Geständnis im Nici-Prozess:"Ein schmerzhafter Punkt"

Lesezeit: 2 min

Nici-Gründer Pfaff muss sich wegen Betrugs und Untreue in Hof vor Gericht verantworten. In einem Schneeballsystem hatte er gefälschte Rechnungen an Banken verkauft

Für die mittlere Reife hat es bei Ottmar Pfaff nicht gereicht: "Hauptproblem war Mathe, da war ich schlecht", gesteht der 58-Jährige vor dem Landgericht Hof. Dort muss sich der Gründer und Ex-Vorstandsvorsitzende des Plüschtierherstellers Nici aus dem oberfränkischen Altenkunstadt wegen Betrugs und Untreue verantworten.

In einem waghalsigen Schneeballsystem hatte er gefälschte Rechnungen an Banken verkauft, um damit sein Unternehmen zu retten. Zwölf Monate saß der gelernte Weber bisher in Untersuchungshaft.

Umso größer ist beim Prozessauftakt sein Mitteilungsbedürfnis. "Ich erkenne die Anklage in vollem Umfang an, sie zeigt meine Taten auf." Die Probleme hätten mit überfüllten Lagern und immer weiter wachsenden Mitarbeiterzahlen begonnen.

Doch den nötigen Personalabbau habe er nicht übers Herz gebracht. "Dafür ist Herr Pfaff zu weich", ergänzt sein Verteidiger Wolfgang Dingfelder, während Pfaffs Familie im Zuhörerraum zu schluchzen beginnt.

Die Idee, mit Plüschtieren Geld zu machen, kam dem Ehepaar Pfaff schon Anfang der 70er Jahre. Als Gebirgsjäger bei der Bundeswehr bekam Pfaff damals lediglich 442 Mark.

Besser lief es, als der erste Andenkenladen in München die "schönen Sachen aus Wolle und Filz", die Pfaffs Frau fertigte, in Kommission nahm. 1986 gründeten die beiden ihre eigene Firma - und nannten sie nach der 1969 geborenen Tochter Nici. Schon drei Jahre später verlagerten sie die Produktion nach Asien. Der Umsatz stieg bis 1991 auf 9,5 Millionen Mark.

Der Sündenfall, so beschreibt es Pfaff in seiner mehrstündigen Aussage, war der Einstieg eines Investors im Jahr 2000.

"Er strebte den Börsengang von Nici an, baute einen unheimlichen Umsatzdruck auf", erklärt Pfaffs zweiter Rechtsanwalt Kai-Udo Wiedenmann. Nur wenige Jahre darauf stieg der Investor wieder aus.

Die Familie Pfaff musste die Dividendenforderungen aus der Umwandlung in eine Aktiengesellschaft nun aus eigener Kraft bedienen. In einem Jahr waren aus eigener Kraft auf einmal 3,5 Millionen Euro zu schultern.

Heute steht Pfaff ungleich schlechter da. Auf 13 Millionen Euro bezifferte er seine Verbindlichkeiten. Die wahre Größenordnung der von ihm verschuldeten Nici-Insolvenz im vergangenen Mai liegt nach Angaben des Insolvenzverwalters sogar bei 250 Millionen Euro.

Dass es nicht viel früher zum Zusammenbruch kam, lag an Pfaffs unkonventionellen Methoden zur Geldbeschaffung: "Wenn man Geld brauchte, ging man in den Keller an den Kopierer und machte sich welches", beschrieb Insolvenzverwalter Michael Jaffé einmal dieses Geschäftsmodell.

Pfaffs Umschreibung dafür im Prozess: "Es wurden Forderungen verkauft, die nicht existierten, und Rechnungen geschrieben, die fingiert waren." Die Rechnungsdaten lieferte Pfaff selbst, ein handwerklich begabter Mitarbeiter fertigte die angeblichen Rechnungen mit einem Zahlungsziel von 150 Tagen.

Die Banken zahlten gegen einen geringen Abschlag sofort - laut Staatsanwaltschaft zwischen 2003 und 2006 an die 55 Millionen Euro. Zum Beleg für die Echtheit der Forderungen legte Pfaff sogar Speditionsquittungen über die Auslieferung von Nici-Produkten bei.

"Wenn diese Belege nicht passend waren, habe ich sie durch Fotokopieren verändert." Dann kam das Jahr der Fußball-Weltmeisterschaft - und Ottmar Pfaff glaubte, nun endlich das Ruder herumreißen zu können: "Aus dem Schneeballsystem wäre ich nur durch reale Umsätze herausgekommen."

Also erwarb er für drei Millionen Euro die weltweiten Lizenzrechte zur Vermarktung des WM-Maskottchens Goleo als Plüschfigur. Doch mit oder ohne Hose: Goleo floppte - und Pfaff musste seinen Vorstandskollegen reinen Wein einschenken.

100 Mitarbiter verloren ihre Jobs

Tragisches Detail am Rande: Auf die getürkten Umsätze zahlte Pfaff sogar Steuern. Zweimal, 2002 und 2003, wurde die Nici AG vom Wirtschaftsministerium zudem als eines von Bayerns wachstumskräftigsten Unternehmen ausgezeichnet.

Nun bleibt Pfaff nichts weiter als ein umfassendes Geständnis. "Mitarbeiter haben durch mich Aktienkapital verloren, das ist ein ganz schmerzhafter Punkt für mich." 100 verloren sogar ihre Jobs.

Nach der Übernahme durch einen amerikanischen Investor geht es dem Unternehmen heute wieder besser; es werden sogar Mitarbeiter gesucht. Doch mit der Nici AG hat Ottmar Pfaff nichts mehr zu tun. Im droht eine langjährige Haftstrafe.

© ddp-bay - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: