CSU-Doppelspitze:Kampf dem Nase-Vorn-Prinzip

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Die CSU ist spürbar erleichtert, dass der Machtkampf vorbei ist. Sie sehnt sich nun nach Geschlossenheit, dabei hat sie sich nun eine kommunikationsbedürftige Doppelspitze gewählt - der Nährboden für Reibereien.

Bernd Oswald

Angela Merkel wünschte es sich. Erwin Huber sagte es. Günther Beckstein auch. Horst Seehofer sowieso. Es zog sich wie ein roter Faden durch den ganzen Parteitag: Der Wunsch nach christlich-sozialer Geschlossenheit.

Auch wenn die Partei-Granden in ihren Reden davon sprachen, wie "fair" und "professionell" das Duell Huber-Seehofer abgelaufen sei, so sichtlich war ihnen doch die Erleichterung anzumerken, dass es nun damit vorbei ist. Nun hat die Partei allerdings eine Doppelspitze, das heißt: deutlich erhöhten Kommunikationsbedarf und damit auch Konfliktpotenzial.

Beckstein selbst räumte das in seiner Bewerbungsrede für die Spitzenkandidatur zur Landtagswahl 2008 selbst ein, sprach von "Chancen und Risiken" der Doppelspitze. Hinterher im kleineren Kreis gab er zu, dass es ungewöhnlich ist, "wenn ich Erwin Huber im Kabinett als Ministerpräsident übergeordnet bin und er mir in der Partei."

Und er räumte auch ein, dass der "Parteivorsitzende bei der Landespolitik mitspricht und der Ministerpräsident in der Bundespolitik." Die Abstimmung mit Huber zu einer "engen, vertrauensvollen Zusammenarbeit" hält er für gut machbar, - wie auch Bundeswirtschaftsminister Michael Glos. "Weil Huber und Beckstein beide in München sind, können sie dort die Zusammenarbeit üben." 2009 kommt Huber nach Berlin, und dann müssen eben "moderne Kommunikationsmittel" eingesetzt werden.

So pragmatisch sieht es auch Beckstein: Wo früher "die Thurn-und-Taxis-Kutsche unterwegs war, kann man heute mit Handy und SMS arbeiten". Er sagt das vor allem in Bezug auf den Koalitionsausschuss, dem nur Huber als CSU-Chef, nicht aber Beckstein als bayerischer Ministerpräsident angehören wird. Den 63-jährigen Franken ficht das nicht an. "Solche Sitzungen gehen so lange hin und her, da hat man genug Zeit zum Abstimmen."

Einen eigenen Sitz im Koalitionsausschuss - es wäre der dritte für die CSU - braucht er nicht. Und auch auf den Parteivorsitz erhebt er keinen Anspruch: "Man hat genug Arbeit als Ministerpräsident, wenn man das Land optimal regieren will." Wer will, kann darin einen Seitenhieb auf Stoiber heraushören, der acht Jahre lang in Doppelfunktion agierte und sich gerade in den letzten Jahren Vorwürfen ausgesetzt sah, zu viel in der Bundespolitik herumzuschwirren und die landespolitischen Geschäfte zu sehr schleifen zu lassen.

Gute Ergebnisse für Horst Seehofer

Wer über die Bundespolitik der CSU spricht, muss auch über Horst Seehofer sprechen, gerade nach diesem Parteitag. Der Bundeslandwirtschaftsminister bekam achtbare 40 Prozent beim Kampf um den Vorsitz und fulminante 91 bei der Wahl zum stellvertretenden Parteichef. Eine klare Rehabilitierung also, so sieht es auch Landtagsfraktionschef Joachim Herrmann, der im Wahlergebnis ein klares Votum dafür sieht, dass "wir beide brauchen" (Huber und Seehofer).

In der Doppelspitze Huber-Beckstein sieht er schon unterschiedliche Akzentuierungen: Beckstein sei der "konservativere" Typ, Huber stehe mehr für Reformen und Erneuerung. Herrmann rechnet von nun an mit einer "kreativen Spannung". So kann man den potenziellen Zwist auch umschreiben.

Auch wenn die Stimmung auf dem Parteitag eher zugunsten Becksteins war: Die Partei-Oberen sehen die beiden Zugpferde auf Augenhöhe. Am schönsten formulierte das Michael Glos: "Ich beteilige mich nicht an Spekulationen nach dem Nase-Vorn-Prinzip". Es wird aber wohl nicht allzu lange dauern, bis sich auch die CSU selbst diese Frage stellt.

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