Hausärzte fordern mehr Unterstützung:Schluss mit lustig

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Wollen mehr Unterstützung von der Politik: Bayerns Hausärzte. (Foto: Getty Images)

Bei ihrer zentralen Versammlung in Augsburg fordern Bayerns Hausärzte mehr Unterstützung durch die Politik. Und Ministerpräsident Horst Seehofer macht Versprechungen, die den Ärzten durchaus gefallen dürften.

Von Dietrich Mittler

Minutenlang spannt Ministerpräsident Horst Seehofer Bayerns Hausärzte auf die Folter. Die wollen im Grunde nichts anderes von ihm hören, als dass die CSU voll hinter ihnen steht und in Berlin gegen alle Widerstände den Fortbestand der Hausarztverträge in ursprünglicher Form durchsetzt. Doch Seehofer hält am Eröffnungsabend des Bayerischen Hausärztetages in Augsburg zunächst in aller Seelenruhe ein Grundsatzreferat über die Wirtschaftskraft Bayerns. Im Saal rutschen einige unruhig auf ihren Stühlen, als der Ministerpräsident zur Volte ansetzt und die "sehr prosperierende Landwirtschaft" lobt. "Zum Thema!", platzt es da aus einer Hausärztin heraus. "Ja, schau'n Sie", sagt Seehofer da, "Geduld ist gut für die Gesundheit und für die Lebenserwartung."

Doch dann kommt Seehofer zur Sache. Er sei ein Anhänger der Hausarztverträge in ihrer ursprünglichen Form - also ohne jegliche Abstriche. "Daran können Sie mich messen", sagt er. Die Botschaft, die er damit rüberbringen will: Ich mache hier keine leeren Versprechungen. Die Verträge sind für die Mediziner von enormer Bedeutung. Da sie noch auf einer alten Rechtslage basieren, ermöglichen sie Bayerns Hausärzten per se höhere Honorare.

Außerdem haben daran teilnehmende Patienten Anspruch auf spezielle Leistungen. Seehofer weiß um die Befindlichkeiten. Um auch die letzten Zweifler zu überzeugen, setzt er zu einem Politik-Crashkurs an: "Es gibt in Berlin eine gute Methode, etwas durchzusetzen. Und das ist die Methode der Erschöpfung", sagt er. Er werde nach der Bundestagswahl mit der CDU in Koalitionsverhandlungen treten und da so lange sitzen bleiben, bis die Forderungen erfüllt seien. "Es war noch nie verkehrt, wenn Berlin auf Bayern gehört hat", sagt er süffisant - und die erleichterten Lacher im Publikum signalisieren ihm: Botschaft angekommen.

Es gab Zeiten, in denen die Mitglieder des Bayerischen Hausärzteverbandes Politiker der CSU in hitzigen Veranstaltungen regelrecht zerlegt haben - dem Gesundheitsexperten Thomas Zimmermann oder der früheren Sozialministerin Christa Stewens ist das in allzu guter Erinnerung. Auch dieses Mal haben die Hausärzte im Vorfeld ein Signal gesetzt: Sie würden die Patienten wissen lassen, welche Partei verhindert, dass sie als Kranke noch einen Hausarzt vorfinden. Die Hausarztverträge seien mit mehr als 1,3 Millionen eingeschriebenen Patienten ein Erfolg. Auch wirtschaftlich - das erzielte Honorar liege um gut ein Viertel höher als das jener Ärzte, die keinen Hausarztvertrag haben. Und das dürfe durch die Kassen-Lobby nicht kaputt gemacht werden.

"Mit 6300 Mitgliedern sind wir nach wie vor ein starker, kampffähiger Verband", sagt Dieter Geis, der Vorsitzende des Bayerischen Hausärzteverbandes. In kurzer Zeit haben die Hausärzte für eine Bundestagspetition 150 000 Patienten mobilisieren können. Aus Sicht von Geis ist das nur logisch: Wenn jene Reform, die der frühere Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zu verantworten hat, nicht zurückgenommen werde, treffe das vor allem alte und chronisch kranke Patienten.

Das in Bayern noch nicht umgesetzte Gesetz sieht nämlich vor, dass Ärzte nur dann auf ein höheres Honorar hoffen dürfen, wenn sie bei der Patientenbehandlung Geld einsparen. "Das ist unethisch, das machen wir nicht", sagt Geis in Augsburg. Dann kommt er auf den Punkt: "Politiker denken nur von Wahltermin zu Wahltermin. Lassen Sie uns also diese Chance nutzen und vom Bayerischen Hausärztetag ein starkes Signal aussenden."

Bei Seehofer ist das klar angekommen. Nie zuvor hat der Hausärztetag so viel CSU-Prominenz empfangen wie am Freitag und am Samstag in Augsburg. Neben dem Ministerpräsidenten tritt auch Landtagspräsidentin Barbara Stamm ans Mikrofon. Leidenschaftlich versichert sie den Hausärzten: "Wir sind an Ihrer Seite." Auch geißelt sie die AOK Bayern, die kurz zuvor ihren Hausarztvertrag aufgekündigt hatte - laut Verbandschef Geis eine gezielte Provokation. Stamm rügt die Strategie von Bayerns größter Krankenkasse, die von den bis 2014 gültigen Hausarztverträgen gar nichts hält. Die AOK, so sagt sie, habe sich "offensichtlich darauf konzentriert, den Hausärzten bürokratische Steine in den Weg zu legen". Applaus ist ihr sicher.

Stamm und Seehofer haben ihr Ziel erreicht. Sichtbar wurde dies auch durch eine kleine Geste: Die Ärzte hatten für die Modelleisenbahn des Ministerpräsidenten ein kleines Häuschen mit einer Hausarztpraxis fertigen lassen. "Damit hat er uns auch in seiner Freizeit immer vor Augen, wenn der Zug am Häuschen vorbeifährt", sagte ein Hausarzt.

Am Tag danach ist Schluss mit lustig. Gesundheitsminister Marcel Huber werden aus dem gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU Passagen zur Gesundheitspolitik vorgehalten: "Diese allgemein formulierten Aussagen reichen uns nicht." Huber sagt, es sei vieles auf den Weg gebracht. Ziel sei etwa die Einrichtung von Lehrstühlen für Allgemeinmedizin an allen medizinischen Fakultäten. Außerdem sei die Versorgung mit Hausärzten in Bayern "noch sehr gut" - noch, da in absehbarer Zeit viele Hausärzte in Ruhestand gingen. Doch in Augsburg wollen die Ärzte ein Bekenntnis hören. Huber gibt es ihnen: "Auf Ministerpräsident Seehofer und den bayerischen Gesundheitsminister können Sie sich verlassen."

© SZ vom 01.07.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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