BMW:Wenn BMW hustet, hat Niederbayern die Grippe

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BMW ist Jobmotor in Niederbayern: Die Kurzarbeit trifft nicht nur die Autoindustrie, sondern auch Bäcker, Brauer, Busfahrer und Pfarrer.

Christian Sebald

"Natürlich sind alle gedrückt", sagt Rita Dobler. "Auch wenn schon letztes Jahr jeder gewusst hat, dass es nicht immer so weitergeht, jedes Jahr noch mehr Autos zu produzieren." Rita Dobler, 66, ist Wirtin des Café Dobler in Reisbach, einer Institution unter den 700 BMW-Mitarbeitern, die täglich vom niederbayerischen Ort Reisbach ins BMW-Werk nach Dingolfing pendeln.

Die Kurzarbeit bei BMW hat für eine ganze Region negative Folgen. (Foto: Foto: dpa)

Nicht wenige kehren nach Schichtende bei Rita Dobler ein. Und natürlich reden die BMWler hier darüber, was ihnen auf der Seele liegt. Besonders jetzt, wo das Vorzeigeunternehmen in seinem Dingolfinger Werk, dem mit 20.000 Mitarbeitern größten BMW-Werk überhaupt, auf Kurzarbeit geht. "Das trifft alle", sagt Rita Dobler, "auch wenn sie hoffen, dass das nur eine kurzfristige Delle ist."

Viele Jahre hat das Dingolfinger BMW-Werk ganz Niederbayern wirtschaftliche Sicherheit und Wohlstand garantiert. Nun muss die Region womöglich lernen, was das Stuttgarter Sprichwort "Wenn Daimler hustet, hat der Schwabe eine Grippe" bedeutet. Besonders Reisbach.

7500 Einwohner zählt der Heimatort von Ex-CSU-Chef Erwin Huber. "Von unseren 4000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten arbeiten alleine 700 bei BMW", sagt Bürgermeister Josef Steinberger. "Natürlich treibt es den Ort um, wenn die in Kurzarbeit gehen."

Noch sieht Steinberger aber nicht allzu schwarz. "BMW hat ja gesagt, dass das vorübergehend ist, wir hoffen, dass es im April wieder aufwärts geht", sagt er. "Außerdem bekommen die Leute ja 93 Prozent ihres Nettogehalts."

Andererseits lässt Steinberger keinen Zweifel daran, dass Kurzarbeit bei BMW vom ersten Tag an auf Reisbach durchschlägt. "Unsere Brauerei ist der größte Getränkelieferant des Dingolfinger Werks", sagt er. "Jeder Tag Kurzarbeit bedeutet für die Brauerei einen imensen Ausfall." Das gleiche gilt für eine Großbäckerei, die Semmeln und Brezen an BMW liefert, und das Busunternehmen, das die Pendler hin- und herkutschiert.

Doch das ist längst nicht alles. Bei Martin Ramoser, dem Pfarrer der Reisbacher Sankt-Michael-Kirche schütten dieser Tage viele ihr Herz aus. "Natürlich machen sich die BMWler Sorgen", sagt der 56-jährige Geistliche. "Aber denen geht es noch relativ gut."

Dann erzählt Ramoser von den Mitarbeitern eines Autozulieferers, denen bereits gekündigt wurde und die nun nicht wissen, wie sie die Raten für ihr Haus bezahlen sollen. Oder von dem Bauern, der in seinen Hof zehn Appartements eingebaut hat und sie seit Monaten nicht vermieten kann, weil BMW keine Leiharbeiter und Praktikanten mehr beschäftigt. "Für den hat sich auf einen Schlag das Einkommen halbiert", sagt der Pfarrer. "Und da gibt es viele, die die Krise voll getroffen hat, nur dass man das halt nicht so sieht."

Das meint auch Rita Dobler. "Die BMWler haben sicher eine Durststrecke vor sich", sagt sie. "Aber die sollen froh sein, dass sie ihre Arbeitsplätze haben." Das erklärt die Wirtin auch an den Stammtischen, wenn sie dort klagen, dass nun die schönen Gewinnausschüttungen weg seien und das Weihnachtsgeld gekürzt werde.

© SZ vom 23.01.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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