Bayerns Verbraucherminister zum Käseskandal:"Italien hat uns nicht informiert"

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Im Skandal um Gammelkäse aus Italien beklagt der bayerische Verbraucherminister Otmar Bernhard, dass das europäische Meldesystem versagt habe - und dies nicht zum ersten Mal.

Christian Sebald

SZ: Wie kann es passieren, dass eine Bande italienischer Krimineller europaweit ungefähr 11.000 Tonnen Ekel-Schmelzkäse in den Handel bringt, angeblich auch über eine Allgäuer Käserei, und die bayerischen Behörden erfahren davon aus der Zeitung?

Bayerns Verbraucherminister Otmar Bernhard kritisiert die italienischen Behörden. (Foto: Foto: AP)

Bernhard: Das fragen wir uns auch. Tatsache ist, dass die italienischen Behörden uns über die mögliche Verwicklung des Betriebs in Bayern nicht informiert haben, weder vor zwei Jahren, als sie den Skandal entdeckt haben, noch später, als sie die Käsereien in Norditalien geschlossen haben.

SZ: So etwas darf doch nicht sein.

Bernhard: Natürlich nicht. Die Italiener hätten uns das unbedingt melden müssen. Aber es ist nicht das erste Mal, dass so etwas vorkommt. Bei dem jüngsten Weinskandal war es ähnlich. Da haben die italienischen Behörden beteuert, bei den Exportweinen gebe es kein Problem. Und dann haben unsere Experten in etlichen Weinen, die nach Bayern eingeführt worden sind, doch Rückstände von Chemikalien gefunden.

SZ: Was wollen Sie tun, dass sich solche Fälle nicht wiederholen?

Bernhard: Das europäische Meldesystem funktioniert nur zuverlässig, wenn die Mitgliedstaaten es auch zeitnah mit Informationen beschicken. Wenn sich weitere Versäumnisse der italienischen Behörden bestätigen, muss das europäische Lebensmittelamt FVO eingeschaltet werden. Im äußersten Fall sollte die EU ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Italien in Erwägung ziehen.

SZ: Bei den Fleischskandalen der Vergangenheit haben aber auch Bayerns Behörden kein gutes Bild abgegeben.

Bernhard: Deshalb haben wir ja reagiert und die Lebensmittelüberwachung optimiert. Wir haben jetzt eine Fleischkontrolle aus einer Hand. Außerdem haben wir eine zentrale Datenbank, in der sämtliche Lebensmittelbetriebe Bayerns erfasst sind. Das sind mehr als 100.000. Dazu kommt die neue Spezialeinheit Lebensmittelsicherheit, die sehr erfolgreich arbeitet. Von Januar 2007 bis Mai 2008 hat sie 227 Risikobetriebe kontrolliert. Dabei gab es bei 33 erhebliche Mängel, zwölf Verfahren landeten bei der Staatsanwaltschaft.

SZ: Wie lief der Einsatz bei dem Verdacht gegen die Allgäuer Käserei?

Bernhard: Unsere Experten haben von den Zeitungsmeldungen in Italien gegen 14 Uhr erfahren. Bereits eine Stunde später waren die Spezialeinheit, die Polizei, die Staatsanwaltschaft und die örtlichen Behörden bereit, dass die Durchsuchungsaktion in Woringen beginnen konnte. So eine schnelle Aktion wäre früher nicht möglich gewesen, dazu war die Koordination der einzelnen Behörden noch nicht weit genug.

SZ: Was muss man auf nationaler Ebene noch verbessern?

Bernhard: Wir brauchen dringend ein Meldesystem für die Fälle, in denen der Zwischenhandel oder Großkunden Lebensmittellieferungen abweisen, weil sie verdorben sind. Das ist unerlässlich dafür, dass wir den schwarzen Schafen das Handwerk legen. Außerdem brauchen wir eine Möglichkeit, Schlachtabfälle und anderes sogenannte K-3-Material optisch zu kennzeichnen, sodass es alleine deshalb nicht in die Lebensmittelschiene gelangen kann. Bereits auf der nächsten Konferenz der Verbraucherminister im September in Berchtesgaden im September habe ich das auf die Tagesordnung gesetzt.

SZ: Und auf europäischer Ebene?

Bernhard: Das EU-Meldesystem ist vom Prinzip her eine sehr gute Sache, aber es muss konsequent genutzt werden. Es wird immer Kriminelle in der Lebensmittelbranche geben. Unser Ziel muss sein, dass ihr Risiko, entdeckt zu werden, so hoch ist, dass sie die Finger von ihren Machenschaften lassen. Alles in allem sind wir auf dem richtigen Weg.

© SZ vom 7.7.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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