Bahnanbindung in den Süden:Huber im Bremserhäuschen

Lesezeit: 2 min

Der Bahnausbau München-Lindau gerät wieder in Gefahr, weil Bayerns Verkehrsminister von früheren Zusagen nichts mehr wissen will.

Andreas Roß

Lange war es auf bayerischer Seite still geworden um den Brennerbasistunnel - ganz im Gegensatz zu den Österreichern und Italienern, die das Bahnprojekt mit Vehemenz vorantreiben wollen.

Erwin Huber: Mal bremst er, mal jongliert er mit Millionen. (Foto: Foto: dpa)

Doch unberechenbar, wie Edmund Stoiber im Herbst seiner politischen Karriere geworden ist, überraschte er am Freitag mit der Erklärung, wonach die Realisierung des Brennerbasistunnels "höchste Priorität" genieße. Schließlich, so Stoiber weiter, sei Italien der zweitwichtigste Handelspartner des Freistaats.

Die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene stelle nicht nur einen enormen Beitrag zum Klimaschutz dar, sondern auch eine "wichtige Grundlage für die dauerhafte Wettbewerbsfähigkeit der bayerischen Wirtschaft auf den Weltmärkten", befand der Regierungschef.

Deshalb forderte er Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) auf, rasch ein Gesamtkonzept für den Ausbau der Zulaufstrecken in Deutschland aufzulegen.

Überfällige Modernisierung

Dieser Appell des Ministerpräsidenten ist insofern bemerkenswert, als Bundesminister Tiefensee vergangene Woche zu Besuch in Bayern war und dabei Politikern und Wirtschaftsvertretern eine andere Möglichkeit aufzeigte, wie der Freistaat viel rascher als mit dem Brennerbasistunnel eine leistungsfähige Schienenverbindung für den Gütertransport nach Italien bekommen könnte: durch einen Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnstrecke München-Lindau-Schweiz.

Die Schweizer haben ja schon längst mit ihren Tunnelbauten am Gotthard begonnen und sind selbst daran interessiert, dass die Zulaufstrecke aus Bayern die längst überfällige Modernisierung erfährt. Deshalb hat die Schweizer Regierung der Bundesrepublik angeboten, 50 Millionen Euro als Vorfinanzierung zu überweisen. Das Geld ist allerdings an die Bedingung geknüpft, dass spätestens 2010 mit den Bauarbeiten begonnen werden muss.

Bereits im Juli 2006 hatte Verkehrsminister Tiefensee bei einer Konferenz in Memmingen sein Interesse an einer schnellen Realisierung des 190 Millionen Euro teuren Projektes signalisiert. Weil der Bund aber frühestens 2015 die notwendigen Finanzmittel bereitstellen könne, müsse der Freistaat bis dahin in Vorlage treten.

Millionenbeträgen werden jongliert

50 Millionen aus der Schweiz und 140 Millionen von der Staatsregierung, dann könnte das Vorhaben rasch auf die Beine gestellt werden. Der damals anwesende Vertreter aus dem bayerischen Wirtschafts- und Verkehrsministerium signalisierte Einverständnis, schließlich sei die Vorfinanzierung eine bayerische Idee gewesen.

Heute will Bayerns Verkehrsminister Erwin Huber davon nichts mehr wissen und allenfalls 55 Millionen beisteuern, schließlich sei der Ausbau eine Aufgabe des Bundes. Dies erstaunt umso mehr, als Huber derzeit bei anderen Projekten eher großzügig mit Millionenbeträgen jongliert, wenn man an den geplanten Bau der höchst umstrittenen Münchner Transrapid-Strecke und den 320 Millionen Euro teuren Ausbau des S-Bahnnetzes im Großraum Nürnberg denkt. In diesem Zusammenhang darf man an Hubers Vorgänger Otto Wiesheu erinnern, den heutigen Bahnvorstand.

Auch Wiesheu hatte lange Zeit nur den Brennerbasistunnel im Auge, bis er merkte, dass der Ausbau der Lindauroute für den bayerischen Gütertransport sehr viel rascher zum Erfolg führen dürfte. Wiesheu hatte dann die Idee der Vorfinanzierung und schob das Vorhaben kräftig an. Jetzt sitzt sein Nachfolger Huber im Bremserhäuschen.

© SZ vom 23. April 2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: