Donaukurier in Ingolstadt:Zwei Seiten, viel Ärger

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Die Opposition witterte "ein wöchentliches Alfred-Lehmann-Verkündigungs- und Gedächtnisblatt, finanziert aus Steuergeld", Redakteure protestierten. Nun hat der Donaukurier in Ingolstadt eine bereits gedruckte Stadt-Beilage eingestampft.

Von Wolfgang Wittl

Es ist erst ein gutes halbes Jahr her, als Horst Seehofer dem Führungspersonal seiner Heimatstadt Ingolstadt die Leviten las. Ausgerechnet am Tag der Hochzeitsfeierlichkeiten von Oberbürgermeister Alfred Lehmann (CSU) warf der Ministerpräsident seinen Parteifreunden einen "Politikstil von oben herab" und mangelnde Transparenz vor. Ein Vorwurf, den die Stadt wohl nicht auf sich sitzen lassen wollte.

Wie sich jetzt herausstellte, plante sie für das gesamte Jahr 2013 eine wöchentlich erscheinende Beilage im Donaukurier, die über aktuelle Ereignisse und städtische Unternehmen informieren sollte. Doch ehe die erste, bereits gedruckte Ausgabe ausgeliefert war, wurde sie auch schon wieder zurückgeholt - sehr zur Freude der Opposition, die darin vor allem ein Marketinginstrument des OB und der regierenden Stadtratskoalition vermutete.

Am vergangenen Donnerstag, nur einen Tag vor der geplanten Erstveröffentlichung, bekam Oberbürgermeister Lehmann einen Anruf von Georg Schäff, dem Verleger des Donaukuriers (DK). Der teilte ihm mit, dass die Zeitung von der Vereinbarung kurzfristig Abstand nehme. Schäff, der erst kurz zuvor davon erfahren haben soll, seien Bedenken gekommen, berichtet DK-Chefredakteur Gerd Schneider. Aus drucktechnischen Gründen sollte die Beilage vier Seiten stark sein: Zwei seien der Stadt reserviert gewesen, zwei hätte die Redaktion mit eigenen Nachrichten gefüllt.

Zwar hätte sich das Erscheinungsbild der städtischen Seiten vom Rest der Zeitung unterschieden, doch wünschte sich der Verleger eine noch klarere Trennung. Auch innerhalb der Redaktion sei über die Beilage kritisch diskutiert worden, wie Schneider einräumt. Nach SZ-Informationen gab es heftige Proteste seitens der Redakteure, die um ihre Unabhängigkeit fürchteten.

Die Stadtratsopposition zeigte sich ob derart unverhofftem Stehvermögen angenehm überrascht. Denn obwohl die Initiative zur Beilage von der Anzeigenabteilung des DK ausging und ihr Inhalt weitgehend unbekannt ist, witterten etwa SPD-Politiker "ein wöchentliches Alfred-Lehmann-Verkündigungs- und Gedächtnisblatt, finanziert aus Steuergeld".

Die Bürgergemeinschaft Ingolstadt, die bei den Kommunalwahlen 2014 erstmals mit einer eigenen Liste antreten will, argwöhnte, die Stadt wolle sich "in den nächsten zwölf Monaten selbst beweihräuchern". So ließen sich "auch die exorbitanten Erhöhungen der Ausgaben für Werbemaßnahmen im Haushalt der Stadt Ingolstadt und ihrer Beteiligungsgesellschaften erklären". Die Grünen kritisierten: Für eine selbst gestaltete Beilage, mit der man die "Meinungsbildung kontrollieren" könne, sei Geld vorhanden - für nicht mal halb so teure Übertragungen aus dem Stadtrat aber nicht.

Tatsächlich erhöht die Stadt ihr Pressebudget um einen sechsstelligen Betrag, was in einem Jahr mit Landtags- und Bundestagswahl jedoch völlig normal sei, wie Sprecher Gerd Treffer sagt. Die kolportierten 300 000 Euro für die Beilage seien hingegen viel zu hoch gegriffen. Eine Summe wollte die Stadt nicht nennen. Über die Reaktionen könne er sich nur wundern, sagte Treffer. So sei ein Livestream aus dem Stadtrat nicht an Kostengründen gescheitert, sondern wegen datenschutzrechtlicher Bedenken. Überdies seien solche Beilagen in anderen Städten gang und gäbe.

Für ihre erste Ausgabe hatte die Stadt Ingolstadt einen Ausblick auf die großen Projekte 2013 sowie Informationen über Versammlungen, Ausschüsse und politische Strukturen geplant. "Es wäre viel um Transparenz gegangen", sagt Treffer. Aber davon können sich die Ingolstädter demnächst selbst überzeugen.

Während sich die Rathauskritiker am Montag noch über die Einstellung der Beilage freuten, einigte sich die Stadt mit dem Donaukurier auf ein neues, dann achtseitiges Produkt im Magazinformat. Erscheinungstag soll der kommende Freitag sein - sofern nichts dazwischenkommt.

© SZ vom 15.01.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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