Model Barbara Meier:Das schöne Gesicht der Mathematik

Lesezeit: 3 min

Barbara Meier ist inzwischen ein gefragtes Model - die Begeisterung für Zahlen und Kurven ist ihr geblieben.

Ines Alwardt

Mathematiker tragen dicke Hornbrillen, verschanzen sich hinter Stapeln von Büchern und lösen lieber knifflige Rechenaufgaben als mit ihrer Außenwelt zu kommunizieren. "Genau so stellen sich die meisten Menschen den typischen Mathematiker vor", sagt die Frau mit der roten Mähne.

Barbara Meier: Von der Uni auf den Laufsteg. (Foto: Foto: ddp)

Sie sitzt auf einem Barhocker an einem kleinen Tisch im Café Platzhirsch am Münchener Viktualienmarkt. Ihre glatt geföhnten, schimmernden Haare reichen ihr fast bis zum Po und das Gesicht mit den feinen Zügen und dem elfenbeinfarbenen Teint sieht ein bisschen aus wie das einer Porzellanpuppe.

Auch wenn sie keine dicke Hornbrille trägt: Barbara Meier weiß ganz genau, wovon sie redet, wenn sie über das Mathematiker-Klischee spricht. "Ich muss zugeben, bevor ich mit meinem Mathe-Studium angefangen habe, hatte ich dieses Image auch ein bisschen", sagt sie.

Kaum zu glauben, denn Germany's Next Topmodel 2007 sieht sogar an diesem verregneten, trüben Sonntagnachmittag aus, als käme es direkt vom Laufsteg. Die 1,74 Meter große Frau trägt schwarze, feine Seidenstrümpfe, einen kurzen dunklen Minirock und eine taillierte Lederjacke.

Ihre Augen sind mit dunklem Kajal-Stift betont, die Wimpern so lang getuscht, dass sie fast ihre rötlichen, präzise gezupften Augenbrauen berühren, die Lider schimmern in drei unterschiedlichen, perfekt aufeinander abgestimmten Grüntönen.

Man mag es kaum glauben: Die 22 Jahre alte Schönheit ist begeisterte Mathe-Studentin und deshalb heuer auch Botschafterin für das Wissenschaftsjahr der Mathematik. Doch das haben die wenigsten vor Augen, wenn sie Barbara Meier sehen. Auch der Kellner scheint bei ihrem Anblick nicht an den Satz des Pythagoras zu denken.

Das neue Gesicht von Yogurette

Wie angewurzelt steht er hinter dem Tresen und starrt sie mit weit aufgerissenem Mund an. Barbara Meier ist die Siegerin der zweiten Staffel von Heidi Klums Model-Casting-Show, Germany's Next Topmodel. Während der Sendung bekam sie intensives Lauf- und Schauspieltraining, nach ihrem Sieg folgten die ersten Fotoshootings, Fernseh-Auftritte und Aufträge.

Ganz Deutschland kennt inzwischen das zarte Gesicht der gebürtigen Ambergerin. In Werbespots ist das bayerische Rapunzel unter anderem zu sehen, seit kurzem ist sie das neue Gesicht von Yogurette.

Dabei war alles ganz anders geplant. Als sie vor drei Jahren ihr Mathematik-Studium in Regensburg begann, hatte sie noch den festen Plan, Programmiererin zu werden. Doch nach den ersten drei Semestern kam im Oktober 2006 das Casting für die Sendung und dann der Titel Germany's Next Topmodel. "Das war schon krass, plötzlich war ich bekannt", sagt Barbara Meier und es klingt fast, als könnte sie es selbst noch gar nicht fassen, wie sich ihr Leben in den vergangenen eineinhalb Jahren geändert hat.

Statt dicker, schwerer Mathe-Bücher schleppt Barbara Meier jetzt schicke Ausgehschuhe und modische Outfits in ihrem großen schwarzen Lederbeutel mit sich herum. "Im Moment bin ich eher Model als Mathe-Studentin", gesteht sie und müsste das eigentlich gar nicht sagen. Modeln und Mathe, "das ging einfach nicht gleichzeitig", sagt sie und in ihrer Stimme schwingt ein klein wenig Wehmut mit.

Aber wie passen mathematische Logik und Model-Leben überhaupt zusammen? "Eigentlich gar nicht. Bei mir aber irgendwie schon", sagt Meier und an ihren äußeren Augenwinkeln zeichnen sich unter der perfekt abgepuderten Schicht Make-up kleine Lachfältchen ab. "Gerade der Gegensatz macht für mich den Reiz aus."

Beim Modeln könne sie sich immer neu erfinden, in unterschiedliche Rollen schlüpfen, mit Emotion und Ausdruck arbeiten. "An der Mathematik fasziniert mich vor allem die Beständigkeit. Mathe ist das einzige Gebiet, auf das ich mich immer verlassen kann", sagt sie.

Mit ihrer Mathe-Leidenschaft stößt Meier aber nicht bei allen ihren Fans auf Begeisterung: "Oft sagen mir Leute, ich solle doch nicht so viel über Mathematik reden, sondern mich lieber voll und ganz aufs Modeln konzentrieren." Das ist für Meier genauso unverständlich, wie die weit verbreitete Meinung, Mädchen würden sowieso kein Mathe können und müssten es auch gar nicht - ein Klischee, das Barbara Meier nervt. Genau wie das Vorurteil, hübsche Frauen und insbesondere Models hätten wohl keinen Verstand.

"Keine Ahnung woher dieser Irrglaube stammt. Hauptsächlich denken sowas wahrscheinlich Männer, die Angst vor Frauen haben, die hübsch und gleichzeitig auch noch intelligent sind", sagt die 22-Jährige.

Strukturiertes Denken

Barbara Meier wirkt mehr als ein Jahr nach ihrem Karriere-Start selbstbewusst, routiniert, aber auch ein wenig kontrolliert. Man merkt ihr an: Sie hat gelernt, sich in ihrem Job zu präsentieren. Und bevor sie den Mund aufmacht, denkt sie lieber zweimal über das nach, was sie gleich sagen wird - vielleicht noch ein Relikt ihres alten Mathematiker-Images. Mathematik helfe ihr dabei, strukturiert zu denken. Gerade deshalb findet sie es schade, dass das Fach bei vielen Schülern einen so schlechten Ruf hat.

Auch wenn für Barbara Meier die Model-Karriere im Moment im Vordergrund steht, will sie auf jeden Fall noch ihr Vordiplom machen, um auch später etwas in der Hand zu haben. "Den Model-Job werde ich nicht ewig machen können", sagt sie. Wo sie sich in zehn Jahren sieht, darauf will sie sich nicht festlegen. In den nächsten Monaten geht es für sie erst einmal nach Mailand oder Paris.

Das entscheidet sich meistens sehr kurzfristig. Und wenn das Next Topmodel von seinen ständigen Reisen, Flügen und Aufträgen erzählt, überrascht es kein bisschen, dass Barbara Meier die Mathematik gerade wegen ihrer Beständigkeit liebt. "Schließlich gibt es in dieser Wissenschaft kein vielleicht, sondern nur richtig oder falsch."

© SZ vom 23.09.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: