Erdbeerplantage:Bauer hält 118 Rumänen wie Sklaven

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Harte Feldarbeit, Hunger und einen Stundenlohn von 1,20 Euro. Was sich wie Zustände in der Dritten Welt anhört, hat sich tatsächlich auf einer Erdbeerplantage in Donauwörth abgespielt.

Menschenunwürdige Zustände haben Fahnder auf einer Erdbeerplantage bei Donauwörth vorgefunden. Bis nach Mitternacht durchsuchten am Donnerstagabend Beamte der Finanzkontrolle Schwarzarbeit des Hauptzollamts Augsburg die Wohncontainer rumänischer Erntehelfer.

Stehen vor ihren Baracken: die ausgebeuteten rumänischen Erntehelfer. (Foto: Foto: dpa)

Ebenfalls ins Visier gerieten die Privaträume des Erdbeerplantagen-Betreibers in der Nähe der nordschwäbischen Stadt Harburg. Zeitweise soll er 118 Rumänen unter schlimmsten Bedingungen beschäftigt, Stundenlöhne um nur einen Euro gezahlt haben.

Der Sprecher des Polizeipräsidiums, Walter Beck, sagte, dass es sich bei dem Plantagenbetreiber um einen vom Dienst freigestellten Polizisten handele. "Der Mann ist seit 2003 ohne Bezüge im Erziehungsurlaub, trotzdem ist er Beamter und daher haben wir disziplinarrechtliche Ermittlungen eingeleitet."

Derzeit versuchten Zollbeamte, den Polizisten zu finden, um ihn zur Sache vernehmen zu können. Bereits im August 2006 war er zu einer Geldstrafe wegen Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsgesetz verurteilt worden. Im aktuellen Fall werde wegen "Verdachts des Menschenhandels zur Ausbeutung von Arbeitskräften", wegen des Verdachts des Lohnwuchers und der Schwarzarbeit ermittelt, sagte der Sprecher der Augsburger Staatsanwaltschaft, Matthias Nicolai.

Warum trotz diverser Kontrollen durch Polizei und das Landratsamt Donau-Ries die Erntehelfer unter widrigsten Bedingungen weiterbeschäftigt und weiter in überhitzten Containern untergebracht wurden, ist noch nicht geklärt. Ein Sprecher des Landratsamtes sagte, Mitarbeiter des Gesundheitsamtes hätten Hygienemissstände entdeckt, und so sei am Donnerstag unter anderem der Beschluss ergangen, dass zumindest die Müllcontainer in dem Containerlager geleert werden müssen.

Die Container seien ohne Genehmigung aufgestellt worden. Der Betreiber soll die Blechbaracken von einem ehemaligen Asyllager bei Lagerlechfeld erworben haben.

Gegen den Polizisten im Erziehungsurlaub wurde nicht nur ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren, sondern vom Landratsamt auch ein Bußgeldverfahren wegen der illegal aufgestellten Container eingeleitet. Auf nur neun Quadratmetern Fläche sollen dort bis zu vier Arbeiter zusammengepfercht worden sein. Augenzeugen sprachen von Zuständen wie in einem afrikanischen Flüchtlingslager.

Tätig wurden die Behörden erst, als Anwohner aus der Gemeinde Oberndorf aktiv geworden waren. "Die freundlichen Menschen haben gesehen, dass die Rumänen Hunger haben und haben von Bäckereien übriges Brot und jede Menge Joghurt besorgt", berichtete die Grünen-Kreisrätin Marianne Ach.

Auch sie spricht von unwürdigen Lebensbedingungen der Erntehelfer, von "fürchterlichen Zuständen" in dem Containerdorf neben der Erdbeerplantage. Sie fuhr selbst einige der Arbeiter zu einem Reisebus nach Augsburg, von wo aus die Rumänen die Rückreise in ihre Heimat antreten konnten. Was mit den noch verbliebenen gut 50 Erntehelfern passiert, ist bislang ungeklärt.

Dem Hauptzollamt Augsburg zufolge sind die Erntehelfer nach bisherigen Ermittlungen von einem württembergischen Agenten angeheuert und zu der Plantage bei Rain am Lech/Donauwörth vermittelt worden. Sie sollen einen Stundenlohn von 1,00 Euro bis 1,20 Euro, der sich nach der gepflückten Menge errechnete, bekommen haben.

"Sie müssen sich mal vorstellen, wie das gelaufen ist. Die wurden quasi zur Nachlese auf die Felder geschickt, wenn zuvor die polnischen Erntehelfer schon beim Pflücken draußen waren", sagte Sprecher Bernd Wallner. So hätten die Rumänen nur wenig Erdbeeren pflücken können und das, obwohl sie täglich bis zu dreizehn Stunden arbeiten mussten.

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