Flusskreuzfahrten in Bayern:Touristenkanal Donau

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110 Meter ist die Amadeus Brilliant lang und seit 2011 im Einsatz. Sie ist das modernste Schiff des Reiseveranstalters. (Foto: Viola Bernlocher)
  • Die Städte entlang der Donau profitieren von den Fluss-Kreuzfahrten.
  • Orte investieren in bessere Infrastruktur für Schiffsreisende.
  • Viele Besucher kommen aus dem Ausland.

Von Viola Bernlocher, Regensburg/Nürnberg

Der Teppichboden vibriert unter den Füßen, ein leichter Ruck geht durch das Schiff, als es vom Kai abdriftet und in die Mitte der Donau steuert. Vor den Panoramafenstern im Zwischendeck des Kreuzfahrtschiffes Amadeus Brilliant werkeln die Matrosen, holen die Gangway ein, verstauen die Taue. Vom Oberdeck sieht man nichts als Nacht, ein paar Lichter spiegeln sich auf dem Wasser der Donau, ein Christbaum zieht vorbei. Die Steinerne Brücke und Regensburg bleiben zurück, es geht stromaufwärts. Es ist 22 Uhr, am nächsten Morgen wird man kurz vor Nürnberg aufwachen, ausgeruht für einen neuen Sightseeing-Tag.

Immer mehr Touristen kommen auf den Geschmack des luxuriösen Reisens mit dem Hotelschiff und buchen eine Kreuzfahrten auf der Donau und dem Main-Donau-Kanal, die von Österreich bis nach Franken führen. Saison ist fast das ganze Jahr. Im Sommer stehen Weinproben auf dem Programm, in der Adventszeit sind es die Weihnachtsmärkte. Der Luxus auf dem Schiff mit Bordfriseur, Kraftraum, Salon, Lounge und Restaurant bleibt das ganze Jahr, um die 1000 Euro muss man, je nach Kategorie, bezahlen.

Nürnberg ist ein beliebter Start- und Zielort

Gerade Nürnberg ist ein beliebter Start- und Zielort, weil es mit dem Flughafen und der Autobahn A 9 die Infrastruktur zur An- und Abreise bietet. Am Hafen in Nürnberg haben bis kurz vor Weihnachten 2014 schon 948 Schiffe angelegt. Zum Vergleich: 2011 waren es das Jahr über nur 643. In den Jahren 2012 und 2013 war die Zahl mit etwa 700 Schiffen recht konstant, das lag aber auch am Donauhochwasser 2013, das zu vielen Stornierungen bei Kreuzfahrten geführt habe, wie Branchenkenner anmerken.

Fast 25 Meter geht es hinab, wenn an der Schleuse Hilpoltstein der höchste Punkt der Reise erreicht ist. (Foto: Viola Bernlocher)

Der Schiffstourismus boomt in Franken. Das haben auch die Städte an Donau und Main-Donau-Kanal begriffen und versuchen, das Kapital, das auf den Schiffen mitfährt, an ihr Ufer zu holen. Die Kleinstadt Roth in Mittelfranken etwa, 24 000 Einwohner, hat ihre Anlegestelle für Kreuzfahrtschiffe ertüchtigt. Eine alte Anlegestelle bestand, die aber nur für Schiffe bis 110 Meter passte, eine neue kam im Sommer 2014 dazu, hier können nun Schiffe mit bis zu 135 Metern Länge anlegen, ein Steg ragt über das Ufer, sodass die Passagiere bequem an Land kommen. Für die Schiffe gibt es einen Frisch- und Brauchwasser-Anschluss und Stromversorgung. Den Vorplatz hat die Stadt asphaltieren lassen, Parkbuchten für Busse und Autos gebaut, Blumenkübel und Bänke aufgestellt, damit das eher triste Ambiente am Rande eines Gewerbegebietes etwas an Charme gewinnt. Dafür hat die Stadt immerhin 600 000 Euro investiert.

Allseits beliebt: Bier- und Weinproben

Roths Bürgermeister Ralph Edelhäußer hofft, dass sich das rechnet. 175 Euro Anlegegebühr bekommt die Stadt, natürlich soll aber noch mehr als nur das hängen bleiben. Roth hat eine reiche Industriegeschichte, aber auch die schöne Altstadt mit dem Schloss Ratibor und guter Gastronomie sieht Edelhäußer als Kapital, mit dem sich Touristen locken lassen. "Ob ich in der Wachau eine Weinprobe oder in Roth eine Bierprobe mache, ist nicht der große Unterschied. Man muss es nur richtig vermarkten", sagt er. Der Bürgermeister und seine Mitarbeiter hätten deshalb einem Charterer die Stadt gezeigt und hoffen, bald im Besichtigungsprogramm der Kreuzfahrten aufzutauchen.

Mit höchstens 25 Stundenkilometern zieht die winterliche Landschaft vorbei. (Foto: Viola Bernlocher)

Auch die Stadt Nürnberg baut an ihrem Hafen. Die zehn Liegeplätze am 1,4 Kilometer langen Kai werden erneuert und mit Versorgungsanschlüssen versehen, das Areal wird verschönert. 10,5 Millionen Euro peilt die Stadt dafür an, drei Millionen davon kommen vom Freistaat. Ende 2015 soll alles fertig sein. 110 Schiffe von 46 Reedereien sind auf dem Main-Donau-Kanal unterwegs, auf jedem Schiff sind durchschnittlich 135 Passagiere, 30 Euro lässt jeder Schiffstourist im Schnitt in der Stadt. Über das Jahr 2014 summiert macht das gute 3,8 Millionen, hat Axel Eisele vom Amt für Wirtschaftsförderung errechnet.

Als die Amadeus Brilliant an diesem Winterabend in Regensburg ablegt, haben die Gäste schon gespeist, es war "Bayerischer Abend". Aus den Boxen im sonst edel-gediegenen Restaurant dröhnt bayerische Bierzelt- und Blasmusik, die Kellner tragen Schürzen mit weiß-blauen Rauten, am Buffet gibt es Weißwürste mit Senf, Leberkäs und Wurstsalat. Schließlich sollen die vielen ausländischen Gäste auch etwas von der Lebensart des Landstriches um sie herum mitbekommen. Vermittelt wird das zwar vom rumänischen Bordpersonal, aber die meisten Passagiere merken den Unterschied ohnehin nicht.

Alfred und Ursula Keuenhof aus dem Rheinland schon. "Auf jedem deutschen Kreuzfahrtschiff gibt es einen bayerischen Abend", erklärt Alfred Keuenhof. Sie sind kreuzfahrterfahren, waren schon auf großen Hochseedampfern, aber die kleinen Flussschiffe sind ihnen lieber, die Atmosphäre sei familiärer und lockerer. Sie genießen die Reise von Wien nach Nürnberg, das Essen an Bord, die Kellner, die sich abmühen, die Gäste auf Deutsch und Englisch und mit Händen und Füßen bei Laune zu halten, und auch die Landschaften, an denen das Schiff mit höchstens 25 Kilometern pro Stunde vorbeizieht.

Viele Gäste aus dem Ausland

Die meisten Gäste kommen aus Australien, Nordamerika, Südafrika, Japan, Malta. Sie schätzen Europa, wollen die Heimat ihrer Vorväter oder einfach nur Geschichte, Landschaften und die Menschen kennen lernen. Das australische Ehepaar Ray und Wendy Faux etwa verbindet den Trip nach Europa gleich noch mit Besuchen in München, Prag und Budapest, auch Nürnberg wollen sie noch intensiver sehen.

Der Ausblick von Deck ist im Winter eher trist, die Stimmung an Bord trotzdem gut. (Foto: Viola Bernlocher)

Während die Gäste schliefen, hat das Schiff den Donaudurchbruch bei Kelheim passiert und ist in den Main-Donau-Kanal abgebogen. Vom Bett aus ist am nächsten Morgen durch den Spalt zwischen den Vorhängen das Ufer zu sehen, überzogen von Raureif; Schafe kauen gemächlich die ersten Halme des Tages. Beim Frühstück sieht man durch die Panoramascheiben die Grau- und Silberreiher im Altwasser stehen, Enten dümpeln in der Bugwelle. Bordmanager Gabriel Rotar erklärt über Lautsprecher die Umgebung.

Beim Sightseeing: Das Übliche

Das Schiff hat die Schleuse Bachhausen passiert und fährt nun auf dem höchsten Teilstück des Kanals auf 406 Metern über Meeresniveau. Kurz vor der Schleuse Hilpoltstein taucht links das Wasserscheide-Denkmal auf, eine graue Betonwand, die in Richtung Ufer ragt. Hier teilen sich die Wasser zwischen Schwarzem Meer und Nordsee. An der Schleuse Hilpoltstein endet das höchste Teilstück, 24,67 Meter geht es in die Tiefe. Das lassen sich die Passagiere nicht entgehen. Der Australier Peter Holl, ein leidenschaftlicher Europa-Reisender, zückt seine Kamera und lichtet den Weihnachtsbaum in der Bugspitze ab, der wie Spielzeug wirkt gegen die hoch aufragenden Mauern der Schleusenkammern.

Als das Schiff die letzten Kilometer nach Roth fährt, wird noch einmal Mittagessen serviert, Stärkung vor dem Ausflug. Anlegemanöver. Am Kai fahren drei Reisebusse vor, die Passagiere steigen ein. Ziel: Nürnberg. Roth bleibt links liegen, immer noch. In Nürnberg das Übliche: Reichsparteitagsgelände, Kaiserburg, Johannisfriedhof. Und im Dezember natürlich der Christkindlesmarkt.

Nach dem Ende der Kreuzfahrt geht die Reise weiter, Nürnberg wird mit Bussen angesteuert. (Foto: Viola Bernlocher)

Die Touristen, die vom Wasser kommen, hatte man beim Bau der Kontinentalquerung Main-Donau-Kanal nicht wirklich in Betracht gezogen, gedacht war der Kanal vor allem für den Güterverkehr. Die Stadt Roth wird in Zukunft aber sicher nicht die einzige Gemeinde sein, die auf diesen Dampfer aufspringt.

Hinweis der Redaktion: Die Recherchereise wurde von einem Reiseveranstalter finanziert.

© SZ vom 08.01.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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