Garmisch-Partenkirchen:Im Visier der Parteifreunde

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Das Ansehen des Bürgermeisters von Garmisch-Partenkirchen, Thomas Schmid, ist rapide gesunken. Doch er will um sein Amt kämpfen. Am Mittwoch werden die CSU-Spitzenkandidaten für die Landtagswahl gekürt.

Christian Sebald

Was seine Zukunft in der CSU anbelangt, hat der Garmisch-Partenkirchener Bürgermeister Thomas Schmid wenig Grund zu Optimismus. Im Gegenteil: Es ist gut möglich, dass die Partei mit dem 46-jährigen Rathauschef bricht.

An diesem Mittwoch nominiert sie ihren Spitzenkandidaten für die Bürgermeisterwahl 2008, und der wird - davon gehen die meisten in Garmisch-Partenkirchen aus - nicht Schmid sein, sondern der zweite Bürgermeister Wolfgang Bauer oder der Garmischer CSU-Ortsvorsitzende Max Wank.

"Die Unzufriedenheit mit der Amtsführung unseres Bürgermeisters ist so groß", sagen Bauer und Wank: "Da sind wir beide in der Verantwortung - egal wer von uns nun der Spitzenkandidat wird."

Kaum ein CSU-Bürgermeister hat innerhalb so kurzer Zeit so viel Ansehen verloren wie Schmid. "Ich verwünsche den Moment, in dem wir die Idee hatten, ihn zu holen", sagt eine frühere Weggefährtin. "Am meisten wurmt mich, dass ich mich so in ihm getäuscht habe."

Und es gibt wohl nur ganz wenige Funktionsträger in der Lokalpolitik, aber auch im Tourismus, im Gewerbe, im Sport und in den Vereinen, die noch keinen Streit mit Schmid hatten.

"Schmid hat sehr schnell einen selbstherrlichen Regierungsstil an den Tag gelegt", sagt ein Gemeinderat. "Sich mit der Fraktion abzustimmen oder sich an eine gemeinsame Linie zu halten, ist seine Sache nicht."

Ein Mitglied des CSU-Kreisvorstandes meint: "Von Beruf ist Schmid ja Diplomat. Aber vom Umgang her kennt man ihm das nicht an."

"Wir haben ihn zu wenig gekannt."

Dabei ist es nur fünf Jahre her, dass Schmid mit höchsten Vorschusslorbeeren bedacht wurde.

Bei der Kommunalwahl 2002 holte er aus dem Nichts 75 Prozent der Stimmen. Selbst im Werdenfelser Land, einer CSU-Stammregion, die zudem zum Stimmkreis von Ministerpräsident Edmund Stoiber gehört, ist das sensationell. Schmid schien exakt der Typ Politiker zu sein, auf den die Marktgemeinde gewartet hatte, um ihr angestaubtes Image loszuwerden.

"Er ist eloquent, sprüht vor Ideen, wirkt so weltläufig und war unbelastet von den verkrusteten Strukturen am Ort", räumen sogar erbitterte Gegner ein, die ihn früher unterstützten. "Wir haben ihn zu wenig gekannt."

Das wäre nicht verwunderlich. Lange Jahre war Schmid eher selten in Garmisch-Partenkirchen. Gleich nach dem Studium ging er in den Auswärtigen Dienst. Zuletzt arbeitete er als Abteilungsleiter an der deutschen Botschaft in Kanada. Doch ganz rissen die Verbindungen in die Heimat nie ab.

So erinnerten sich seine Freunde aus JU-Zeiten gleich an ihn, als 2002 der damalige Bürgermeister Toni Neidlinger abtrat und die von ihrer absoluten Mehrheit verwöhnte CSU einen dynamischen Kandidaten brauchte, um das Bürgermeisteramt zu halten.

Zum ersten offenen Bruch kam es im Sommer 2004 anlässlich Schmids Hochzeit. Statt Geschenken erwartete der Bürgermeister von seinen Gästen Geldspenden für eine luxuriöse Hochzeitsreise nach Mauritius.

"Das war instinktlos", sagt ein prominentes CSU-Mitglied. "Wenn er um Geld für eine neue Rutschbahn im Schwimmbad gebeten hätte, dann ja. Aber das!" Das Aufsehen war immens, die Boulevardpresse berichtete, wenig später zog Schmid seine Bitte zurück und sagte die Feiern ab.

Kritik prallt ab

Politisch hat der Bürgermeister in den Augen seiner Kritiker wenig bewegt. "Alle wesentlichen Projekte seit 2002 gehen auf Planungen zwischen 1996 und 2002 zurück", sagt einer, "seien es die beiden neuen Bergbahnen, der Hochwasserschutz oder die Ortsumgehung."

Und die Ski-Weltmeisterschaft 2011, für die Garmisch vor einem Jahr den Zuschlag erhalten hat, sei auch nicht Schmids Verdienst, sondern einzig das von Peter Fischer, dem Chef des Garmischer Skiclubs und Cheforganisator der Weltcup-Rennen - da sind sich alle einig.

Schmid weist die Kritik vehement zurück. "An all den Vorwürfen ist nichts dran", sagt er. "Das sieht man schon daran, dass meine Gegner nicht sachlich argumentieren, sondern Dinge über meinen politischen Stil erfinden."

Nach seinem Amtsantritt habe er "als erstes den jahrelangen Stillstand aufbrechen" müssen, das sei für manchen vielleicht etwas viel gewesen. "Aber wenn ich jedes Mal umfalle, komme ich nicht weiter." Überdies hätten seine Gegner lange Zeit seinen Kurs unterstützt. Das sehen auch andere so. "Die CSU hat Schmids Politik doch lange Zeit akzeptiert", hört man selbst von Parteianhängern. Schmids Stellvertreter Bauer und der CSU-Ortschef Wank hätten "schon viel früher aus der Deckung gehen müssen".

Doch dafür waren beide offenbar zu loyal. Erst als der Druck aus der Partei, aber auch von außen zu groß geworden sei, so heißt es aus ihrer Umgebung, hätten sie sich zur Gegenkandidatur entschieden. Wie stark dieser Druck wurde, verdeutlichen die Ergebnisse parteiinterner Wahlen: Die örtliche CSU hat Schmid im Frühjahr in allen parteiinternen Abstimmungen so abgestraft, dass die Lokalzeitung bereits von "Palastrevolte" sprach.

Der 49-jährige Bauer, einst hauptamtlicher Mitarbeiter der Bergwacht, und Wank, ein 50 Jahre alter Mathematik- und Physiklehrer, wurden mit überragenden Ergebnissen bestätigt.

Schmid ist aber nicht der Typ, der vorzeitig aufgibt. Für die Kandidatenkür am Mittwoch rechnet er sich gute Chancen aus, "denn da sind genügend, die auf meiner Seite sind". Sollte die CSU jedoch mit ihm brechen, wird er wohl trotzdem zur Kommunalwahl 2008 antreten - auf einer eigenen, parteiunabhängigen Liste. "Aus der Bevölkerung wird mir klar signalisiert, dass ich Bürgermeister bleiben soll", sagt Schmid, "ich halte mir alle Möglichkeiten offen."

© SZ vom 22. Mai 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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