Kaufbeuren geht gegen Vergreisung vor:Üppiges Begrüßungsgeld für Zuzügler

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Keine andere Kommune ist in der Familienpolitik so großzügig und keine andere ist so zuvorkommend wie Kaufbeuren.

Mike Szymanski

Neulich war Kaufbeurens Oberbürgermeister Stefan Bosse (CSU) wieder in seiner Rolle als fürsorgender Stadtvater gefordert. In einer Familie wusste man nicht so recht mit dem neuen Kinderglück umzugehen: Zwei Kinder spielten schon in den Zimmern - jetzt sollten es plötzlich fünf werden. Drillinge hatte die Frau auf die Welt gebracht.

Prompt geriet die Haushaltskasse gehörig in Schieflage. Bosse, 42 Jahre alt und selbst Vater von zwei Kindern, nahm sich der Sache an. Jetzt will die Stadt kinderreichen Familien einen Zuschuss für Haushaltshilfen gewähren. Von drei bis vier Euro pro Stunde ist die Rede. Die Gremien des Stadtrates befassen sich derzeit noch mit entsprechenden Anträgen.

In Kaufbeuren lässt man sich Familienfreundlichkeit einiges kosten. Und das nicht erst seit der Drillingsgeburt. Die Stadt mit ihren 44.000 Einwohnern hat bundesweite Aufmerksamkeit gefunden, als sie 2005 eine städtische Eigenheimzulage beschloss, während sich die Bundesregierung von diesem Förderinstrument gerade verabschiedete. 500.000 Euro hat die Stadt damals im Haushalt bereitgestellt und dafür sogar in den Topf der Rücklagen gegriffen. "Wir meinen, das ist gut investiertes Geld", sagt OB Stefan Bosse.

Paaren mit Kindern macht die Stadt ein verlockendes Angebot - bis zu 20.000 Euro zahlt die Kommune Familien, die sich in Kaufbeuren niederlassen und mindestens 200.000Euro in ein Haus und Grundstück investieren wollen. 5000 Euro je Kind bekommen Auswärtige ausbezahlt. Einheimische, die bauen wollen, bekommen diesen Betrag als Nachlass beim Kauf städtischer Grundstücke.

Etwa 30 Familien wurden gefördert

Knapp 250.000 Euro hat die Stadt bisher in die Förderung von etwa 30 Familien investiert. Geht es nach Bosse, könnten sich durchaus noch mehr auswärtige Familien bei der Stadt melden. Zumeist nutzen Einheimische das Angebot und verzichten neuerdings auf den Umzug ins Umland.

Kaufbeuren wieder attraktiv zu machen, war auch dringend nötig. Von den 44.000 Einwohnern waren nicht einmal 4000 unter zehn Jahre alt als Bosse 2004 Rathauschef wurde. Er befürchtete, dass seine Stadt vergreisen werde. "Es ist wichtig für die Zukunft der Stadt, dass die jungen Menschen in Kaufbeuren bleiben", sagt Bosse.

Er legte deshalb das Programm "Familienziel Kaufbeuren" auf. Neben der Eigenheimzulage dürfen Neubürger mit Kindern ein Jahr lang auch die Stadtbusse gratis nutzen und sie erhalten für die Dauer eines Jahres verbilligte Monatsfahrkarten der Bahn in Richtung München und Oberstdorf spendiert.

Keine andere Kommune ist in der Familienpolitik so großzügig und keine andere ist so zuvorkommend. Kinder müssen noch gar nicht auf der Welt sein - wenn Schwangere ihren Mutterpass vorlegen, nehmen die Behörden schon die Förderanträge entgegen.

Das wird honoriert. Unternehmer preisen das Kaufbeurer Modell als wichtigen Standortfaktor. Auch die Konrad-Adenauer-Stiftung zeichnete die Stadt für ihr Engagement bereits aus. Profitieren sollen alle, nicht nur die Familien. Bosse rechnet damit, dass eine Familie, die mit zwei Kindern zuzieht, innerhalb von sechs Jahren so viel Geld in die Stadt trägt, wie Kaufbeuren in sie investiert. Die örtliche Bauwirtschaft unterstützt das Konzept. Unternehmer versprechen Familien, die mit ihnen ihr Haus bauen, den Hortplatz im ersten Jahr zu zahlen. Kaufbeuren bietet dafür 23 Einrichtungen.

© SZ vom 15.05.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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