Nach tödlichem Unfall:Ist die Almbachklamm noch sicher?

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Bei einer Wanderung durch die Almbachklamm stürzt eine Zweijährige aus bislang ungeklärter Ursache in den Tod. Es ist der zweite Unfall binnen weniger Monate. Möglicherweise muss nun das Sicherheitskonzept überarbeitet werden.

Nadja Boxheimer

Für das zweijährige Mädchen kam jede Hilfe zu spät. (Foto: dpa / BRK Berchtesgaden)

"Ein steiler, aber gut gesicherter Wanderweg" durch eine der "schönsten und wenigen noch erhaltenen, wildromantischen Schluchten in den bayerischen Alpen": Mit diesen Worten wirbt die Homepage der Gemeinde Marktschellenberg im Berchtesgadener Land für eine Tour durch die Almbachklamm.

Am Freitagvormittag endete eine Wanderung durch die Schlucht für einer Urlauberfamilie jedoch in einer Tragödie. Die zweijährige Tochter stürzte aus bislang ungeklärter Ursache etwa 14 Meter tief in die Schlucht in eine sogenannte Gumpe, ein Wasserloch des Gebirgsbachs, und starb. Es war der zweite Unfall binnen weniger Monate. Erst im Juli war ein 59-jähriger Tourist aus Niedersachsen in die Schlucht gestürzt und konnte schwer verletzt geborgen werden.

"Erst einmal sind wir hier alle geschockt", ringt der Geschäftsführer der Gemeinde, Michael Ernst, um Worte. In der Almbachklamm hatten sich dramatische Szenen abgespielt. Der Vater des Mädchens war seiner Tochter sofort nach deren Absturz hinterhergesprungen und konnte sie aus dem eiskalten Wasser ziehen. Den mit dem Hubschrauber eingeflogenen Rettungskräften gelang es zunächst, die Zweijährige kurzfristig wiederzubeleben. Mit einem Tau wurde sie aus der Schlucht zu einem Zwischenlandeplatz geflogen, wo weitere Wiederbelebungsversuche jedoch scheiterten - sie starb.

Warum das Mädchen in die Tiefe stürzte, ob es vielleicht ausrutschte oder die Klamm an dieser Stelle möglicherweise nicht ausreichend gesichert war, das untersuchen nun Kriminalpolizei und die Staatsanwaltschaft Traunstein. Ernst betont, dass die Touristenattraktion regelmäßig auf ihre Sicherheit hin überprüft werde. Der etwa drei Kilometer lange Steig durch die Schlucht mit 29 Brücken, 320 Stufen und einem Tunnel ist mit Geländern gesichert, 200 Höhenmeter sind auf der Strecke zu bewältigen.

Ob sich die Schlucht als Familienausflugsziel mit einem Kleinkind eignet, darüber möchte Ernst kein pauschalisierendes Urteil fällen. "Die Klamm ist allerdings ein alpiner Steig, also kein Wanderpfad im Flachland, sondern ein Gebirgsweg", gibt er zu bedenken. Vor Gefahren, die es bei jeder Bergtour gäbe, sei man somit auch in der Klamm nicht gefeit. Unpassendes Schuhwerk, Umknicken aufgrund einer Unachtsamkeit - für Ernst gibt es viele potenzielle Unfallursachen.

Erst im Juli war ein 59-jähriger Tourist aus Niedersachsen ausgerutscht und rücklings zehn Meter hinunter in den Almbach gestürzt. Seine Ehefrau und zu Hilfe kommende Wanderer konnten den Urlauber rechtzeitig aus dem kalten Gebirgswasser auf eine Sandbank ziehen - er überlebte schwer verletzt.

Ob eine bessere Sicherung der Wege die beiden Unfälle hätte verhindern können, darüber möchte der Geschäftsführer Marktschellenbergs nicht spekulieren. "Erst einmal steht die Ursachenforschung an, dann kann man mehr dazu sagen", sagt Ernst. Bis dahin möchte die Gemeinde abwarten, ob eine Überarbeitung des Sicherheitskonzepts für die Schlucht nötig ist.

Auch für Jürgen Thalmeier vom Polizeipräsidium Oberbayern Süd in Rosenheim ist es zu früh, eine eindeutige Unfallursache auszumachen. Es müsse allerdings geprüft werden, inwieweit der Weg sicher begehbar sei, betont der Polizeisprecher. Sein Kollege Andreas Guske nimmt die Gemeinde Marktschellenberg in Schutz: "Grundsätzlich kann man nie die ganze Umwelt absichern", sagt er. Zum jetzigen Zeitpunkt sei nichts gewiss, lediglich, dass kein Dritter in den Unfall verwickelt war.

Ernst jedenfalls hat keinerlei Bedenken, Urlaubern eine Wanderung durch die Almbachklamm weiterhin zu empfehlen. Stand heute sei die Klamm ein sicheres Ausflugsziel: "Uns sind keine Mängel bekannt."

© SZ vom 02.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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