahm die Strafe regungslos und mit gesenktem Kopf zur Kenntnis. "An diesem Tag muss es bei der Angeklagten zu einem einschneidenden Erlebnis gekommen sein, das einen solchen exzessiven Gewaltausbruch ausgelöst hat", sagte Wörner. Es liege darum nahe, dass es vor der eigentlichen Tat einen impulsauslösenden Unfall gegeben hat. Wo und wie dieser stattgefunden hat, könne allerdings nicht rekonstruiert werden.

Die plötzliche und exzessive Reaktion der Mutter führte das Gericht darauf zurück, dass sie an mehreren Persönlichkeitsstörungen, wie Zwangs-, Angst- und Panikstörungen leidet. Die zusätzliche Belastungssituation durch den Unfall habe bei der Angeklagten eine "Flucht nach vorne" ausgelöst. Dies endete in der Tötung ihres Kindes.

Die Frau gab im Sommer 2006 zunächst an, ihr kleiner Sohn sei ihr auf dem Weg in den Garten aus dem Arm gerutscht und durch den Sturz auf eine Treppenstufe tödlich am Kopf verletzt worden. Erst eine Obduktion ergab, dass der Bub nicht durch einen Unfall, sondern gewaltsam zu Tode kam. Festgestellt wurden unter anderem massive Schädelverletzungen und Rippenbrüche.

Elf unabhängig voneinander auftretende Verletzungen am Hinterkopf des Babys wiesen auf massive Gewalteinwirkungen hin. "Der kleine Michael hat noch gelebt, als die Mutter vorsätzlich Gewalt angewandt hat", erklärte der Richter. Daraufhin war die Mutter festgenommen worden.

Während des Prozesses leugnete sie die Tat zunächst und hielt am bloßen Unfallgeschehen fest. Erst später räumte sie ein, dass sie ihr Kind rund ein Dutzend Mal gegen die steinernen Stufen geschlagen hat. Die Frau hatte befürchtet, der Bub könnte nach dem Unfall schwerstbehindert bleiben. Mit ihrem Handeln habe sie sich, dem Kind und der Familie diese Situation zu ersparen wollen.

Das Gericht hatte von Anfang an Zweifel an der Unfallversion der 37-Jährigen. Strafmildernd wirkten sich das teilweise Geständnis und die Reue und Schuldeinsicht der Angeklagten aus. Dagegen standen die Falschaussagen zu Beginn des Prozesses und die "ungeheure, massive Gewaltanwendung", die sie gegen ein völlig wehrloses Kind gerichtet habe, sagte Wörner. Der Staatsanwalt hatte ebenfalls auf eine Freiheitsstrafe von neun Jahren plädiert, allerdings wegen Mordes. Der Verteidiger forderte dreieinhalb Jahre wegen Totschlags.

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