Folgen der Kommunalwahl:Wir sind so frei

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Ungewohnt für die CSU: Um die kommunale Machtbasis zu erhalten, muss sie Packerl mit den Freien Wählern schnüren. Ein Vorgeschmack auf den Herbst?

Andreas Roß

Es wird taktiert, geschachert und gemauschelt, was das Zeug hält. Wer derzeit die konstituierenden Sitzungen in den Kreistagen und Städten rund um München verfolgt, der merkt, wie sehr die Kommunalwahl die politischen Kräfteverhältnisse durcheinandergewirbelt hat.

Neuer Landrat von Freising ist Michael Schwaiger von den Freien Wählern. Doch statt der Grünen hat nun die CSU den Stellvertreterposten. (Foto: Foto: dpa)

Wo früher die CSU auf satten Mehrheiten saß und nur gnadenhalber stellvertretende Landratspöstchen oder auch mal einen lukrativen Sitz im Sparkassenverwaltungsrat an andere politische Gruppierungen abgetreten hat, muss jetzt hart verhandelt werden. Und am Ende ist es dann meist so, dass die CSU den handsamsten Partner noch immer in den Freien Wählern findet.

Dies erstaunt vor allem deshalb, weil CSU-Chef Erwin Huber noch vor der Kommunalwahl die Freien Wähler als "prinzipienlose Trittbrettfahrer" und als schärfsten Gegner der CSU attackiert hatte. Jetzt, wo es der CSU vielerorts um den Erhalt ihrer kommunalen Machtbasis geht, ist von dieser Gegnerschaft nicht mehr viel zu spüren.

Das gilt aber auch im umgekehrten Fall, wie man am Beispiel des Landkreises Freising bestens studieren kann. Dort hatten die Bürger bei der Kommunalwahl ihren ganzen Unmut über den geplanten Bau einer dritten Startbahn für den Flughafen München bei der CSU abgeladen. Im Kreistag von Freising verlor die Partei 10,5 und im Stadtrat von Freising gar 12 Prozent.

Profitiert haben davon Grüne und Freie Wähler, deren Kandidaten im Widerstand gegen die Startbahnpläne an vorderster Front marschierten. Im Kampf um den Landratssessel schied der CSU-Bewerber schon im ersten Wahlgang aus. Die Stichwahl gewann schließlich der Freie Wähler Michael Schwaiger gegen Christian Magerl, den Landtagsabgeordneten der Grünen.

Wer nun geglaubt hatte, Schwaiger werde mit seinen Freien Wählern bei der konstituierenden Sitzung des Kreistages dem Wählerwillen Rechnung tragen und Magerl zum stellvertretenden Landrat vorschlagen, der wurde jäh enttäuscht.

Die Freien Wähler hatten längst ein Packerl mit der CSU geschnürt, weshalb nun Anita Meinelt, die CSU-Bürgermeisterin aus Moosburg stellvertretende Landrätin wurde. Und auch bei der Besetzung der Fluglärmkommission wurde Magerl von CSU und Freien Wählern ausgebremst.

Nur wenige im Landkreis glauben noch an Zufall, seit am Tag danach im Stadtrat von Freising Rudolf Schwaiger, der Bruder des neuen Landrats, mit den Stimmen von CSU und Freien Wählern zum Zweiten Bürgermeister gewählt wurde. Rudolf Schwaiger hatte als Parteiloser auf der CSU-Liste kandidiert. Ein ähnliches Zusammenspiel von CSU und Freien zur Machtabsicherung konnte man im Stadtrat von Dachau und im Ebersberger Kreistag beobachten.

Hubert Aiwanger, Landeschef der Freien Wähler, sieht in diesen lokalen Ereignissen freilich keinen Widerspruch zum Konfrontationskurs, den die Parteifreien auf Landesebene zur CSU eingeschlagen haben. "Ich will denen vor Ort nicht dreinreden. Das wäre auch unerwünscht. Im kommunalpolitischen Tagesgeschäft ist eine Mehrheit aus zwei stabilen Blöcken halt beweglicher als eine bunt zusammengemixte Regierungskoalition."

© SZ vom 08.05.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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