Madame Tussauds beleidigt Bayern:Strauß-Affäre - unbedingt abwehrbereit

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Eine schwere Last für die britisch-bayerischen Beziehungen: Das Museum Madame Tussauds beleidigt Franz Josef Strauß. Auch Amerika ist verwickelt - doch die CSU kämpft.

Hans-Jürgen Jakobs

Franz Josef Strauß war ein deutscher Staatsmann, der schon mal einen anderen Politiker, der sich aufmandelte, als "Riesenstaatsmann" verulkte.

"Ein Held": Franz Josef Strauß (Foto: Foto: AP)

Weil alle Welt von seiner Bedeutung weiß, bekam der Muster-Bayer auch vor fast 20 Jahren in München eine Art Königsbegräbnis. Deshalb ehrt ihn seine regional bedeutende Partei, die CSU, derzeit mit einer Sonderausstellung mitten in der Bundeshauptstadt Berlin.

Die Einzigen, die offenbar von der Größe des Staatsmanns Strauß nichts mitbekommen haben, sind die Briten. Ihre wachsweiche Bildungsinstitution Madame Tussauds hat es doch jetzt tatsächlich gewagt, in ihrer neuen Berliner Dependance ein Bild von Franz Josef Strauß unter der Überschrift "Helden und Bösewichte" eindeutig falsch zu platzieren - als "Bösewicht".

Strauß muss neben einer wirklich schlimmen Person der Zeitgeschichte ausharren, neben dem DDR-Spion Günter Guillaume. Die Beschriftung weist auf die Spiegel-Affäre von 1962 hin und ist besonders schäbig: "Strauß veranlasste, den Verleger Rudolf Augstein zu verhaften. Dieser wurde daraufhin 103 Tage gefangen gehalten." Das Hamburger Nachrichtenmagazin hatte in einer Titelgeschichte ("Bedingt abwehrbereit") die dem damaligen Verteidigungsminister Strauß unterstellte Bundeswehr schlechtgemacht.

Schwierige Beziehungen

Gott sei mit dir, du Land der Bayern - aber Gott sei Dank gibt es ja noch ehrbare Kämpfer in der CSU, die den Affront der Briten zu beantworten wissen. Europaminister Markus Söder will beim deutschen Außenminister Frank-Walter Steinmeier intervenieren: "Er muss in London vorstellig werden, ein solches Vorgehen belastet die bayerisch-englischen Beziehungen."

Diese Beziehungen sind ja ohnehin schwer belastet, weil im europäischen Fußball immer englische Klubs gewinnen und nie der FC Bayern München. Und weil Madame Tussauds auch den Hitler als Schaustück in Berlin präsentierte, bevor ihm ein Mann aus Kreuzberg den Kopf abtrennte.

Steinmeier ist zwar in der SPD, und somit womöglich nicht gleich in der Lage, die diplomatische Brisanz der aktuellen Strauß-Affäre zu entdecken - aber vielleicht hilft ihm ja die Bundeskanzlerin auf die Sprünge, die sich jüngst beim CSU-Parteitag so gut mit ihren Unionsfreunden in München verstand. Vielleicht greift auch Georg Boomgaarden durch, der neue deutsche Botschafter in London, und profiliert sich gleich an der richtigen Stelle. Als langjähriger Vertreter Deutschlands in Nicaragua und Russland weiß er womöglich, welcher Ton gegenüber den Sozialisten an der Themse anzuschlagen ist.

Womöglich aber hat CSU-Minister Söder, den manche nachfolgetechnisch auf einer Linie mit Strauß und Edmund Stoiber sehen, aber doch einen Fehler gemacht. Vielleicht sollte er gleich mit Washington telefonieren oder beim heutigen Besuch von Barack Obama die Nähe des designierten US-amerikanischen Präsidentschaftskandidaten suchen. Schließlich gehört Madame Tussauds längst zu einer amerikanischen "Heuschrecke", zur Beteiligungsgesellschaft Blackstone, die wiederum an der Deutschen Telekom beteiligt ist. Es ist also, wie immer im politischen Leben und den Beziehungen zwischen Staaten, alles viel schwieriger als gedacht.

Dabei hätten die Historiker von Madame Tussauds doch nur ein wenig aufmerksam sein müssen, bevor sie den braven Franz Josef Strauß, der so viel für Bayern und die bayerische Industrie getan hat, in die Kammer des Bösen sperrten. Warum sind sie nicht in die bayerische Landesvertretung in die Berliner Behrenstraße gegangen, in die aktuelle Strauß-Ausstellung, und informierten sich da? Korrekt werden da die Heldentaten des langjährigen CSU-Vorsitzenden wiedergegeben und die Spiegel-Affäre befindet sich dort, wo sie hingehört: klein in einer hinteren Ecke.

Aber, wer weiß, noch ist Hoffnung. Die Familie Strauß engagiert sich, der aktuelle CSU-Chef Erwin Huber ist unbedingt abwehrbereit und fordert die sachgerechte Eingruppierung des Übervaters seiner Partei als "Held". Und womöglich kommt ja Söder wirklich an Barack Obama ran. Wenn nicht, bliebe zu überlegen, dass einer aus der EU austreten muss: Großbritannien oder Bayern.

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