Drama in Niederbayern:Der Mordtag von Volkenschwand

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Querschnittsgelähmter Mann und seine Frau hingerichtet, Haushälterin mit zwei Kopfschüssen verletzt.

Ines Alwardt und Max Hägler

Wie betäubt ist Volkenschwand an diesem Tag. Kaum ein Bewohner des kleinen Dorfes im niederbayerischen Landkreis Kelheim wagt sich an diesem Tag auf die Straße, viele Vorhänge an den Fenstern bleiben zu. Die Leute wollen nicht wahrhaben, was sich am Dienstag in ihrem ruhigen, besinnlichen Ort ereignet haben soll.

Ein "ganz besonders hässliches und schlimmes Verbrechen": Die Bewohner von Volkenschwand sind entsetzt. (Foto: Foto: ddp)

Doch das rot-weiße Polizeiband, das den Tatort absperrt, verrät, dass hier ein schreckliches Verbrechen geschehen ist. In einem Einfamilienhaus auf einem abgelegenen Hopfen-Hof, etwa einen Kilometer vom Ortskern entfernt, wurden am Dienstag die Leichen eines querschnittsgelähmten Mannes und seiner Frau sowie die schwerverletzte Haushaltshilfe gefunden.

Laut Staatsanwaltschaft und Kriminalpolizei war die Gewalttat bemerkt worden, nachdem die 32 Jahre alte Haushaltshilfe nicht wie üblich ihr Kind vom Kindergarten abholte. Daraufhin seien Nachbarn ihres Arbeitgebers verständigt worden, die die zwei Toten und die Verletzte schließlich fanden. Laut Kriminalpolizei lagen die Opfer in einem "blutbesudelten" Büroraum des Hauses, alle drei wiesen mehrere Schusswunden auf.

Für das Ehepaar kam jede Hilfe zu spät, die schwerverletzte Frau wurde sofort in ein Krankenhaus gebracht. Die Obduktion der beiden Leichen ergab, dass der 55 Jahre alte Mann an den Folgen seiner schweren Schnitt- und Stichverletzungen starb, seine Frau, 53, war durch einen Kopfschuss getötet worden.

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Regensburg, Günther Ruckdäschel, sprach von einem "ganz besonders hässlichen und schlimmen Verbrechen". Angesichts der Brutalität arbeiten die Ermittler aus Regensburg und Niederbayern mit Experten des Landeskriminalamts und des Bundeskriminalamts zusammen.

Das Motiv: Habgier

Bereits in der Nacht zum Mittwoch war der Kriminaldauerdienst durch weitere Spezialisten verstärkt worden. Auch Profiler der Spezialeinheit Operative Fallanalyse hätten den Tatort bereits besichtigt, um mögliche Parallelen zu anderen Fällen zu finden.

1600 Einwohner hat das Dorf Volkenschwand im Landkreis Kelheim. Hier kennt jeder jeden, und die Landschaft ist mit ihren umliegenden Hopfenfeldern idyllisch und friedvoll. Auch das ermordete Ehepaar lebte inmitten von Hopfenfeldern in einem abgelegenen Weiler.

Zu den Hintergründen der Tat ist bisher nur wenig bekannt. "Wir gehen davon aus, dass zumindest ein Motiv Habgier war", sagte Oberstaatsanwalt Ruckdäschel. Nach Angaben der Kripo steht bis jetzt fest, dass der ermordete Mann als Finanzkaufmann im Versicherungsbereich arbeitete und diverse Anlagegeschäfte tätigte.

"Über Geschäftspartner ist uns wenig bekannt", sagte ein Sprecher der Kripo Landshut. Möglicherweise stammten der oder die Täter aus einem bekannten Umfeld. "Wir ermitteln im Moment in alle Richtungen und versuchen das Umfeld zu beleuchten."

"Wo soll das hinführen, wenn hier Irre umeinanderschießen?"

Derzeit ist noch unklar, wie die Täter in das Haus gelangten. "Wir haben keine Aufbruchspuren gefunden", sagte Oberstaatsanwalt Ruckdäschel. Auch deutliche Abwehrspuren seien bislang nicht gefunden worden. Zu dem Verbleib der Schwerstverletzten wollten sich die Ermittler nicht äußern, um eine mögliche Gefährdung des Opfers auszuschließen. Bekanntgegeben wurde nur, dass ihr zweimal in den Kopf geschossen worden war.

Das Gewaltverbrechen hat bei den Bewohnern von Volkenschwand Bestürzung, Trauer aber auch Angst hervorgerufen. "Wir sind alle fix und fertig", sagte Annelie Stadler, die in Volkenschwand eine Pension mit Ferienhof betreibt. "Wo soll das noch hinführen, wenn in unserem Dorf jetzt schon Irre umeinanderschießen?"

Pater Josef Koscielny lebt im Paulinerkloster in Mainburg und betreut seit zwei Jahren die Gemeinde Volkenschwand. Regelmäßig hält er dort Gottesdienste. "Die Gemeinde ist sehr ruhig, die Leute sind freundlich", sagt er mit leiser Stimme. Der Priester kann selbst noch nicht fassen, was sich dort ereignet hat. "Das ist fast unglaublich", sagt er. Die Familie sei im Dorf sehr beliebt und engagiert gewesen.

Das bestätigt auch Bürgermeister Albert Morasch. Schock und Erschütterung sitzen tief: "Ich habe keine Worte. Das ist eine furchtbare Tragödie, die mir selber unerklärlich ist." Der Mann habe schon seit seiner Geburt in Volkenschwand gelebt. Nach einem schweren Unfall sei er querschnittsgelähmt und an den Rollstuhl gefesselt gewesen. Seine Frau war Heilpraktikerin und früher im Elternbeirat und der Kirche sehr aktiv.

© SZ vom 20.11.2008/liv - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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