Kommunalwahlen in Bayern:"Ein gewisses Unzufriedenheitspotential"

Lesezeit: 3 min

Als Bürgermeister brachte CSU-Mann Zankl die Passauer Wirtschaft zum Florieren. Trotzdem muss er um die Wiederwahl bangen.

Rolf Thym

Allenthalben ist in Passau davon die Rede, dass der CSU-Oberbürgermeister Albert Zankl am 2. März in eine Stichwahl gezwungen wird, und manche Wirtshausgänger gehen sogar noch weiter. Sie schließen Wetten darüber ab, dass der Amtsinhaber schon im ersten Wahlgang verliert und Jürgen Dupper von der SPD neuer Oberbürgermeister wird.

Der Passauer OB Albert Zankl, hier auf einer Archivaufnahme von 2002 (Foto: Foto: dpa)

Der Einsatz, den die Wahlpropheten leisten, macht allerdings das Risiko solcher Wetten deutlich: Meistens geht es nur um ein paar Halbe Bier.

Allein die Zahl der OB-Kandidaten erhöht schon mal die mathematische Wahrscheinlichkeit einer Stichwahl: Neben Zankl und dem SPD-Landtagsabgeordneten Dupper bewerben sich Urban Mangold von der ÖDP und die Grüne Erika Träger. Dupper sagt, er sei "sehr zuversichtlich", dass es zu einem zweiten OB-Wahlgang kommt, selbstverständlich mit ihm, schließlich gilt er als der chancenreichste Herausforderer.

Überraschender Sieg bei Stichwahl

Bei der Stadtratswahl 2002 hatte er auf Platz zwei der SPD-Liste 20 800 Stimmen erhalten, so viele wie sonst kein Kandidat. CSU-Listenführer Zankl kam auf 1000 Stimmen weniger. So ist es also keine Überraschung, dass der Wind des politischen Wechsels derzeit immer mächtiger über Passau weht, wie vor sechs Jahren.

Damals nahm Albert Zankl, Diplom-Betriebswirt und Inhaber eines Geschäfts für Raumausstattung, dem seit 1990 amtierenden SPD-OB Willi Schmöller in einer Stichwahl überraschend das Amt ab. Dabei galt Zankl nicht als kommunalpolitische Größe. Erst 1993 war er der CSU beigetreten und drei Jahre danach erstmals in den Stadtrat gewählt worden.

Und dennoch brachte Zankl die Stadt wieder in CSU-Hand, allerdings nicht ganz: Im Stadtrat verfehlten die Christsozialen die absolute Mehrheit. Zankl musste während der vergangenen sechs Jahre mit einer Gestaltungsmehrheit aus CSU, FDP, Freien Wählern und Junger Liste arbeiten - und das, so beurteilt es der OB, mit großem Erfolg: Die Arbeitslosigkeit in Passau liege "beim historischen Tiefstand" von etwa fünf Prozent.

Die örtliche Wirtschaft sei in voller Fahrt. Die tief in der Kreide stehende Stadt könne endlich Schulden reduzieren. "Ich glaube schon", sagt Zankl, "dass die Passauer sehr zufrieden sind."

Glitzernde Einkaufswelt

Damit kann er aber bei weitem nicht alle meinen, schon gar nicht Willi Simader, der in der Fußgängerzone ein seit 50 Jahren bestehendes Geschäft für Damenoberbekleidung betreibt und sich zu den Passauern rechnen lässt, die meist, wenn nicht gar immer, CSU gewählt haben. Diesmal hat Simader über die Besetzung des Oberbürgermeisteramts aber anders abgestimmt - per Briefwahl.

"Ich habe den Herrn Zankl nicht mehr gewählt", sagt der Geschäftsmann, "ich bin ein Protestler." Simader gehört zu jenen Ladeninhabern in der Stadtmitte, die mit höchster Sorge auf den Bau der benachbarten "Stadtgalerie" blicken. Auf insgesamt etwa 20 000 Quadratmetern Verkaufsfläche sollen im Herbst 90 Einzelhandelsgeschäfte eröffnen.

Das könnte viele alteingesessene Geschäfte zur Aufgabe zwingen. Deswegen ist Simader sauer auf Zankl, der die neue, glitzernde Einkaufswelt nach Kräften befördert hat - wie überhaupt das Gesamtprojekt "Neue Mitte": Neben der riesigen "Stadtgalerie" hat eine örtliche Investorengruppe bereits einen mit schwarz-grünen Steinplatten verkleideten Geschäftsturm in die Höhe gezogen, dessen Architektur nicht gerade wenige Passauer als groben Fehlgriff empfinden.

Aufregerthema "Neue Mitte"

Ein ebenfalls nüchtern gestaltetes Großkino ist gleich nebenan entstanden, an einer weiteren Einkaufspassage wird gebaut. Der Autoverkehr ist umgeleitet, was für weiteren Ärger sorgt. Für die Passauer Kabarettisten ist die "Neue Mitte" das Aufregerthema schlechthin. Manfred Kempinger, zum Beispiel, der gerade als fiktiver OB-Kandidat Hasenschwingerl für kabarettistische Furore sorgt, ist - ganz ohne Witz - der Meinung, dass die in der Stadt umgehende Ablehnung der Einkaufs-Betonklötze "die Wahl entscheiden wird".

Das sieht der amtierende OB Zankl nicht so. Aller Kritik an dem Riesenprojekt hält er entgegen: "Das Totschlagargument sind 250 Millionen an Investitionen und 1000 neue Arbeitsplätze." Kempinger aber verweist darauf, dass "es in der Stadt ein gewisses Unzufriedenheitspotential gibt" und es grundsätzlich so sei, "dass man die Passauer nicht einschätzen kann".

Deswegen sei es gut möglich, dass sich die OB-Stichwahl des Jahres 2002 "mit umgekehrten Vorzeichen wiederholt", parteipolitisch gesehen. Diesmal könne, meint der Kabarettist, der SPD-Mann gewinnen, auch wenn "eine Vorhersage sehr schwierig ist".

Vor den Kopf gestoßen

Dass an allen Ecken der Stadt über die Möglichkeit eines zweiten Wahlgangs spekuliert wird, weiß Zankl wohl, allerdings sieht er dafür "nur ganz geringe Chancen". Wenn es aber doch so kommen sollte, dann sei es ja - anders als 2002 - auch gut möglich, "dass nicht der Herausforderer gewinnt, sondern der Amtsinhaber".

So sieht das auch der Passauer CSU-Chef Gerhard Waschler: Eine Stichwahl sei bei vier OB-Kandidaten "nicht ausgeschlossen. Dann klappt es halt im zweiten Anlauf" - für Zankl, wie Waschler meint.

Der CSU-Stadtrat und ehemalige Fraktionsvorsitzende Anton Jahrstorfer hingegen ist sich da keineswegs sicher: "Es ist nicht so leicht, wie sich das der Herr Zankl vorgestellt hat", glaubt Jahrstorfer, der übrigens schon einige Male Opfer eines Wesenszugs war, der Albert Zankl angekreidet wird: Der OB mache "kein Geheimnis daraus, dass er eine rüde Art hat. Er hat viele vor den Kopf gestoßen und lässt keine andere Meinung gelten. Das ist das Problem".

© SZ vom 22.02.2008/ktk - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: