Koalitionsverhandlungen:Regionalschulen sollen entstehen

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CSU und FDP ringen um gemeinsame Schulzeit bis zur sechsten Klasse - auch der Ladenschluss ist umstritten.

Rascher als erwartet haben sich FDP und CSU bei ihren Koalitionsverhandlungen in strittigen Fragen geeinigt. Die Liberalen gaben wegen des Widerstands der CSU offenbar ihre Forderung nach einer sechsjährigen Grundschulzeit auf. Dafür akzeptierte die CSU Modellversuche, in denen Real- und Hauptschulen zu Regionalschulen fusioniert werden.

Wohl bald Regierungspartner: Der designierte CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident, Horst Seehofer und die Vorsitzende der FDP in Bayern, Sabine Leutheuser-Schnarrenberger. (Foto: Foto: AP)

Weitgehende Einigkeit gibt es in der Wirtschaftspolitik. So beschlossen CSU und FDP, binnen drei Jahren schnelle Internetanschlüsse in ganz Bayern zu realisieren. Strittig blieb der Ladenschluss.

Schulkompromiss ausgehandelt

Bereits am Montag wurde der Schulkompromiss in einer Arbeitsgruppe von CSU und FDP ausgehandelt. "Es wird keine sechsjährige Grundschule in Bayern geben", sagte Renate Will, bildungspolitische Sprecherin der FDP, am Dienstag der Süddeutschen Zeitung.

Eine Einigung wurde jedoch am Abend von den Verhandlungsführern dementiert. Es gebe Arbeitsgruppen zu einzelnen Themen, entschieden werde aber letztlich in der Hauptrunde, sagte der designierte CSU-Chef Horst Seehofer. Diese werde erst am Freitag über die Bildung sprechen. Die bayerische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger kritisierte, es sei "vorschnell gewesen, das jetzt zu beerdigen".

FDP-Bildungsexpertin Will berichtete, Seehofer habe intern klargemacht: "Das ist nicht mit uns verhandelbar." Daraufhin knickten die Liberalen offenbar ein. Noch am Montag hatte Leutheusser-Schnarrenberger erklärt, ein "Weiter so" in der Bildungspolitik werde es nicht geben. "Wir können nicht alles durchsetzen", sagte Will.

Dafür solle der Übertritt von der Grundschule an weiterführende Schulen verändert werden. "Wir werden das Verfahren kind- und begabungsgerecht weiterentwickeln", kündigte Kultusminister Siegfried Schneider (CSU) an. Eine umfassende Reform solle weg von der "starren Notengrenze" führen und auch den Elternwillen stärker respektieren.

Zu Eingeständnissen in der Bildungspolitik war in der Arbeitsgruppe jedoch auch die CSU bereit. Die FDP setzte durch, Regionalschulen zu erproben. Die Fusion von Real- und Hauptschule war für die Christsozialen bislang tabu. Allerdings ist die Partei in der Frage durchaus gespalten.

Gerade CSU-Landräte in Regionen, die mit einem starken Bevölkerungsrückgang zu kämpfen haben, erhoffen sich davon, ihre Schulen erhalten zu können. Nun ist in sieben Bezirken jeweils ein Modellversuch im Gespräch. Sie sollen unter Federführung des Landkreises organisiert werden. Schneider sagte: "Eine Koalition ist ein Kompromiss. Das werden wir mittragen können." Zudem sollen die Schulen in Bayern mehr Eigenverantwortung bekommen, sagte Will. Sie könnten künftig vom 45-Minuten-Schema abrücken und ein eigenes pädagogisches Profil entwickeln. Jede Schule bekomme auch ein eigenes Budget zur Fortbildung ihrer Lehrer.

58.000 neue Studienplätze

Wie aus der FDP zu hören war, einigte man sich zudem auf das Ziel, wegen der stark steigenden Studentenzahlen in den kommenden Jahren 58.000 neue Studienplätze zu schaffen. Bisher hatte die Staatsregierung 38.000 neue geplant. Dies stehe allerdings noch unter dem Vorbehalt einer abschließenden Etat-Beratung, hieß es - wie auch die beiderseitige Forderung nach mehr Polizisten.

Wenig kontrovers waren die Koalitionsverhandlungen im Bereich der Wirtschaftspolitik. Verhandlungsteilnehmer berichteten, man sei sich einig, die Breitbandoffensive des Freistaats voranzutreiben. Mit dieser sollen auch Bewohner in kleinen Landgemeinden zu schnellen Internetanschlüssen kommen. Innerhalb von drei Jahren sollten die "letzten weißen Flecke" auf der Landkarte beseitigt sein, hieß es in FDP-Kreisen.

Nicht gerüttelt werden soll offenbar auch an der Zuständigkeit der Kommunen für die öffentliche Daseinsvorsorge - beispielsweise für die Trinkwasserversorgung. Immer wieder hatte die FDP gefordert, diesen Bereich zu privatisieren. Zumindest müssten die Kommunen sich hier dem Wettbewerb stellen. Dies ist nun offenbar vom Tisch. Um den Mittelstand zu fördern, sollen Betriebe im Gegenzug mehr Mitspracherecht bekommen, wenn sich Kommunen über die Daseinsvorsorge hinaus wirtschaftlich betätigen.

Strittig blieb bei den Gesprächen der Ladenschluss. Franz Pschierer, wirtschaftspolitischer Sprecher der CSU-Landtagsfraktion, kritisierte die Liberalen: "Die Menschen haben andere Sorgen, als ob sie nach 20 Uhr noch Milch und Semmeln einkaufen können." Er habe wenig Verständnis dafür, dass die FDP den Ladenschluss zum "Hort des Liberalismus" machen wolle. Nicht verhandelbar sei für die CSU der Schutz von Sonn- und Feiertagen - dies hat die FDP ihr bereits zugestanden.

Generelle Einigkeit besteht zwischen beiden Parteien, das Versammlungsgesetz zu verändern. Diskutiert werde etwa, sogenannte Übersichtsaufnahmen, die die Polizei bei Versammlungen machen darf, einzuschränken, berichtete Innenminister Joachim Herrmann (CSU). Auch eine Verkürzung der Fristen, wann Versammlungen angemeldet werden müssen, sei denkbar.

© SZ vom 15.10.2008/burt/kaa/kast - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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