Kinderbetreuung:Ein Job, der abschreckt

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Ausgebildete Erzieherinnen werden dingend gesucht. Trotz der guten Job-Aussichten steigt die Zahl der Bewerber kaum. Der Grund ist nachvollziehbar.

Christine Burtscheidt

Wochenlang durchstöberte Pater Alfons Friedrich Zeitungsinserate und schaltete Anzeigen auf der Suche nach einer Erzieherin für seinen katholischen Kindergarten. In seiner Verzweiflung wandte er sich schließlich direkt an eine der 48 bayerischen Fachakademien und bat händeringend um eine Absolventin - mit dem Ergebnis, dass man ihm eine Jahrespraktikantin schickte.

Engagement zahlt sich nicht aus: 2400 Euro brutto verdient durchschnittlich ein Erzieher monatlich. (Foto: Foto: AP)

Sie ist inzwischen eine von insgesamt vier Erzieherinnen im Münchner "Haus für Kinder". Damit ist der Betrieb gesichert, sofern keine Mitarbeiterin krank wird oder den Job wechselt. Katastrophal nennt der Pater die Personalsituation in München.

Vom enormen Bedarf an Erzieherinnen in Ballungszentren wird auch Hans-Georg Aigner berichten. Er ist der Sprecher der Fachakademien, die heute zur Tagung nach München einladen, um über die Zukunft des Berufs zu reden.

Der Mangel an Erziehern trifft Städte wie München und Nürnberg zurzeit besonders, wo die Nachfrage nach Krippen- und Kindergartenplätzen groß ist. Doch auch auf dem Land wird er zunehmend zum Problem. Denn gegenwärtig investiert die Staatsregierung sowohl in den Ausbau von Ganztagsschulen, der Nachmittagsbetreuung sowie der Betreuungsplätze für Unter-Dreijährige.

Bis 2012 soll hier eine "Bedarfsdeckung" erreicht werden. Das sind 100.000 Plätze mehr. Doch selbst dann wird es nur für jedes dritte Kind einen Krippenplatz geben. Aigner bezweifelt, dass das reicht. "Wenn das Angebot da ist, steigt die Nachfrage", sagt er. Das aber heißt: Morgen sind Erzieher noch mehr gesucht als heute.

Wer sich für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen berufen fühlt, kann zurzeit nichts Besseres machen, als eine der Fachakademien zu besuchen. Trotz der guten Aussichten steigt jedoch die Zahl der Bewerber nicht nennenswert. Der Grund ist die geringe Attraktivität des Berufs. Abschreckend ist zum einen die hohe Arbeitsbelastung. Große Gruppen und durchschnittlich 40- bis 50-Stunden-Wochen bei gleichzeitig sozial immer schwierigeren Kindern lassen den Beruf oft zum Knochenjob werden. Schon nach wenigen Jahren fühlen sich viele Erzieher ausgebrannt.

Deshalb war ihnen in diesem Kita-Streik-Sommer auch die Forderung so wichtig, einen Rechtsanspruch auf Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz im Tarifvertrag zu verankern. Zum anderen aber schreckt auch das geringe Gehalt ab.

2400 Euro brutto verdient durchschnittlich ein Erzieher monatlich. Der wochenlange Arbeitskampf brachte lediglich einen Zuschlag von 120 Euro. Das ist wenig, bedenkt man, dass nicht nur die Arbeit, sondern auch die Ausbildung anspruchsvoll ist. Sie dauert fünf Jahre - zwei Jahre Lehre, anschließend drei Jahre Besuch einer der Fachakademien, die obendrein Schulgeld verlangen. Dort wird zwei Jahre Theorie gepaukt, das dritte findet in der Praxis statt.

Als sogenannte Jahrespraktikanten, wie Pater Friedrich sie beschäftigte, verdienen werdende Erzieher sogar nur 1250 Euro. Gleichzeitig arbeiten sie jedoch, wie das Beispiel des Münchner Kindergartens zeigt, bereits als volle Kraft. Immer häufiger hängen sie später auch noch ein Studium an der Fachhochschule dran, weil die pädagogischen Anforderungen steigen und sie sich für Leitungspositionen weiter qualifizieren müssen.

Wie groß auch immer das Engagement ist, es schlägt sich nicht im Gehalt nieder. Pater Friedrich fordert deshalb: "Wir müssen zu einer individuelleren Bezahlung finden." Andere Träger wiederum sind der Ansicht, der Beruf sollte insgesamt aufgewertet und die Fachakademien sollten zu Hochschulen werden - wie es im Ausland üblich ist. Welchen Weg man auch einschlägt, für Aigner steht fest: "So kann es nicht weitergehen. Wir müssen den Status der Erzieher festigen."

© SZ vom 28.10.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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