CSU-Machtkämpfe:Wer streitet gerade mit wem?

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Drei Monate nach der Rückzugs-Ankündigung von Ministerpräsident Stoiber greift Missstimmung in der CSU um sich. Die Übergangsphase nimmt Züge einer Seifenoper an - ein Streit zieht den nächsten nach sich.

Verärgerung und Misstrauen kennzeichnen inzwischen das Verhältnis mehrerer CSU-Politiker zueinander. Ursache ist ein Interessenkonflikt, der wohl auch bei größtem gegenseitigem Wohlwollen kaum zu verhindern wäre. CSU-Chef Edmund Stoiber hält sich keineswegs für pensionsreif und möchte unbedingt eine starke Schlussphase. Viele andere CSU-Politiker möchten einen starken Neubeginn. Beides ist in der Politik schwer unter einen Hut zu bringen.

Ein CSU-Spitzenmann wählt eine Leichtathletik-Staffel als Vergleich: Eine gute Zeit sei nur möglich, wenn der Läufer mit dem Stab bis zum Schluss mit Spitzengeschwindigkeit laufe. "Aber der Nachfolger, der den Stab übernimmt, muss vorher auch schon hohes Tempo aufnehmen."

In der jüngsten Episode des öffentlich ausgetragenen Schauspiels ließ Stoiber CSU-Fraktionschef Joachim Herrmann über die Passauer Neuen Presse wissen, dass er verärgert sei. Anlass: Der Wahltermin für Stoibers designierten Nachfolger Günther Beckstein (CSU) im Landtag. Herrmann hatte am Vortag auf Journalistenfragen bestätigt, dass er im Ältestenrat des Landtags eine Sondersitzung für den 2. Oktober ins Gespräch gebracht hatte.

Es sei nicht gut, wenn in einer solchen Frage an die Öffentlichkeit gegangen werde, ohne mit Parlament und Fraktionen eine Verständigung zu haben, kritisierte Stoiber. Den Namen Herrmann nannte Stoiber nicht - doch jeder im Münchner Politikbetrieb wusste sofort, wer gemeint war.

Dünnhäutiger Stoiber

Stoiber reagiert derzeit nach verbreiteter Einschätzung häufig dünnhäutig auf Äußerungen seiner Kollegen in der CSU-Spitze. Stoibers Arbeitseifer weckt bei seinen Parteifreunden wiederum die Befürchtung, der scheidende Partei- und Regierungschef wolle die Geschicke Bayerns auch nach seinem Abschied als pensionierter Ehren-Trainer vom Spielfeldrand aus bestimmen. Stoiber will sich aber nicht kleiner machen, als er ist.

Das Verhältnis Stoibers zu Herrmann ist ohnehin seit längerem getrübt. Die Staatskanzlei sieht in Herrmann einen der Hauptbeteiligten an Stoibers Sturz - glauben zumindest viele Abgeordnete der Landtags-CSU. Gleiches gilt für das Verhältnis Stoibers zu Landtagspräsident Alois Glück.

Kettenreaktion der Konflikte

In einer Kettenreaktion lösen die Spannungen um Stoiber zahlreiche Nebenkonflikte aus. Wirtschaftsminister Erwin Huber, der gerne CSU-Chef werden möchte, hat Stoiber, CSU-Generalsekretär Markus Söder und den Chef der Hanns-Seidel-Stiftung, Hans Zehetmair, mit Personalüberlegungen verärgert.

Zwischen Söder und Herrmann gab es zeitweilig ebenfalls atmosphärische Störungen. Sozialministerin Christa Stewens verärgerte Hubers Konkurrenten um die Nachfolge als CSU-Chef, Horst Seehofer, mit Kommentaren über dessen Privatleben.

Symptomatisch für die derzeitige Stimmung ist ein Gefecht, das sich vor kurzem in der Landtagsfraktion zutrug: Der oberbayerische Abgeordnete Ernst Weidenbusch griff Innenminister Günther Beckstein an, weil der designierte Ministerpräsident dem SPD-Politiker Peter Paul Gantzer bei einer Buchvorstellung half.

Daraufhin erregten sich viele CSU-Abgeordnete stark über Weidenbusch. Denn viele CSU-Abgeordnete vermuten, dass der als Stoiberist bekannte Weidenbusch nur einen Vorwand suchte, um den Stoiber-Erben Beckstein zu attackieren.

Der sonst so beredte Beckstein sagt inzwischen am liebsten gar nichts mehr zur Lage in der CSU. Viele CSU-Spitzenpolitiker stimmen mit dem Innenminister überein, dass Schweigen meist klüger wäre. Die inoffizielle Parole: Bloß nicht Stoiber reizen. Doch halten sich nicht alle an die guten Vorsätze.

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