Gammelfleisch-Skandal:Berger gegen Bayern

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Der Passauer Wildfleischhändler Karl-Heinz Berger geriet ins Visier von Lebensmittelkontrolleuren und ging insolvent - nun verklagt er den Freistaat.

Mike Szymanski

Der Januar des Jahres 2006 war wieder so ein Monat, in dem sich den Bürgern der Magen umdrehen konnte. Wieder war offenbar für den Verzehr ungeeignetes Fleisch aufgetaucht, ein Wort dafür gab es schon: Gammelfleisch.

Karl-Heinz Berger (Foto: Foto: ddp)

Karl-Heinz Berger, ein Passauer Wildfleischhändler, war ins Visier der Lebensmittelkontrolleure geraten. Bayerns damaliger Verbraucherschutz-Minister Werner Schnappauf (CSU) hatte "ekelerregende hygienische Zustände" in dessen Firma ausgemacht und erklärte: "Das Ganze hat das Zeug zu einem handfesten Fleischskandal." Es dauerte nicht lange, bis die Republik sich richtig ekelte. Berger meldete kurz darauf für seinen Betrieb Insolvenz an.

Nun schlägt der Wildhändler, der seine Geschäfte nach Österreich verlegt hat, zurück. Das Landgericht München bestätigte, dass Berger den Freistaat auf Schadenersatz verklagt. Es geht zunächst um 500000 Euro. Berger sagt im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung: "Ich bin genug geprügelt worden. Wenn einer einem anderen Schaden zufügt, muss er dafür geradestehen."

"Schnappauf hat die Firma kaputt gemacht"

Berger wirft Schnappauf vor, den Betrieb mit vorschnellen Gammelfleisch-Vorwürfen in der Öffentlichkeit in den Ruin getrieben zu haben. "Er hat unsere Firma kaputtgemacht", sagt er.

Die 500 000 Euro nennt er nur eine "symbolische Summe". Auch sein Anwalt Horst Koller sagt, es könne durchaus noch mehr werden. In der Vergangenheit war auch schon einmal von zehn Millionen Euro die Rede. Eine Sprecherin des Landgerichts erklärt, frühestens im Frühjahr werde es zur Verhandlung kommen.

Berger jedenfalls rechnet sich gute Chancen aus. Sein Anwalt sagt: "Wir haben einige schlagkräftige Argumente." Dazu dürfte sicherlich gehören, dass das Landshuter Landgericht im November 2006 Berger zwar wegen Betruges zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilte, der Richter aber betonte, dass in keinem der Fälle hygienisch bedenkliche Ware ausgeliefert worden sei.

Eine Gesundheitsgefährdung habe nie im Raum gestanden, so der Richter. Selbst Hunderte Kilo Fasanenfleisch, dessen Verarbeitung Kontrolleure als eklig eingestuft hatten, seien ohne bakteriellen Befund gewesen.

"Ein hohes Maß an krimineller Energie"

Dennoch war es für Verbraucher eine Zumutung, wie damals in Bergers Betrieb Fleisch verarbeitet worden war. Dies zeigte der Strafprozess. Und zu diesem Ergebnis ist auch der Untersuchungsausschuss des Landtags gekommen, der sich fast zwei Jahre lang mit Fleischskandalen beschäftigt hatte. Darin heißt es: "Auch im Fall Berger Wild muss klar festgestellt werden, dass ein hohes Maß an krimineller Energie bei den Handelnden festzustellen war."

Im Bericht wird ausgeführt, dass Berger aufgetautes Fleisch als Frischfleisch deklarierte und verkaufte. Auch habe Berger Hirschfleisch als Elchfleisch verkauft und dem Fleisch Zusatzstoffe beigemischt, um es haltbarer zu machen, ohne dies zu kennzeichnen.

Inwieweit nicht Karl-Heinz Berger allein für den Niedergang seiner Firma verantwortlich ist, muss das Gericht klären. Für die Vorsitzenden des damaligen Untersuchungsausschusses steht fest, dass der Fleischhändler selbst Schuld hat an der Insolvenz.

Thomas Kreuzer von der CSU sagt: "Wir hatten damals erhebliche Hygienemängel festgestellt." Der Betrieb habe geschlossen werden müssen. Sein Stellvertreter im Ausschuss, Herbert Müller (SPD), erklärt: "Die Beweislast war erdrückend." Bergers Klage bezeichnet er als "unverschämt".

© SZ vom 26.08.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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