Navi für Bergsteiger:Per Satellit auf den Gipfel

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Laptop und Lederhose - Bayern war schon immer Hightech. Und jetzt auch noch das: In den Alpen weist ein Navigationssystem Bergsteigern den Weg.

Peter Schmitt

Weißbach an der Alpenstraße - Diese Bergtour hat Otto Reichartinger so gut wie vergebens gemacht. Abgesehen von den Ausblicken an einem Frühsommertag vom 1770 Meter hohen Zwieselgipfel, dem Genuss von Blumenwiesen und Tiefblicken von ausgesetzten Gratwegen war der Trip ein Flop, weil sich am Ende ein Bedienungsfehler am mitgeführten GPS-Gerät einstellte.

Vielleicht sind in den Alpen bald nur noch Wanderer mit GPS-Geräten unterwegs. (Foto: Foto: ddp)

Reichartinger ist Testgeher für den ersten elektronischen Bergwanderführer im deutschen Alpenraum. Die Tourismus-GmbH Berchtesgadener Land, die im vergangenen Jahr 550.000 Gäste und 3,4 Millionen Übernachtungen registrierte, startete damit in dieser Saison.

Vier Stunden dauerte es vom Parkplatz Jochberg über Kohleralm, Gamsknogel, Zwiesel und Zennokopf. Der 70-jährige ehemalige Luftwaffenoffizier aus Berchtesgaden hat sich im Schneizlreuther Ortsteil Weißbach niedergelassen und kennt die Gipfel in der Umgebung und die Wege, die auf sie hinaufführen, wie seine Hosentasche. Die Zwieselrunde war seine Premiere für "GiPSy'', wie das Navigationssystem getauft wurde.

An jeder Wegbiegung setzte er auf seinem GPS-Gerät Markierungspunkte, notierte sich die Beschaffenheit des Wegs, ob Asphaltbelag, Schotter oder einfacher Steig, machte von markanten Aussichtspunkten Fotos mit der Digitalkamera. Schließlich zurück am Ausgangspunkt sollte der gesamte Verlauf als Datei gesichert werden, damit sie hinterher von einer Softwarefirma in die interaktive Regionskarte des Tourismusverbands übertragen werden konnte. Der Speichervorgang misslang. Reichartinger musste die Tour über 10,7 Kilometer und 1020 Meter Höhendifferenz ein zweites Mal hinter sich bringen.

Ein System für Holländer

Inzwischen hat er die Technik im Griff und kann sich Wiederholungstouren ersparen. Zu Fuß und mit dem Mountainbike erkundete der Rentner weitere Berg- und Wanderwege und legte die Daten im Internet ab. Dieter Horn vom Tourismus-Informationsbüro in Weißbach ist von dem Projekt begeistert. Die elektronische Wegweisung über Satelliten, glaubt er, ermuntere die Feriengäste dazu, ihre Ferienregion intensiver zu erleben und trage damit zur Anhebung der Tourismusstatistik bei.

Die bisher erfassten Bergsteige, Wander- und Radwege können am heimischen Computer bis ins letzte Detail abgetastet werden. In Verbindung mit dem Geosystem von Google Earth wird sogar eine dreidimensionale bildliche Darstellung von Routenverlauf und Umgebung am Bildschirm sichtbar, drehbar in alle Himmelsrichtungen.

Das Softwareunternehmen Makrohaus in Bad Reichenhall zählt im Monat zwischen 4000 und 5000 Zugriffe auf die Internetseiten. Zu Beginn der herbstlichen Bergwandersaison rechnet man mit weiter steigenden Zahlen. Die Dauer der Webseitenaufrufe von durchschnittlich sieben Minuten stimmt die Computerleute optimistisch, dass die Angebote tatsächlich genutzt werden und die Seiten nicht mal nur kurz angeklickt werden.

Dass man sich seine Touren daheim zurechtlegen und den Verlauf ausdrucken lassen kann, sieht Horn als großen Vorteil gegenüber herkömmlichen Wanderführern. Der plastische Eindruck vermittle ein viel genaueres Bild von den tatsächlichen Beanspruchungen im Verlauf einer Tour. Den letzten Clou aber bringt für ihn die Einspeisung ins Navigationsgerät. Es sei nahezu unmöglich, sich zu verirren. Einheimische berichten, dass in diesem Sommer selbst holländische Touristen auf dem bisher eher Ortskundigen vorbehaltenen Weg zur Steinernen Agnes im Lattengebirge gelangten.

In den sieben Büros des Tourismusverbands im Landkreis stehen derzeit drei Dutzend der elektronischen Pfadfinder bereit. Gäste können sie tageweise kostenlos ausleihen, gezahlt werden muss lediglich ein Pfandbetrag. Mindestens drei Touren können gleichzeitig gespeichert werden. Dazu liefert das System Informationen wie die jeweilige Meereshöhe und die geographischen Koordinaten.

"Das kann hilfreich sein, wenn jemand unterwegs verunglückt'', sagt Horn. Suchmannschaften der Bergwacht oder Hubschrauberpiloten könnten den Unfallort auf den Meter genau orten. Ein gutes Dutzend Bergtouren zwischen dem Voralpenmassiv von Hochstaufen und Zwiesel bis zum hochalpinen Watzmann sind bislang erfasst und unter www.berchtesgadener-land.com abrufbar. Dazu kommen doppelt so viele Wanderrouten mit geringen Höhenunterschieden.

Für Sarita Patel, Managerin im Bereich Neue Medien bei der Tourismus GmbH in Berchtesgaden, hat die Verquickung von Navigationsgeräten und interaktiver Karte einen weiteren Vorteil. Über die Internetseiten läuft ein Reservierungssystem, das die komplette Gästeinformation über die Region abrufbar macht. "Das Ganze hat uns fast nichts gekostet, die 150.000 Euro für Hard- und Software wurden aus Zuschüssen eines EU-Projekts finanziert", sagt sie.

© SZ vom 25.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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