Finanzminister Fahrenschon:"Wie das Kaninchen vor der Schlange"

Lesezeit: 4 min

Georg Fahrenschon (CSU) über die Autobauer, die Landesbank, seinen ersten Haushalt und das Sparen in Zeiten der Krise.

Seit sechs Wochen erst ist Georg Fahrenschon (CSU) Finanzminister. Vom ersten Tag an stand er vor der Aufgabe, die Landesbankkrise zu meistern. Und ganz nebenbei musste er noch den Etat für die Jahre 2009 und 2010 erstellen, den das Kabinett am Dienstag verabschiedet. Fahrenschon ist 40 Jahre alt, Vater zweier Töchter und kommt aus dem Landkreis München.

"Die deutschen Autobauer sind nicht in der gleichen Notlage wie die amerikanischen": Bayerns Finanzminister Georg Fahrenschon missfällt die Forderung nach staatlichen Subventionen. (Foto: Foto: Andreas Heddergott)

SZ: Sie haben Ihr Amt mitten in einer Wirtschaftskrise übernommen. Ein schwieriger Anfang?

Georg Fahrenschon: Finanzminister zu sein, ist immer eine verantwortungsvolle Tätigkeit. Scheint viel Geld da zu sein, ist es schwierig, den Laden zusammenzuhalten. Wenn wenig Geld da ist, genauso. Allerdings haben wir es gerade mit einem Absturz der Wirtschaft zu tun, wie man ihn bisher nicht kannte. Anfang des Jahres hatten wir in Bayern 2,8 Prozent Wirtschaftswachstum, nun rechnen Experten für 2009 für Deutschland mit einem Prozent oder mehr minus. Und wegen der starken Exportorientierung wird sich Bayerns Wirtschaft von diesem Einbruch nicht abkoppeln können.

SZ: Bayern war immer stolz darauf, Autoland zu sein.

Fahrenschon: Das sind wir immer noch. Aber als Autoland haben wir eine besondere Herausforderung, weil wir hier von der schwierigen Situation weltweit getroffen sind.

SZ: Schon fordert die Industrie staatliche Subventionen für die Autohersteller. Will jetzt jeder Geld vom Staat?

Fahrenschon: Keine Frage: Die Autobranche steckt tief in der Krise. Aber: Die deutschen Autobauer sind nicht in der gleichen Notlage wie die amerikanischen. Deshalb gefällt mir nicht, wenn man nur, wie die Amerikaner, nach staatlichen Subventionen ruft. Damit machen es sich die Autobauer zu einfach.

SZ: Die CSU fordert hohe Steuersenkungen. Horst Seehofer will zehn Milliarden, Michael Glos 25 Milliarden. Setzen Sie noch eins drauf?

Fahrenschon: Ich habe meinen Teil zu diesen Vorschlägen beigesteuert. Mir geht es nicht vorrangig um die Höhe, sondern um die Zielgenauigkeit der Entlastung. Da gibt es zwei klare Stoßrichtungen: Wir brauchen breite Steuerentlastungen, um den Konsum anzukurbeln - der ist so niedrig, dass er kaum mehr einbrechen kann. Wir müssen den Grundfreibetrag von 7664 auf 8000 Euro erhöhen und bei den unteren und mittleren Einkommen den Steuertarif senken. Zweitens müssen wir jetzt krisenverschärfende und bürokratische Regelungen bei der Unternehmenssteuer beseitigen. Gerade in einer Finanzmarktkrise darf das Unternehmenssteuerrecht keine zusätzlichen Hürden für die Firmenfinanzierung aufbauen. Im Bereich der Unternehmenssteuer geht es im nächsten Jahr bundesweit um Mindereinnahmen von 1,7 Milliarden Euro.

SZ: Und wie hoch soll die Entlastung bei der Einkommensteuer sein?

Fahrenschon: Die Entlastung durch die Wiedereinführung der vollen Pendlerpauschale reicht auf keinen Fall. Wenn wir jetzt nicht handeln, bleiben wir am Ende länger in der Rezession. Die letzte Bundesratssitzung war doch kein Beispiel für Politik, das war das Aussetzen von Politik. Da hat die Mehrheit gesagt: Wir treffen jetzt keine Entscheidung und warten mal ab, was noch alles Schlimmes passiert. Da sitzt die Politik wie das Kaninchen vor der Schlange.

SZ: Sie haben im Bundesfinanzminister einem starken Widersacher. Wie verstehen Sie sich mit Peer Steinbrück?

Fahrenschon: Er hat eine durchaus ausgeprägte Persönlichkeit. Peer Steinbrück kommt aus dem hohen Norden und macht es sich mit seinem Bayernbild zu einfach, wenn er immer nur sagt: Die Bayern stellen unbotmäßige Forderungen. Aber in der direkten Auseinandersetzung ist er manchmal zu überzeugen. Und ich habe Respekt davor, dass er eine klare politische Linie hat - auch wenn unsere oft grundlegend anders ist.

SZ: Sie haben Ihre ersten Haushaltsverhandlungen hinter sich. Jeder Minister konnte sich mit seinen Wünschen auf den Koalitionsvertrag berufen. Als Finanzminister sind Sie doch ein armer Hund.

Fahrenschon: Auch der Finanzminister kann lesen und hat den Vertrag sehr genau studiert. Und wir haben uns auch darauf geeinigt, dass er für die gesamte Legislaturperiode gilt und dass wir uns nicht jede Maßnahme schon im ersten Jahr leisten können. Die Koalition hat sich viel vorgenommen bei Kindern, Bildung, Hochschulen, Wirtschaft, Innerer Sicherheit. Aber nicht jedes Projekt kann sofort angeschoben werden.

Auf der nächsten Seite: Georg Fahrenschon zur Situation der bayerischen Lehrer, einer gesicherten Finanzierung und seine persönliche Zukunft.

SZ: Was wurde verschoben?

Fahrenschon: Manches wird in Schritten umgesetzt wie das neue Dienstrecht, das von Anfang an auf mehrere Jahre angelegt war. Da muss viel Gesetzesarbeit geleistet, weiter viel mit den Beschäftigten geredet werden - einen Teil der Maßnahmen setzen wir jetzt schon um.

SZ: Die Koalition will Tausende neue Lehrer einstellen. Müssen Sie die dann in zwei Jahren wieder entlassen, wenn Ihnen die Kosten der Bayerischen Landesbank keine andere Lösung erlauben?

Fahrenschon: Gerade bei Schule und Hochschule verfahren wir nicht nach der Devise: Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln. Deshalb werden wir keine Strukturen aufbauen, von denen wir heute schon wissen, dass wir sie in zwei Jahren nicht tragen können.

SZ: Sie sagen, die Etat-Finanzierung sei bis 2010 gesichert. Haben Sie die 500 Millionen Euro, die Sie die Pendlerpauschale kostet, schon berücksichtigt?

Fahrenschon: Ja, 100 Millionen für 2009 hatten wir sowieso schon eingerechnet. Nun müssen wir noch 400 Millionen für 2007 und 2008 zurückzahlen. Dafür verzichte ich darauf, 400 Millionen alte Schulden, wie ursprünglich geplant, im Doppelhaushalt zu tilgen. Zudem will ich für konjunkturstützende Maßnahmen Mittel aus der Rücklage entnehmen. Dafür wurde diese ja gebildet.

SZ: Ihr Haushalt basiert auf der Annahme, dass die Wirtschaft im Jahr 2009 um 0,2 Prozent wächst. Jetzt wird sie vermutlich um zwei Prozent schrumpfen. Ist es nicht Augenwischerei, von einer gesicherten Finanzierung zu sprechen?

Fahrenschon: Unsere Planung fußt auf der gemeinsamen Steuerschätzung von Bund und Ländern im November. Und ich rechne die geplanten Steuersenkungen mit ein. Alles andere wäre Kaffeesatzleserei, wir machen keine eigene Konjunkturprognose für Bayern.

SZ: Selbst wenn die Finanzierung bis 2010 gesichert sein sollte - danach ist völlig unklar, wie die Kredite für die Landesbank bedient werden sollen.

Fahrenschon: Deshalb habe ich mit den Kabinettskollegen hartnäckig über die Grundstrukturen des Haushalts verhandelt. Denn die Entscheidungen für die Jahre 2009 und 2010 prägen auch die Handlungsspielräume der Folgejahre.

SZ: Ministerpräsident Horst Seehofer hat ein Konzept versprochen, wie es ab 2011 weitergehen soll. Was wird da drinstehen?

Fahrenschon: Wenn mir der Ministerpräsident dafür etwas Zeit gibt, erbitte ich diese auch von der SZ.

SZ: Im Endeffekt setzen Sie auf Einnahmen, wenn Sie die Landesbank verkaufen. Aber der Verkauf der IKB-Bank zum Beispiel hat kaum etwas erbracht.

Fahrenschon: Der Vergleich passt nicht. Die IKB war ein Notverkauf. Keiner kann Ihnen heute sagen, wie sich der Bankenmarkt in den nächsten Jahren entwickelt. Die Frage muss heute offenbleiben, auch wenn das unbefriedigend ist.

SZ: Ihr Vorvorgänger Kurt Faltlhauser sagt, mit dem neuen Geschäftsmodell werde die BayernLB nicht überleben.

Fahrenschon: Das finde ich bemerkenswert, und ich werde mit dem Kurt da sicher noch mal drüber reden.

SZ: Der Werdegang Ihrer Vorgänger ist erstaunlich. Einer wurde einfacher Abgeordneter, einer Pensionist, einer Chef des Tennisbunds, einer Ministerpräsident. Was wird aus Ihnen?

Fahrenschon: Einfacher Abgeordneter wäre im Moment schwierig, dazu fehlt mir das Mandat. Ansonsten konzentriere ich mich darauf, meiner Aufgabe gerecht zu werden.

© SZ vom 13.12.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: