Konzernchef Löscher und der Jobabbau:Freistaat Bayern rüffelt Siemens

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Einen solchen Rüffel am Technologieriesen Siemens hat es aus Bayern und der CSU-Spitze noch nie gegeben: Wirtschaftsministerin Emilia Müller kritisiert, der Vorstand habe den Stellenabbau unsensibel kommuniziert. Sie kämpft mit Landeschef Beckstein um Jobs - und fürchtet, es gehe "die Motivation der Mitarbeiter kaputt".

Zu den vielen Dingen, auf die man sich in Bayern jahrelang verlassen konnte, gehörte das Freundschaftsverhältnis zwischen dem von der CSU in ganzheitliche Betreuung genommenen Freistaat und dem größten Konzern des Bundeslandes, der Siemens AG in München. Natürlich half es, dass der langjährige Siemens-Chef Heinrich von Pierer treues Parteimitglied war und für die CSU schon im Erlanger Kommunalparlament saß.

Dunkle Wolken über Siemens: Die Regierung des Freistaats ist sauer auf den Münchner Elektronikriesen. (Foto: Foto: ddp)

Die Harmonie ist mit Pierers Entmachtung in Folge des Korruptionsskandals verflogen. Nun sind auf einmal ganz andere Töne zu vernehmen - die CSU-Regierung und der Industrieriese liegen im Streit.

Ungewöhnlich scharf hat jetzt ein Mitglied der bayerischen Staatsregierung die Siemens AG angegriffen. Der massive Stellenabbau des Münchner Konzerns sei unsensibel vom Vorstand kommuniziert worden, kritisierte Bayerns Wirtschaftsministerin Emilia Müller (CSU) am Mittwochabend im Club Wirtschaftspresse München. "Siemens muss aufpassen, sonst geht die Motivation der Mitarbeiter kaputt."

Ein Rüffel, ja sogar ein unverlangter Ratschlag aus der Politik - das hat es für den mächtigen Siemens-Konzern und wichtigen Arbeitgeber so noch nie gegeben.

Kontakt zu Löscher

Mit Siemens-Chef Peter Löscher stehe das Ministerium im Kontakt, sagte Ministerin Müller weiter. Sie und Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU) hätten den Manager gebeten, den Abbau von knapp 17.000 Stellen, davon mehr als 5000 in Deutschland, noch einmal zu überprüfen. Das letzte Wort sei hier hoffentlich noch nicht gesprochen.

Das ist es eben: Löscher, der Mann aus Österreich, der in den USA Karriere gemacht hat, bricht den stillschweigenden Konsens. Und der lautet: Jobs gegen Wirtschaftsförderung. Mit dem massiven Stellenabbau fühlt sich der Freistaat nicht mehr an industriepolitische Beglückungen gebunden.

Wichtig für die Politik sei, dass die Kürzungen, vor allem in der Verwaltung von Siemens, sozialverträglich über die Bühne gingen, meinte Müller. Die Menschen bräuchten eine Perspektive, etwa durch Transfergesellschaften.

Durch den Stellenabbau, Einsparungen bei externen Beratern und in der Informationstechnik will Siemens die Kosten in der Verwaltung bis 2010 um 1,2 Milliarden Euro senken. Das Unternehmen hat weltweit rund 420.000 Mitarbeiter, davon etwa 130.000 im Inland - und es hat ein paar Fans in Bayerns Politik weniger.

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