Bayern Bauern in Sorge:Feuerbrand bedroht die Obsternte

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Der nur schwer zu bekämpfende Erreger könnte zum Aussterben mancher Fruchtsorten führen. Apfel- und Birnbäume sind heuer besonders stark betroffen.

Florian Höhne

Die Blüten färben sich pergament-braun und vertrocknen, der Baum hört auf, Früchte zu tragen, die Obsternte fällt aus. Verheerende Auswirkungen hat die Pflanzenkrankheit Feuerbrand auf Landschaftsbild und Obstanbau.

Bayerns Obstbauern in Sorge: Der Feuerbrand bedroht ihre Ernte. (Archivbild) (Foto: Foto: ddp)

In diesem Jahr wütet sie in Bayern so stark wie noch nie. Im Landkreis Ostallgäu beispielsweise sei jede Gemeinde betroffen, sagt der zuständige Kreisfachberater beim Landratsamt, Hartmut Stauder.

Täglich riefen 20 bis 30 Gärtner mit neuen Verdachtsfällen an. Viele Gemeinden hätten inzwischen zentrale Verbrennungsstellen eingerichtet, um die befallenen Triebe zu entsorgen.

Das Ostallgäu ist kein Einzelfall. Von Lindau bis Berchtesgaden sei das ganze Voralpenland "massiv betroffen", bestätigt Wolfgang Kreckl, der beim Institut für Pflanzenschutz an der bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft für den Feuerbrand zuständig ist.

Feuerbrand sei zwar über ganz Bayern verbreitet, dramatisch sei der Befall aber hauptsächlich in Südbayern, wo auch die meisten Streuobstbestände wachsen. Dort seien in manchen Regionen mehr als drei Viertel aller Obstbäume betroffen.

Das Labor in Rosenheim, das die meisten Verdachtsfälle in Bayern überprüft, ist durch die Flut der eingehenden Proben überlastet. Statt einer Woche dauert es mittlerweile zwei bis drei, bis das Ergebnis einer Untersuchung vorliegt. Drei Viertel der bisher untersuchten 250 Proben waren positiv.

Besonders hart trifft die Seuche die Obstbauern. "Es ist eine riesige Gefahr für uns, weil sich die Krankheit kaum bekämpfen lässt", sagte Helmut Jäger, der Vorsitzende des Bayerischen Erwerbsobstbau-Verbandes. Quarantänemaßnahmen wie das Entfernen befallener Triebe würden viel Zeit kosten, erklärt Jäger, 70 bis 80 Stunden pro Hektar.

Der Schaden geht in die Millionen

Der genaue Schaden sei schwer zu beurteilen, er gehe aber "in die Millionen", schätzte Jäger, der im Landkreis Lindau selbst Obstgärtner ist. Mehr als 300 der rund 800 bayerischen Erwerbsobstgärtner seien betroffen, für einzelne sei die Situation existenzbedrohlich.

Feuerbrand wird von dem Bakterium Erwinia amylovora verursacht, das seit Anfang der 1990er Jahre in Bayern vorkommt. Es befällt vor allem Kernobstgewächse, allerdings nicht alle gleich stark. Unter den Obstgehölzen sind Birnen und Quitten besonders empfindlich.

Bei den Zier- und Wildhölzern sind es unter anderem Weißdorn, Feuerdorn und Cotoneaster. Der Apfel ist eigentlich weniger empfindlich als diese, scheint aber heuer besonders stark befallen. Auf den Menschen ist die Krankheit nicht übertragbar.

Die Hauptsymptome der meldepflichtigen Krankheit sind: Blätter und Blüten welken unvermittelt und verfärben sich nach außen schwarz oder braun, die vertrockneten Blüten fallen nicht ab, sondern bleiben oft bis zum nächsten Jahr hängen. Die Triebspitzen verkrümmen sich zu Haken. Für die besonders empfindlichen Hölzer wie Birnen und Quitten verläuft die Krankheit meist tödlich - allerdings erst nach jahrelangem Siechtum.

Für den massiven Befall dieses Jahr macht der Experte Kreckl vor allem das Wetter verantwortlich. Das Bakterium brauche ein Eintrittspforte in den Baum. Deshalb werde Feuerbrand hauptsächlich in der Blütezeit übertragen.

Dieses Jahr war es während der Blüte relativ warm, mit dem Tau war dennoch genug Feuchtigkeit vorhanden - ideale Bedingungen für den Erreger, der in schadhafter Baumrinde überwintert. Zur Blütezeit im Frühjahr dringt aus diesen Stellen dann ein ocker- bis bernsteinfarbenen Schleim, der das Bakterium enthält. Vögel, Fliegen und Insekten brächten den Erreger zum Beispiel an ihren Beinen dann zu anderen Pflanzen.

"Ein alter Baum kann im nächsten Jahr wieder austreiben"

Bekämpfen lässt sich der Feuerbrand nur sehr schwer. Lange wurden befallene Triebe bis weit ins gesunde Holz abgeschnitten und verbrannt. Davon rät Kreckl aber ab: Die neuen, nachwachsenden Triebe seien eine weitere Eintrittspforte für das Bakterium. Stattdessen empfiehlt er bei Jungbäumen nur die befallen Triebe rauszubrechen oder zu -schneiden.

Bei alten Bäumen sei das zwar nicht möglich. Diese könnten sich aber oft selbst helfen, indem sie die Infektion in den Blüten abblocken: "Ein alter Baum kann im nächsten Jahr wieder normal austreiben." Wichtig ist, befallene Triebe nicht zu zerhäckseln oder auf den eigenen Kompost zu werfen. Dort könne der Erreger überleben, sagt Kreckl. Kleine Mengen könnten stattdessen im Hausmüll entsorgt werden.

Für größere Menge stellen Gemeinden meist Container und Verbrennungsstellen zur Verfügung. Aller Gegenmaßnahmen zum Trotz: Langfristig wird sich das Sortenspektrum in Bayern verändern. Obstbäume wird es sicher weiterhin geben - die stark gefährdeten Birnen aber wohl nur selten.

© SZ vom 27.6.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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