Über dem Freistaat Bayern wölbt sich der sommerblaue Himmel, die Tage sind lang, die Nächte kurz. Die Menschen genießen jetzt ihre Freizeit an den Badeseen und in den Biergärten. Aber selbst wenn sie davon genug haben, überkommt sie keine Langeweile.
Die Juliwochen lassen den Menschen kaum Zeit zum Verschnaufen. Fast unüberschaubar ist die Fülle der in den Veranstaltungskalendern aufgelisteten Theateraufführungen, Konzerte und Freilichtspiele, bei denen die Besucher vom umjubelten Weltstar bis hin zum hochmotivierten Laienensemble die ganze Bandbreite des kulturellen Schaffens erleben können. Wir zeigen hier, was in den kommenden Wochen in ausgewählten bayerischen Kulturstätten zu erwarten ist.
Donau in Flammen, Rauch auf dem See
Den Niederbayern ist eine gewisse Erdenschwere zu eigen, das Leichte, Luftige wächst ihnen nur selten zu. Und doch sind sie in der Lage, eindrucksvolle Erlebnisse zu schaffen, wie etwa jenes Höhenfeuerwerk bei Vilshofen, das überdies musikalisch umrahmt wird.
Kein Wunder also, dass das Promenadenfest "Donau in Flammen" alljährlich am zweiten Juli-Wochenende Tausende Besucher an die Donau lockt. Wer sich rechtzeitig anmeldet, kann das Spektakel auch vom Schiff aus beobachten, diesmal aber sind schon alle Plätze ausverkauft (www.vilshofen.de).
Ein Feuerwerk wird am Samstag, 19. Juli, auch am Thumsee bei Bad Reichenhall gezündet. Während der Thumsee "brennt", bietet die Bad Reichenhaller Philharmonie ein großes Sommernachtskonzert. Am Thumsee gibt es keine Parkmöglichkeit, deshalb werden von 18 Uhr an vom Bad Reichenhaller Festplatz und von der Rupertus-Therme Shuttle-Busse fahren (www.bad-reichenhaller-philharmonie.de).
Das passende Lied dazu wäre eigentlich die Rock-Hymne "Smoke on the water" von Deep Purple, entstanden 1971, als in Montreux ein Konzertsaal brannte und der Rauch über den Genfer See zog, was die Musiker vom Hotel aus beobachteten und in dem Song verarbeiteten. Am 3. August spielen Deep Purple im Klosterhof von Benediktbeuern. Karten: Telefon 08857/88110.
Tänzelfest in Kaufbeuren
Das Tänzelfest gilt als das älteste historische Kinderfest Bayerns. Es wurde erstmals 1658 urkundlich erwähnt - vor 350 Jahren. Zum Jubiläum spielen deshalb nicht nur junge Kaufbeurer in historischen Gewändern die Stadtgeschichte nach.
Sie werden heuer unterstützt von Gruppen aus den Partnerstädten Ferrara (Italien) und Szombathely (Ungarn). Mittelpunkt des Festes sind die Umzüge mit Wagen und vielen Pferden am 20. und 21. Juli. Dabei wird der Besuch Kaiser Maximilians I. im Jahr 1497 nachgespielt. 50.000 Besucher erwartet Kaufbeuren von 17. bis 28. Juli (www.taenzelfest.de).
Ostbayerischer Festspielsommer
Der Glanz der Festivals, Konzerte und Freilichtspiele des "Ostbayerischen Festspielsommers" strahlt weit über Bayern hinaus. Besonders tun sich die 56. Festspiele Europäische Wochen Passau (bis 20. Juli, www.ew-pasau.de) hervor.
Vom 11. bis 20. Juli laufen die "Thurn und Taxis Schlossfestspiele" mit Stars wie Juan Diego Florez und Liza Minnelli (Telefon 0941/296000). Bei den Landshuter Hofmusiktagen (4. bis 13. Juli) führen internationale Ensembles der Alten Musik die Zuhörer an die Zeit des Mittelalters, der Renaissance und an den Hof Ludwigs XIV. heran (Telefon 0871/922050).
Ein Jubiläum feiern die Burgfestspiele Neunußberg, die zum 40. Mal über die Bühne gehen. Premiere der Ritterkomödie ist am 19. Juli (Telefon 09942/1661). Darüber hinaus bieten die Oberpfalz und Niederbayern in diesem Sommer 50 große und mehr als 100 kleine Festspiele an. Auskünfte gibt es beim Tourismusverband Ostbayern (Telefon 0941/5853939).
Spitzweg, Busch und Miró
Sie waren die großen deutschen Humoristen des 19. Jahrhunderts, sie waren witzig, intelligent und scharf in ihrer Beobachtung. Ihre Biographien weisen so viele Ähnlichkeiten auf, dass es recht und billig ist, sie auch einmal gemeinsam zu würdigen. Das Museum Georg Schäfer in Schweinfurt stellt anlässlich des 200. Geburtstages von Carl Spitzweg und des 100. Todesjahrs von Wilhelm Busch Werke beider Künstler gegenüber (bis 2. November, Telefon 09721/51920, www.museumgeorgschaefer.de).
Das Amberger Congress Centrum (ACC) setzt dazu einen Kontrapunkt und stellt mit Joan Miró (1893-1983) einen der bekanntesten Vertreter des Surrealismus des 20. Jahrhunderts vor. Die Ausstellung "Traumwelten" gibt mit ihren 120 Originalgrafiken einen Überblick über Mirós grafisches Werk. (28. Juli bis 25. September, Telefon 09621/4900-0, www.acc-amberg.de).
Sommerkonzerte in Ingolstadt
Die 19.Sommerkonzerte der Audi AG (3. Juli bis 2. August) stehen in diesem Jahr ganz im Zeichen der vier Elemente Feuer, Wasser, Erde und Luft. Die künstlerische Auseinandersetzung mit verschiedenen Aspekten dieses Themas bildet den inhaltlichen und musikalischen Schwerpunkt des Festivals.
Neben renommierten Ensembles und Künstlern von Weltrang werden auch junge Talente auf den Bühnen in Ingolstadt zu sehen sein, wie die Bremer Shakespeare Company am 28. Juli mit "Wie es euch gefällt". Wegweisend für die folgenden vier Wochen tritt bereits im Eröffnungskonzert am 3. Juli der Reigen der vier Elemente hervor, und zwar mit Haydns Feuersymphonie, gespielt von der Academy of St.Martin in the Fields.
Das Festival ist reich an Höhepunkten, sei es ein Konzert mit dem Pianisten Leif Ove Andsnes (22. Juli), das Solo Recital von Lang Lang (27. Juli) oder ein Belcanto-Abend des Tenors Juan Diego Florez (24. Juli). Das San Francisco Symphony Youth Orchestra präsentiert am 6. Juli Dvoraks Symphonie Nr. 9, "Aus der neuen Welt".
Als krönenden Abschluss lassen die Salzburger Festspiele mit ihrem Gastspiel "Peer Gynt" nach der Vorlage von Edvard Grieg die Sommerkonzerte ausklingen (2. August). (Informationen unter www.sommerkonzerte.de).
Naturvisionen im Bayerischen Wald
Das Festival "Natur-Vision" in der Nationalparkregion Bayerischer Wald sucht die intensive Auseinandersetzung mit dem Genre Natur- und Tierfilm. Es will aber auch ein Anziehungs- und Treffpunkt für Filmschaffende, Medienvertreter und ein interessiertes Publikum sein.
Seit sieben Jahren zeigt das Filmfestival die faszinierendsten Tierfilme aus der ganzen Welt. Dieses Jahr findet es vom 24. bis 27. Juli statt. 27 Filme wurden von einer Jury für den Wettbewerb nominiert. Darunter ist etwa Barbara Ernis Film über den Wettkampf der Walliser Kühe ("Alpköniginnen"); Daniel Opitz' Dokumentation über das Leben der Buckelwale vor Hawaii; und auch die Geschichte "Jaglavak - Prinz der Insekten" aus Kamerun (www.natur-vision.de).
Jazz und Pop an der Donau
In den vergangenen Jahren hat sich das Konzept für das Festival "Jazz an der Donau" in Richtung populäre Musik gewandelt. Dieser Kurs soll auch heuer fortgesetzt werden. Die Besucher erwartet in Straubing einmal mehr eine Mischung aus Jazz und Pop, die auch ein jüngeres Publikum ansprechen dürfte. "Die Ansprüche sind gestiegen", sagt der 65-jährige jazzverrückte Strickermeister und Hauptorganisator Heinz Huber, der wie in früheren Jahren eine private Bürgschaft leistet, um die Stars der internationalen Musikszene zu holen. "Kultur kann nicht nur in Großstädten stattfinden", begründet er sein Engagement.
Zu den Höhepunkten der 22. Ausgabe des Festivals von 17. bis 20. Juli gehören die Latino-Stars Sergio Mendes und Eumir Deodato, die Soul-Legenden Solomon Burke und Percy Sledge, aber auch Newcomer wie Ramón Valle und die Puppini Sisters. Für den Auftakt des Festivals wurde - nach Seal im Vorjahr - wieder eine der Jazzmusik unverdächtige Gruppe verpflichtet: Reamonn. Die Rockband ist mit Hits wie "Supergirl" bekannt geworden. Den Schlussakkord setzt die Sängerin Claudia Koreck ("Fliang"), die mit bayerischem Mundart-Rock erstaunliche Erfolge feiert (www.jazzanderdonau.de).
"Zeitenwende" auf Herrenchiemsee
Die Liebe zur Musik lebte König Ludwig II. in seiner Freundschaft zu Richard Wagner aus, die Freude an der Architektur im Bau seiner Schlösser. Im Spiegelsaal auf Herrenchiemsee verschmelzen Architektur und Musik nun zum neunten Mal in einer perfekten Symbiose: Der Dirigent Enoch zu Guttenberg nutzt den Prunkraum als Konzertsaal seines Klassikfestivals "Festspiele Herrenchiemsee".
Unter dem Motto "Zeitenwende" werden von 15. bis 27. Juli Werke gespielt, die sich mit der Glaubens- und Gewissensfreiheit sowie dem Widerstand gegen Rassismus, Diktatur und Krieg beschäftigen. Unter anderem stehen Bachs "Johannespassion" und Schostakowitschs "Babi Yar" auf dem Programm (www.festspiele-herrenchiemsee.de).
Rock und Reggae in Mühldorf
Am 4.Juli wird es der alte Rock'n'Roller Peter Siegfried Krausnecker im Innenhof des Haberkastens in Mühldorf vermutlich richtig laut krachen lassen. Der Herr Krausnecker, besser bekannt als Peter Kraus, eröffnet mit seiner Band das 10. Mühldorfer Sommerfestival.
Bis zum 13. Juli ist der historische Haberkasten, dessen Innenhof wie immer überdacht und damit wetterfest ist, Bühne für alte und neue Stars, etwa für die Hooters aus Amerika (7. Juli), für das bayerische Instrumentalquartett Quadro Nuevo (9. Juli) und für die Latin-Rocker Jarabe de Palo (11. Juli). Zum Abschluss gibt's am 12. Juli eine Reggae-Nacht. Telefon 08631/612227 (www.haberkasten.de).
Musikfilmfestival in Oberaudorf
Mit kraftvollem Juchzen werden sie starten, die ersten "Musikfilmtage Oberaudorf". Zur Eröffnung des ambitionierten Festivals an diesem Donnerstagabend (20 Uhr) im Kursaal Oberaudorf haben sich die Veranstalter ein Alpenthema ausgesucht - dargestellt aus Schweizer Sicht, in Bayern aber nicht fremd.
"Heimatklänge" heißt Stefan Schwierters Kinofilm, in dem es viel um die Stimme geht und was alpenländische Jodler oder tuvinische Nomaden damit anstellen können. Vier Tage lang gibt es in Oberaudorf Filme über Musik in vielerlei Art zu sehen: etwa einen Mitschnitt eines Konzertes von Crosby, Stills, Nash und Young (4. Juli) oder eine Reise mit den Berliner Philharmonikern (5. Juli) durch Asien. (Weitere Informationen: www.filmmusik.musiktage-oberaudorf.de).
Caballé feiert im Klosterhof
Vor 75 Jahren wurde sie geboren und es ist für sie Anlass, kräftig zu feiern. Montserrat Caballé, "La Superba", die große Diva aus Barcelona, tourt derzeit mit einer Geburtstagsgala durch die schönsten Konzertsäle dieser Welt und scheut sich auch nicht vor Open-Air-Auftritten. Am 16. Juli kommt die vielseitige Künstlerin zu einem Konzert in den bestuhlten Hof des Klosters Benediktbeuern. Beginn 20 Uhr, Einlass 19 Uhr.
Einen Tag später schallen Schlager der 20er und 30er Jahre durch den Klosterhof. Max Raabe und sein Palastorchester machen Station auf ihrer Tournee durch Deutschland, Österreich und die Schweiz, die im April in Berlin begann. Ihr Motto: "Heute Nacht oder nie!"; (Infos und Karten unter www.konzertbuero-augsburg.de).
Kandinskys Freunde
Im Spätsommer 1908 verbrachten die Künstlerpaare Wassily Kandinsky und Gabriele Münter sowie Alexej Jawlensky und Marianne von Werefkin erstmals gemeinsame Wochen in Murnau. In dieser Zeit schufen sie Studien und Gemälde, mit denen sie neue künstlerische Maßstäbe setzten.
Die leuchtende Farbigkeit ihrer Bilder brachte weit mehr zum Ausdruck als nur das Abbild ihrer Motive. Was Kandinsky in kräftigen Farben malte, nannte er das "innere Erleben", seine Erfahrungen in der Natur. 100 Jahre ist es her, dass die vier in Murnau arbeiteten. Für das Schlossmuseum Murnau Grund für eine Ausstellung, die diese epochale Zeit in den Mittelpunkt rückt. Zu sehen sind von 11. Juli bis 9. November Gemälde und Fotos der befreundeten Künstler und ihren Zeitgenossen.
Jazz und Brecht in Augsburg
Mit Paul Kuhn startet der 16. Augsburger Jazzsommer. Der berühmte Mann am Klavier, der dieses Jahr seinen 80. Geburtstag feiern konnte, tut sich für das Konzert am 16. Juli mit dem ehemaligen Schlagzeuger von Passport, Willy Ketzer, und dem Bassisten Martin Gjakonovski zusammen.
Einen Monat lang gibt es dann eine Reihe von Jazzkonzerten im Botanischen Garten, im Zeughaus und verschiedenen anderen Spielorten. Das Programm ist unter www.augsburger-jazzsommer.de nachzulesen.
Zum dritten Mal geht es von 17. bis 20. Juli wieder um Brecht und seine Erben. Das Festival "abc - Augsburg, Brecht, Connected" hat sich zum festen Programmpunkt im Augsburger Kultursommer etabliert. Es wäre wünschenswert, wenn diese Ausgabe von "abc" nicht - wie geplant - die letzte wird.
Vorerst aber dürfen sich Brecht-Afficionados und Fans des gesprochenen Wortes auf unterhaltsame Lesungen und Konzerte freuen. Das Motto des Festivals lautet "Im Dickicht der Städte" und bietet Krimis (Ani, Schenkel), Religion (Zaimoglu), Slams (Ewok, s. Foto), Fußball und vieles mehr (www.abc-festival.de).
Sommerserenaden in Bamberg
Die Alte Hofhaltung ist ein historischer Gebäudekomplex in Bamberg. Im Sommer finden seit 1973 jeweils im Innenhof dieser ehemaligen fürstbischöflichen Residenz die Calderón-Festspiele des E.T.A.Hoffmann-Theaters statt.
Auf dem Programm steht diesmal Umberto Ecos "Der Name der Rose" (5. bis 21. Juli, 20.30 Uhr, Telefon 0951/85761, www.theater.bamberg.de). Darüber hinaus bietet Bamberg die Fischerei-Festspiele, die kleinsten Festspiele in Deutschland (8. Juli bis 17. August, Kontakt über das Nana-Theater Nürnberg, Telefon 0911/265445).
Die Sommerserenaden Schloss Seehof gehören längst zu den herausragenden Ereignissen im Kulturleben von Bamberg. Das barocke Schloss Seehof liegt wenige Kilometer vor den Toren Bambergs in der Gemeinde Memmelsdorf (A 73, Ausfahrt Bamberg-Memmelsdorf, 29. Juli bis 3. August).
Rock für Spaß und gegen rechts
Im Juli rockt und poppt es wie selten in einem Monat. Etablierte Bands wie Newcomer nutzen die Chance der vielen großen und kleinen Festivals.
In einer ehemaligen Bergwerkshalle geht kommendes Wochenende das "Rockon"-Festival in Peiting über die Bühne. Es spielen Jennifer Rostock und Bands aus der Region (www.rockon-sog.de). Zeitgleich rockt die Holledau auf dem als "Open-Air Unterempfenbach" bekannten Festival (www.festival-holldau.de) mit Jamaram und Forrest Green.
Hardcore und Punk gibt es am Wochenende, 11. und 12. Juli, auf dem "Red Corner Festival" in Moosburg an der Isar. Gegen die rechte Szene spielen The Robocop Kraus und andere Bands auf dem Open-Air in Dorfen ebenfalls an diesem Wochenende (www.gegendruck.net). Und von 24. Juli bis 3. August dauert das "Sinnflut Sommerfestival" in Erding (www.sinnflut.biz).