Liberale:Wirbel um Scharia-Äußerung hält an

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Bayern bleibt Bayern: Unter Schwarz-Gelb sorgen Äußerungen aus der FDP zur möglichen Übernahme von Teilen der islamischen Scharia in die Rechtsordnung weiter für Wirbel.

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) betonte am Sonntag in einem ddp-Interview, er bestehe darauf, dass die Staatsregierung "einen Integrationsbeauftragten und keinen Multi-Kulti-Beauftragten berufen wird". Ziel einer erfolgreichen Integrationspolitik sei es, ausländische Mitbürger "optimal in unsere Gesellschaft, in unser Bildungssystem und unsere Werteordnung einzugliedern".

Herrmann fügte hinzu: "Sie sollen deutsch sprechen und verstehen lernen, sie sollen unsere Rechts- und Verfassungsordnung akzeptieren." Dazu gehöre auch, die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau jederzeit uneingeschränkt anzuerkennen. Der CSU-Politiker betonte: "Deshalb ist es völlig ausgeschlossen, dass wir auch nur Teile der Scharia, die ein völlig anderes Menschen- und Wertebild enthält, übernehmen."

Der FDP-Landtagsabgeordnete Georg Barfuß hatte der Süddeutschen Zeitung (Donnerstagausgabe) gesagt, wo sich die Scharia mit dem Grundgesetz als vereinbar herausstelle, solle sie in Bayern erlaubt sein. Daraufhin wurden in der CSU Bedenken gegen die mögliche Berufung von Barfuß zum Integrationsbeauftragten der neuen Staatsregierung laut.

Herrmann betonte nun: ""Unsere Werteordnung ist geprägt von der griechischen und römischen Antike, von Juden- und Christentum, von Humanismus und Aufklärung." Aufgabe eines Integrationsbeauftragten sei es, "die Integration in diese Werteordnung zu fördern und nicht beliebig eine andere daneben zu stellen".

Unterstützung erhielt Barfuß dagegen von einem führenden Islamrechtler. Barfuß habe zwar "unglückliche Worte gewählt, aber in der Sache hat er Recht", sagte der Erlanger Rechtswissenschaftler Mathias Rohe dem Berliner Tagesspiegel. Er betonte: "Die Scharia ist im deutschen Recht Realität - und zwar seit über hundert Jahren." Wenn ein Muslim nach den Regeln der Scharia bete und faste, übe er geltendes Verfassungsrecht aus. Denn das Grundgesetz schütze die Ausübung seiner Religion.

Auch würden Regeln der Scharia vor Gericht beachtet. In die Gesetzgebung sei die Scharia eingeflossen, etwa ins Sozialgesetzbuch. Ein Muslim könne Rentenanwartschaften auf bis zu vier Ehefrauen verteilen. Damit werde die für deutsche Heiratswillige verbotene Polygamie für Muslime offiziell gebilligt.

Zugleich machte der Rechtswissenschaftler deutlich, dass Scharia-Regeln nur so lange akzeptierbar seien, wie sie mit deutschem Recht vereinbar seien. "Nachteile für Frauen, wie sie im Sorgerecht oder im Erbrecht zur Scharia gehörten, können wir nicht hinnehmen", sagte er.

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