Fachärzte:Gleichmacherei in den Praxen

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Die Honorarreform hat in der Ärzteschaft eine Welle der Empörung ausgelöst - aus mehreren Gründen. Jetzt will KBV-Chef Köhler Verbesserungen erreichen.

Guido Bohsem

Die Wortwahl hätte nicht selbstbewusster sein können. Von einem Zuwachs der Honorare in historischem Ausmaß wusste Andreas Köhler im August des vergangenen Jahres in Berlin zu berichten. Die gegen den Willen der Krankenkassen durchgesetzte Honorarreform sei ein "voller Erfolg", urteilte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) stolz.

Die Fachärzte sind mit derm Honorarreform unzufrieden. (Foto: Foto: ddp)

Etwa drei Milliarden Euro zusätzlich sollten die etwa 140.000 niedergelassenen Ärzte 2009 erhalten, ein Plus von zehn Prozent. Soviel wie noch nie in der Geschichte der ärztlichen Selbstverwaltung.

Von der Euphorie des Spätsommers ist dieser Tage kaum noch etwas zu spüren. Weder bei Köhler, noch bei vielen Medizinern im Freistaat. Die von Köhler ausgehandelte Reform hat in der Ärzteschaft eine Welle der Empörung ausgelöst. Spricht man Köhler auf die Vereinbarungen an, erlebt man dieser Tage einen ziemlich kleinlauten KBV-Chef.

Neben Bayern konzentriert sich der Protest der Ärzte in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg. Einzelne Facharztgruppen fürchten Umsatzeinbußen von bis zu 40 Prozent und damit um ihre berufliche Existenz.

In ihrer Wut greifen die Mediziner zu Mitteln, die sie hohe Geldstrafen und den Verlust ihrer Zulassung kosten könnten. Sie verweigern die Behandlung von Kassenpatienten oder untersuchen sie nur noch gegen Vorkasse. "Der Unmut der Ärzte hat eine neue Qualität erreicht", bilanziert Köhler.

Nicht gut angekommen in der Ärzteschaft ist zum Beispiel, dass das Honorarplus auf Basis des Jahres 2007 und nicht 2008 berechnet wurde. Weil das Ärztehonorar durch eine Vielzahl von Sondereffekten aber 2008 unerwartet kräftig anstieg, fällt die Steigerung in diesem Jahr deutlich geringer aus.

Statt von drei Milliarden Euro spricht Köhler deshalb jetzt von 1,2 Milliarden Euro. Weshalb der Honorar-Topf der Kassenärztlichen Vereinigung in Bayern nicht wie erwartet um 6,3 Prozent, sondern nur um 1,6 Prozent angewachsen ist. Statt 294,4 Millionen beträgt das Plus nur 78,6 Millionen Euro.

Doch das alleine würde nicht den Umstand erklären, dass in Bayern etwa Psychiater, Hautärzte und Frauenärzte mit zum Teil deutlichen Umsatzeinbußen rechnen müssen, während Pathologen, Nuklearmediziner und Laborärzte nach Einschätzung der Landesregierung zu den Gewinnern zählen. Ähnlich sieht es in den anderen betroffenen Bundesländern aus, wenn auch die Facharztgruppen dort ganz andere sind.

Das hat damit zu tun, dass jede Kassenärztliche Vereinigung bislang einen recht großen rechtlichen Spielraum hatte, wie sie die Mittel aus dem Honorartopf verteilt. Mit der Honorarreform ist aber das Ziel verbunden, die gleiche medizinische Leistung mit dem gleichen Geld zu vergüten, egal ob sie in Brandenburg, Kiel oder Freising erbracht wurde. Deshalb kann es bei manchen Medizinern zu Einbußen und bei anderen zu einem deutlichen Plus kommen.

Korrekturen angekündigt

Hinzu kam die anfangs dürftige Informationspolitik durch die Ärztevereinigungen. So wies die KV in Bayern Ende des Jahres nur auf einen Teil des Honorars hin. Die sogenannten freien Leistungen waren in den versandten Bescheiden nicht aufgeführt. Diese machen aber einen nicht unerheblichen Bestandteil der neuen Honorierung aus, wenn auch nicht für alle Mediziner gleichermaßen.

Wie viel die Ärzte in Bayern tatsächlich verdient haben, dürfte sich erst mit der Abrechnung des ersten Quartals herausstellen, die wahrscheinlich im Sommer kommt.

Um die Unruhe unter den Medizinern einzudämmen, soll es nun eine Übergangsregelung geben. So will die KV Bayern sicherstellen, dass bis zum vierten Quartal 2010 kein Facharzt mehr als fünf Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal verliert.

Die vermeintlichen Gewinner der Reform sollen zur Finanzierung dieses Ausgleichs einen Teil ihres Zuwachses wieder abtreten. In den nächsten Wochen will sich KBV-Chef Köhler erneut mit den Vertretern der Krankenkassen zusammensetzen, um auch auf Bundesebene Verbesserungen an der Reform zu erreichen.

© SZ vom 17.02.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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