Kommunalwahl 2008:Wo die Wahlen am spannendsten werden

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Nicht jeder kommunale Amtsträger legt einen so dramatischen Abgang hin wie die Fürther Landrätin Gabriele Pauli, die aus der CSU ausgetreten ist und sich nicht mehr zur Wahl stellt. Wechsel und Umbrüche gibt es aber auch anderswo.

Im Landkreis Fürth beginnt eine neue Zeitrechnung. Nach 18 Jahren tritt die einst jüngste Landrätin Bayerns, Gabriele Pauli, nicht mehr an. Die 50-Jährige ist aus der CSU ausgetreten und will sich beruflich neu orientieren.

Dramatischer Abgang: Die Fürther Landrätin Gabriele Pauli (Foto: Archivphoto vom CSU-Parteitag im September 2007, Foto: dpa)

Der CSU-Kandidat Matthias Dießl, ein 32 Jahre alter Bankkaufmann, hat Pauli in ihrem Konflikt mit der CSU lange Zeit die Stange gehalten. Im Fürther Land, wo sich Stoiber-Kritikerin Pauli trotz ihrer Eskapaden längst nicht alle Sympathien verscherzt hat, kam das gut an. Für die SPD bewirbt sich ein Seiteneinsteiger: Günther Meth, 54, leitet die Fürther Arbeitsagentur. Ihm werden gute Chancen eingeräumt.

Ein ähnlicher Umbruch steht dem unterfränkischen Kreis Main-Spessart bevor. Dort endet nach 24 Jahren die Amtszeit des Landrats Armin Grein, der als Bundesvorsitzender der Freien Wähler (FW) über die Kreisgrenzen hinaus von sich Reden gemacht hat. Allen drei Kandidaten von CSU, SPD und FW werden Chancen auf Greins Nachfolge eingeräumt.

Unfreiwillige Bewerber und Generationswechsel

Ein ähnlicher Einschnitt wird im Landkreis Coburg erwartet, wo SPD-Landrat Karl Zeitler nach 18 Jahren aufhört. Nicht ganz freiwillig bewirbt sich dort CSU-Kreischef Jürgen Heike um dessen Nachfolge. Im neuen Kabinett Beckstein fiel Heike ein Traumjob zu - er wurde Staatssekretär im Innenministerium. Weil er jedoch keinen CSU-Bewerber für den Landratssessel fand, muss Heike nun selbst ran.

Noch gravierender ist der Einschnitt in der Stadt Schwabach, wo mit Hartwig Reimann Deutschlands dienstältester Oberbürgermeister nicht mehr antritt. Der SPD-Mann leitete 38 Jahre lang die Geschicke der Stadt. Als Favoritin für die Nachfolge gilt die 50 Jahre alte SPD-Landtagsabgeordnete Helga Schmitt-Bussinger.

Für einen Generationswechsel steht dagegen der 35-jährige Amtsrichter Matthias Thürauf, der sich für die CSU bewirbt - nachdem der ehemalige Staatssekretär Karl Freller nicht kandidieren wollte. Wenig Spannung verspricht die Wahl in den beiden Großstädten Erlangen und Fürth: Die Amtsinhaber Siegfried Balleis (CSU) und Thomas Jung (SPD) gelten als unangefochten.

Auch die Bürger im Landkreis Augsburg müssen sich auf Veränderungen einstellen. Nach 20 Jahren im Amt geht CSU-Landrat Karl Vogele, 67, in den Ruhestand. Um seine Nachfolge bewerben sich sechs Kandidaten. Die beiden Aussichtsreichsten kennen sich von ihrer Arbeit als Landtagsabgeordnete im Maximilianeum.

Die CSU setzt auf Martin Sailer, 37 Jahre alt und von Beruf Betriebswirt. Die SPD schickt Simone Strohmayr in die Wahl. Die 40-jährige Juristin tritt zum zweiten Mal an. Im Jahr 2002 hatte sie gegen Vogele 30 Prozent erhalten. Nun will sie Martin Sailer besiegen.

Parteilose und Seiteneinsteiger

In Lindau muss die Schwaben-CSU zeigen, ob sie aus Fehlern in der Vergangenheit gelernt hat. 2002 verlor sie den Landratsposten an den SPD-Mann Eduard Leifert, jetzt soll Elmar Stegmann diese Pleite wieder wett machen. Der 36-Jährige war erst vor fünf Jahren zum OB von Leutkirch (Baden-Würrtemberg) gewählt worden. Für die SPD soll Ulrich Fiedler, 35, der parteilosen Kanzler der FH Neu-Ulm, den Posten verteidigen.

Die Freien Wähler und die Freie Bürgerschaft schicken den bisherigen Bürgermeister der Marktgemeinde Hindelang (Kreis Oberallgäu) ins Rennen. In der Stadt Dillingen hört nach 24 Jahren SPD-Oberbürgermeister Hans-Jürgen Weigl auf. SPD und Freie Wähler schicken den parteilosen Rechtsdirektor Bernd Nicklaser, 52, in die Wahl, die CSU traut ihrem 35-jährigen Stadtrat Frank Kunz die Aufgabe zu.

Im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen wittern die Freien Wähler nach 36 Jahren CSU-Herrschaft ihre Chance. Landrat Richard Keßler, 68, hört auf. Für die CSU tritt der Seiteneinsteiger Josef Konrad an. Der 53-jährige Leiter des Landwirtschaftsamts Pfaffenhofen gilt als kompetent, aber blass - während sein Gegner Roland Weigert, 39, eine spektakuläre Materialschlacht veranstaltet. Weigert war bis vor kurzem in der CSU und Sprecher des Landrats, dann wechselte er überraschend zu den Freien Wählern.

Erster grüner Landrat in Freising?

Seit 1987 ist der Kreis Miesbach in parteifreier Hand. Landrat Norbert Kerkel ist so beliebt, dass die CSU zuletzt keinen Gegenkandidaten nominierte. Nun kann Kerkel, 66 und schwer krank, nicht mehr antreten. Sein Nachfolger dürfte der CSU-Landtagsabgeordnete Jakob Kreidl, 55, werden, auch wenn er mit Wolfgang Rzehak (Grüne) und Robert Huber, SPD, zwei Konkurrenten hat.

In Bad Tölz-Wolfratshausen könnte es hingegen für die CSU knapp werden. Dort tritt Landrat Manfred Nagler, 68, ab und hinterlässt einen Scherbenhaufen. Die Umwandlung einer US-Kaserne in Bad Tölz in ein Behördenzentrum geriet zu einem Millionendebakel, das Nagler und der CSU angelastet wird. Mit dem populären Tölzer Bürgermeister Josef Niedermaier, einem 45-jährigen Freien Wähler, hat der CSU-Bewerber Martin Bachhuber, Bürgermeister von Bad Heilbrunn, einen starken Konkurrenten.

Große Hoffnungen hegen die Grünen im Landkreis Freising. Dort hat mit dem Landtagsabgeordneten Christian Magerl, 52, einer der ihren eine reelle Chance, zumindest die Stichwahl zu erreichen und dann vielleicht der erste grüne Landrat Bayerns zu werden. Von seinen fünf Mitbewerbern haben die besten Aussichten Josef Riemensberger (CSU), 49, und Michael Schwaiger (FW), 36. FW-Landrat Manfred Pointner, 65, hört auf.

© SZ vom 29.02.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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