Bildungsdebatte nach Erdogan-Besuch:Türkische Schulen stoßen auf Ablehnung

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Die Rede von Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan stößt auch in Bayern auf Kritik. Die türkische Gemeinde lehnt seine Forderung nach türkischen Schulen ab in Deutschland.

Christine Burtscheidt und Julia Becker

Der Vorstoß des türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan, in Deutschland türkische Schulen und Universitäten einzurichten, ist in Bayern auf einhellige Ablehnung gestoßen. "Staatlich finanzierte Schulen mit türkischem Personal und Lehrplan entsprechen nicht unserer bildungspolitischen Zielsetzung", sagte Kultusminister Siegfried Schneider.

Schüler im Privatgymnasium des Vereins für Bildung und Integration in Hannover während des Deutschunterrichts. (Foto: Foto: dpa)

Um die Chancen von Migrantenkindern zu verbessern, setzt er auf frühe Sprachförderung. Eltern und Lehrerverbände schlagen zudem vor, am Gymnasium Türkisch als Fremdsprache sowie den islamischen Religionsunterricht auszubauen.

In einem Punkt erhielt Erdogan jedoch Zustimmung: Migrantenkinder sind im deutschen Schulsystem die Verlierer. Das belegen nicht nur internationale Leistungsvergleiche wie Pisa, sondern auch der bayerische Bildungsbericht 2006. Demnach schaffen im Freistaat gerade einmal 15 Prozent der Migrantenkinder den Übertritt auf das Gymnasium.

Besonders schlecht steht es dabei um die Chancen der Schüler, die mit Türkisch als Muttersprache aufwachsen. Und das, obgleich sie die mit Abstand größte Zuwanderergruppe in Bayern darstellen. In der Regel scheitern die Kinder schon früh an mangelnden Sprachkenntnissen. Türkische Eltern, die es sich leisten können, schicken sie deshalb in die Türkei zurück, wo sie ihr Abitur machen, um dann an einer deutschen Hochschule zu studieren. Wohl auch deshalb forderte Erdogan nun türkischsprachige Schulen in Deutschland.

Widerstand gegen Erdogans Vorschlag

Doch damit stößt er auf Widerstand. "Türkischsprachige Gymnasien führen nicht in die Integration, sondern in die Isolation", warnte am Montag der Chef des deutschen Philologenverbands Heinz-Peter Meidinger. Ein türkisches Gymnasium nach türkischem Recht mit türkischen Lehrern - so ein Abitur dürfe nicht anerkannt werden, erklärte auch der Vorsitzende der Landeselternvereinigung an Gymnasien, Thomas Lillig.

Zwar gibt es in Bayern Schulen, die sich gezielt an eine Nationalität wenden. So zählt das Kultusministerium fünf griechische Gymnasien. Doch sind sie alle in privater Trägerschaft. Das Abitur erwerben die Schüler entweder in Griechenland oder sie legen es an einer staatlich anerkannten Schule in Deutschland ab.

Weitere Angebote wie das französische oder europäische Gymnasium konzentrieren sich auf ein stärkeres Fremdsprachenangebot. In einigen Fächern findet der Unterricht bilingual statt, Pflichtsprache bleibt Deutsch. Die Philologen sind sich mit den Eltern einig, dass es künftig auch Türkisch als zweite oder dritte Fremdsprache am Gymnasium geben sollte sowie regulären islamischen Religionsunterricht.

Auch die türkische Gemeinde Bayern spricht sich klar gegen den Vorschlag von Erdogan aus: "Eine Integration wäre mit türkischen Schulen fast unmöglich. Wir wollen uns nicht abgrenzen, sondern zusammenleben", erklärt die Sprecherin der Gemeinde, Hamide Türker. Je mehr sich die Türken abschotten würden, desto weniger Ansprüche könnten diese auch in Deutschland rechtfertigen. "Ich bin gegen alles, was die Gesellschaft spaltet - und türkische Schulen würden genau das tun."

© SZ vom 12.02.2008/gdo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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