Halleneinsturz in Bad Reichenhall:Anklagen gegen fünf Beschuldigte

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Mehr als ein Jahr nach dem Einsturz der Eissporthalle in Bad Reichenhall hat die Traunsteiner Staatsanwaltschaft Anklage gegen fünf Personen erhoben. Der ehemalige Bürgermeister der Stadt muss sich hingegen nicht vor Gericht verantworten.

Die Staatsanwaltschaft wirft den Beschuldigten fahrlässige Tötung in 15 Fällen sowie fahrlässige Körperverletzung in 6 Fällen vor. Gegen vier weitere Personen stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, weil nach den Ermittlungen kein hinreichender Tatverdacht bestehe, hieß es.

Gegen drei weitere Verantwortliche der Stadt Bad Reichenhall und einen Architekten wurde die Einleitung von Ermittlungsverfahren laut Staatsanwaltschaft abgelehnt.

Das Dach der Eissporthalle war am 2. Januar 2006 nach tagelangem Schneefall eingestürzt und hatte zahlreiche Menschen unter sich begraben. Bei dem Unglück kamen zwölf Kinder und drei Frauen ums Leben, 34 Menschen wurden verletzt. Gutachten kamen später zu dem Ergebnis, dass Mängel bei Planung und Bau der Halle für die Katastrophe mitverantwortlich waren.

Mehreren Gutachten zufolge haben schwere Mängel und Schlamperei bei Planung und Bau der Halle zum Einsturz des Daches geführt, das der hohen Schneelast am 2. Januar 2006 nicht standhielt. Vier der jetzt angeklagten Männer zwischen 63 und 74 Jahren waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft in maßgeblicher Funktion am Bau der Halle in der Zeit vom April 1971 bis zum Oktober 1973 beteiligt.

Bei dem fünften Angeklagten handelt es sich um einen 54 Jahre alten Bauingenieur, der im März 2003 der gesamten Halle - trotz auffälliger Wasserflecke in der Holz-Dachkonstruktion - einen guten Zustand bescheinigt hatte. Bei seiner Studie für die Stadt zum Hallenzustand soll er die Dachkonstruktion nur unzureichend untersucht haben, obwohl schon damals Risse erkennbar waren.

Zum Abschluss ihrer umfangreichen Ermittlungen mit der Vernehmung von 159 Personen und der Einholung von acht Gutachten teilte die Staatsanwaltschaft im Einzelnen mit, dass einer der Angeklagten - ein heute 66 Jahre alter Bauingenieur - bei der statischen Berechnung des Daches gravierende Fehler gemacht habe. Der Mann sei für Planung, Herstellung und Montage der Holz-Dachkonstruktion verantwortlich gewesen.

Durch die falsche Berechnung sei die Tragfähigkeit der Deckenträger weit überbewertet worden. Zudem sei diese statische Berechnung entgegen den Auflagen im Baubescheid nicht von einem anerkannten Prüfingenieur überprüft worden. Das habe der 66-jährige Angeklagte nicht veranlasst, obwohl er als Fachbauleiter dafür verantwortlich gewesen sei.

Ein weiterer Angeklagter - ein heute 74 Jahre alter Zimmerermeister - war als Fertigungsleiter einer Baufirma für die Herstellung der Dachträger verantwortlich. Ihm werden Fehler bei der Errichtung der so genannten Hohlkastenträger vorgeworfen. So sei bei deren Verleimung entgegen den damals geltenden Regeln der Technik ein Harnstoff-Formaldehyd-Klebstoff angewandt worden.

Einem weiteren Angeklagten - einem heute 70 Jahre alten Architekten - wird vorgeworfen, als Sachgebietsleiter im städtischen Bauamt seine Kontrollpflichten beim Hallenbau nicht erfüllt zu haben. Auch ein Mitarbeiter des mit der Planung und Ausführung beauftragten Architekturbüros ist angeklagt. Dieser heute 63 Jahre alte Architekt hätte nach Auffassung der Staatsanwaltschaft verhindern müssen, dass mit der Errichtung des Hallendachs ohne Vorliegen einer geprüften Statik begonnen wurde.

Gegen vier weitere Personen seien zwar Strafanzeigen eingegangen, nach umfangreicher Prüfung sei gegen sie mangels Hinweisen auf strafbare Versäumnisse aber kein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Dies gelte auch für den früheren, parteilosen Reichenhaller Oberbürgermeister Wolfgang Heitmeier sowie für den am Einsturztag verantwortlichen Betriebsleiter der Halle.

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