Kommunalwahl 2008:Wahlen im Landkreis München

Lesezeit: 4 min

Im Landkreis München hat sich im zweiten Wahlgang Herausforderin Johanna Rumschöttel (SPD) gegen Amtsinhaber Heiner Janik (CSU) durchgesetzt und wird somit neue Landrätin. Wer die Bürgermeisterwahlen in den einzelnen Gemeinden gewonnen hat, erfahren Sie durch einen Klick auf die interaktive Grafik.

Ergebnis der Stichwahl

Gewählt: Johanna Rumschöttel (SPD): 54,1 % Unterlegen: Heiner Janik (CSU): 45,9 %

Wahlergebnis Landratswahl Landkreis München:

CSU: Heiner Janik, Amtsinhaber: 41,3 % SPD: Johanna Rumschöttel: 29,1 % Grüne: Susanna Tausendfreund: 13,1 % FW: Florian Ernstberger: 10,1 % FDP: Jörg Scholler: 6,4 %

Münchner Landratsamt wird überraschend rot

Johanna Rumschöttel heißt die neue Landrätin im Landkreis München. Völlig überraschend hat die SPD-Politikerin bei der Stichwahl am Palmsonntag Amtsinhaber Heiner Janik (CSU) deutlich schlagen können.

Rumschöttel kam auf 54,1 Prozent der Stimmen, Janik erreichte 45,9 Prozent. Der Verlierer machte die niedrige Wahlbeteiligung von 36 Prozent für seine Niederlage verantwortlich.

Als Janik im Landratsamt einzog, waren schon 21 der 29 Gemeinden ausgezählt. Der CSU-Mann, dem sein unerwartet schlechtes Abschneiden schon durchtelefoniert worden war, stürmte direkt auf Johanna Rumschöttel zu.

"Ich neige dazu, Dir zu gratulieren", sagte der Starnberger, der an diesem Abend eigentlich den Start zu seiner dritten Amtsperiode als Münchner Landrat feiern wollte. Stattdessen musste er nun seine Niederlage kommentieren und den Sozialdemokraten beim Jubeln zuschauen. "Das ist Demokratie. Ich kann damit leben", sagte Janik, dem der Schock über die verlorene Wahl ins Gesicht geschrieben stand.

Ein "klassisches Mobilisierungsproblem" sei Grund für seine Niederlage. "Die Menschen wissen offensichtlich nichts mit dem Amt des Landrats anzufangen", sagte Janik. Im ersten Durchgang am 2.März hatte der CSU-Politiker mit 41,3 Prozent der Stimmen noch vorne gelegen vor Rumschöttel, die 29,1 Prozent geholt hatte.

Gestern sprach Janik nun vom Fluch dieser elf Prozent. Viele seiner Anhänger hatten diesen Abstand wohl als zu geräumig gewertet und waren zuhause geblieben. Als "politischer Ruheständler" werde er am 1. Mai aus dem Amt scheiden, sagte Janik.

Für Johanna Rumschöttel war der Stichwahl-Abend der bislang größte Erfolg für die politische Quereinsteigerin, die immerhin zwei Mal hintereinander zu Neubibergs Bürgermeisterin gewählt worden war. Schon relativ früh hatte sich abgezeichnet, dass ein Sieg für sie im Rahmen des Möglichen stehen könnte.

Die Sozialdemokraten vor dem großen Schirm im Landratsamt wurden zusehends nervöser. "Ihr verliert, Janik kann nach Hause gehen", sagte Dietrich Heyne in Richtung der CSU'ler, die ihren Kandidaten noch gar nicht zu Gesicht bekommen hatten. Aufregung machte sich breit, doch so recht wollten die Sozis den Schnellmeldungen noch nicht trauen.

"Hier passieren Dinge, die ich mathematisch nicht für möglich gehalten hätte", ruft Johanna Rumschöttel in ein Handy, und räumt ein, dass auch sie nun ein bisserl nervös werde. Eine Gemeinde um die andere geht zu diesem Zeitpunkt schon an die SPD-Politikerin. Jubel, als das Ergebnis aus Neubiberg gemeldet wird: 60,9 Prozent für Rumschöttel. Ähnlich liegen die Dinge in Oberhaching, in Oberschleißheim. "Das ist der Jetzt-reichts-Effekt", sagt Susanna Tausendfreund, die Landratskandidatin der Grünen, und umarmt Rumschöttel.

Gegen 19.29 Uhr knallen die ersten Sektkorken, das vorläufige Endergebnis wird jedoch erst gegen 19.56 verkündet. Dann will auch Johanna Rumschöttel, die Heiner Janiks offizielle Gratulation entgegenehmen kann, endlich zu ihrem Sieg Stellung nehmen.

Sie tut dies nüchtern kontrolliert, obwohl sie eben noch überschwänglich ihren Mann Hermann umarmt hat: "Das Ergebnis ist für mich unerwartet, ich hätte mit einem knapperen Ausgang gerechnet. Ich freue mich, dass wir nun die Themen angehen können, die wir für dringlich halten, die Mehrheitsverhältnisse im Kreistag sind nun nicht mehr so eindeutig für die CSU. Und ich bin gewöhnt, mir Mehrheiten zu beschaffen."

Länger nichts gehört hat Rumschöttel aus dem Neubiberger Rathaus, obwohl diese versprochen hatten, gleich zurückzurufen, wenn das Ergebnis feststünde. "Die sind verstummt", sagt Rumschöttel. Offensichtlich seien ihre Mitarbeiter zu geschockt darüber, sie zu verlieren. Neubibergs noch amtierende Bürgermeisterin wird ein wenig melancholisch. Doch schnell strahlt sie wieder, die neue Landrätin des Landkreises München.

(SZ vom 17.03.2008)

Lesen Sie auf Seite 2 einen Rückblick auf den ersten Wahlgang.

Wähler schicken Landrat Janik in die Stichwahl

Die neue Landrätin des Landkreises München: Johanna Rumschöttel (SPD) (Foto: Foto: Claus Schunk)

Von Jutta Czeguhn

Erst in zwei Wochen wird sich entscheiden, wer das Landratsamt München in den kommenden sechs Jahren führt. Heiner Janik (CSU) wird sein Amt in einer Stichwahl gegen Herausforderin Johanna Rumschöttel (SPD) verteidigen müssen. Janik liegt mit 41,3 Prozent zwar vor Rumschöttel (29,1 Prozent). Für eine Wiederwahl in der ersten Runde reichte es erwartungsgemäß nicht. Susanna Tausendfreund (Grüne) kam auf 13,1 Prozent der Stimmen, Florian Ernstberger (Freie Wähler) holte 10,1 und Jörg Scholler (FDP) 6,4 Prozent. Die Wahlbeteiligung betrug 58,6 Prozent.

Mit einem zischenden Geräusch, als wenn ihn ein Zahnschmerz durchfahren hätte, quittierte Janik die Ergebnisse aus den Metropolen München und Nürnberg. Dort war die CSU "abgesoffen", wie Staatssekretär Georg Fahrenschon (CSU) feststellte. München-Land indes sei stabil geblieben, kommentierte Fahrenschon erfreut. Vor sechs Jahren war Janik bei zwei Gegenkandidaten auf 54,9 Prozent gekommen.

Janik selbst zeigte sich zufrieden mit seinem Ergebnis, das man mit der Landratswahl von 1996 vergleichen müsse. Damals hatte er 44,16 Prozent der Stimmen geholt, Heyne war auf 31 Prozent gekommen, gefolgt von Tausendfreund mit 11,41 Prozent, Gottfried Schwarzmann (Freie Wähler) mit 8,02 und Scholler (FDP) mit 5,11 Prozent. Die Wählerwanderung von der CSU zu den Freien Wählern habe man erwartet, analysierte Janik.

Seiner Herausforderin Rumschöttel zollte Janik Respekt. Kurzzeitig hatte es so ausgesehen, als wenn Neubibergs Bürgermeisterin die 30-Prozent-Hürde knacken könnte. In ihrer eigenen Gemeinde hatte sie mit 45,7 Prozent ihr bestes Ergebnis eingefahren. "Ich gehe sehr optimistisch in die Stichwahl", sagte Rumschöttel. Sie hofft auf die Wähler der Grünen und die Unterstützung von Freien Wählern. "Freie Wähler sind Freie Wähler, die werden sich ihre eigene Meinung bilden."

"Es gibt da gemeinsame Anknüpfungspunkte", sagte Tausendfreund zu einer Wahlaussage für Rumschöttel. Ihre 13,1 Prozent sieht sie als "Bestätigung meiner langjährigen Kommunalpolitik." Begeistert zeigte sie sich auch über ihr Pullacher Ergebnis: 31,0 Prozent. "Wo ist der Schampus, das nächste Mal kandidiere ich als Bürgermeisterin."

Ernstbergers Hausmacht ist in seinem Wohnort Gräfelfing, dort kam er mit 24,5 Prozent auf sein zweitbestes Ergebnis. Ismaning war an diesem Abend die Freie-Wähler-Hochburg für Ernstberger, wo im Sog von Bürgermeister Michael Sedlmairs Sieg mit 26,5 Prozent sein bestes Ergebnis holte. "Wenn das ein Signal für die Kreistagsergebnisse ist, dann können wir uns nicht beklagen", sagte er.

Jörg Scholler (FDP) war an diesem Wahlabend der Fleißigste, er zählte in seiner Heimatgemeinde Gräfelfing Stimmen aus, wo er auf 11,4 Prozent kam. Seine Partei, so Kreisvorsitzender Jimmy Schulz, will nun erst einmal sondieren, wen die Liberalen am 16. März unterstützen werden. (Kommentar)

(SZ vom 03.03.2008)

© N/A - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: