Erlangen:Psychisch kranke Frau wohl verhungert

Sie lebte allein in ihrer Wohnung, verweigerte Medikamente und Betreuung - mit fatalen Folgen: Eine psychisch kranke Frau wurde tot in ihrer Wohnung gefunden, womöglich ist sie verhungert. Hätte die Justiz eingreifen müssen?

Eine psychisch kranke Frau aus Erlangen ist wohl verhungert - obwohl ein Gericht ihre Betreuung angeordnet hatte. Die Seniorin habe jedoch jeglichen Kontakt verweigert, berichtete der Nürnberger Justizsprecher Michael Hammer am Dienstag und bestätigte damit entsprechende Medienberichte. Ein weiterer Gerichtstermin sei deshalb nur wenige Tage nach dem Tod der Frau geplant gewesen.

Die Frau war mehr als 70 Jahre alt und war 2012 wegen Schizophrenie und einer akuten Psychose mehrere Wochen in einer psychiatrischen Klinik behandelt worden. Nach ihrer Entlassung wurde sie auf Anordnung eines Richters ein halbes Jahr lang betreut. Danach setzte die Patientin ihre Medikamente jedoch ab - mit fatalen Folgen: Nachbarn informierten die Justiz, weil sie erneut unter psychischen Problemen litt und kaum noch Nahrung zu sich nahm.

Bei einem weiteren Gerichtstermin sah ein Gutachter jedoch keine Notwendigkeit, die Frau erneut in die Psychiatrie einzuweisen - stattdessen sollte sie wieder betreut werden. Doch die Rentnerin verweigerte den Kontakt. Bereits im April wurde sie tot in ihrer Wohnung gefunden. Sie war stark abgemagert.

"Aus der Retroperspektive mag die Überlegung naheliegen, dass der Tod der Frau hätte vermieden werden können", sagte Gerichtssprecher Hammer. Die entscheidende Frage sei, ob die Gefahr des Verhungerns konkret absehbar gewesen sei - die Richter müssten stets zwischen dem Schutz der Erkrankten und deren Selbstbestimmungsrecht abwägen. Im Zweifel hätten die Freiheitsrechte Vorrang.

© Süddeutsche.de/dpa/infu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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