Bayerische Firmen wenden dem Ausland den Rücken zu:Der große Sprung zurück in die Heimat

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Nicht nur die Firma Steiff geht wieder nach Schwaben - auch Kathrein hat Korea verlassen.

Silke Lode und Gabriele Pfaffenberger

Auf den ersten Blick ist es nur ein Katzensprung, und doch für die Firma "Ghost Bikes" aus Waldsassen ein großer Schritt: Ende Juli wird der Fahrradhersteller die zehn Kilometer entfernte Niederlassung im tschechischen Eger auflösen und nach Bayern zurückkommen. "Unser Unternehmen hat sich in den letzten Jahren stark vergrößert", sagt Jens Steinhäuser vom Marketing. "Es ist auf Dauer einfach zu umständlich geworden, die Teile für die Montage von Bayern nach Tschechien zu transportieren." Die Kostenersparnis durch die niedrigeren Löhne in Tschechien zählt nicht mehr.

Steiff-Bär: Nicht nur die Firma Steiff kehrt nach Bayern zurück. Auch andere Unternehmen entdecken Bayern wieder. (Foto: Foto: dpa)

Mehr als zehn Jahre lang hat das Unternehmen am tschechischen Standort Fahrräder zusammengebaut, 50 der 85 Mitarbeiter sind dort beschäftigt. Vor allem die steigenden Logistikkosten haben die Firmenleitung nun dazu bewogen, das tschechische Werk zu schließen und die Montage wieder nach Waldsassen zu verlegen.

Das Unternehmen hat in ein großes, modernes Haus investiert, in dem nun alles unter einem Dach sein soll: von der Entwicklung über die Montage bis zum Versand der Räder läuft alles wieder im Freistaat ab.

Auch große, global agierende Unternehmen haben sich bereits dafür entschieden, ihre Fertigung wieder in die Heimat zu holen. Schlagzeilen machte gerade der schwäbische Stofftierhersteller Steiff, der sich unlängst aus China verabschiedet hat und nach Giengen an der Brenz zurückgekehrt ist. Sein Plüschbär "Knut" war monatelang in Containerschiffen über die Weltmeere geschippert, bis das Eisbärbaby fast schon erwachsen war.

Aber auch große bayerische Firmen wie der Rosenheimer Antennenhersteller Kathrein mit weltweit 6400 Beschäftigten hat sich bereits für die Heimkehr entschieden. Statt in Korea bauen nun die mehr als 600 Mitarbeiter der Kathrein-Tochter Katek in Grassau die Empfangsgeräte für Satelliten-TV.

Auch diesem Unternehmen waren die Transportwege zu weit: Zum Teil dauerte es vier bis sechs Wochen, bis die Lieferungen aus Asien kamen. Außerdem kann das Unternehmen vom Chiemgau aus auch schneller auf Kundenwünsche reagieren als aus Korea - das ist Firmenchef Anton Kathrein den ohnehin nur geringen Lohnkostenunterschied wert.

Nach Einschätzung des Frauenhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe folgt auf jede vierte bis sechste Produktionsverlagerung ins Ausland innerhalb weniger Jahre die Rückkehr nach Deutschland. Während vor allem niedrige Personalkosten deutsche Firmen ins Ausland locken, sind laut der jüngsten ISI-Studie vom Januar 2008 die Einbuße an Flexibilität und Probleme mit der Qualität die wichtigsten Gründe der Unternehmer, um die Fertigung ins Inland zu holen. Hinzu kommen hohe Koordinationskosten und Klagen über einen Mangel an qualifiziertem Personal im Ausland.

Einfachere Kontrolle

Peter Sonnleitner, der bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) Niederbayern für internationale Beziehungen zuständig ist, sieht indes keinen Trend zu Rückverlagerungen: "Mir ist keine signifikante Zahl von Rückkehrern bekannt." Dies sei jedoch gar nicht so schlimm, denn für die meisten Firmen seien Produktionsstandorte im Ausland ein wichtiges zweites Standbein.

Den Unternehmen gehe es nicht nur um niedrigere Lohnkosten im Ausland, sondern auch um mehr Nähe zu neuen Märkten. Da die Expansion "langsam und strategisch" erfolgt sei und die neuen Standorte zudem häufig in Grenznähe lägen, sei die Kontrolle einfacher möglich.

"Die Expansion ins Ausland hat in den wenigsten Fällen zu einem Arbeitsplatzabbau bei uns geführt", sagt der IHK-Mann. Wenn Unternehmen ihre Produktion tatsächlich nach Deutschland zurückholen, sei dies zwar begrüßenswert. Aber Sonnleitner warnt zugleich vor zu viel Euphorie: "Manchmal werden die Produktionsstandorte im Ausland auch ersatzlos geschlossen." Ohne dass in Bayern neue Arbeitsplätze entstehen.

Viel hoffnungsvoller ist dagegen Manfred Dietrich, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung im Landkreis Tirschenreuth. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis mehr Unternehmen zurückkehren, sagt er. Die Standortvorteile der bayerischen Grenzregionen gegenüber Tschechien würden immer größer. "Bei uns gibt es sowohl viele freie Flächen als auch eine sehr gute Infrastruktur." Und auch die Lohn- und Lebenshaltungskosten stiegen in Tschechien immer weiter an.

© SZ vom 08.07.2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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