Weltspiegel (6): Chinas Luxusautos:50 Jahre Rote Fahne

Lesezeit: 2 min

Chinesen lieben europäische Autos, vor allem Luxuslimousinen. Doch wer im Reich der Mitte wirklich etwas auf sich hält, der lässt sich wie zu Maos Zeiten mit einem Hongqi durch die Straßen von Peking chauffieren.

Von Stefan Grundhoff

Die Redaktion von sueddeutsche.de sieht sich um - im "Weltspiegel": Welche Autos fahren die anderen? Wie reagieren andere Länder und Hersteller auf den Klimawandel? Wer steigt auf alternativ angetriebene Fahrzeuge um?

Das aktuelle Topmodell: der Hongqi HQ 430 (Foto: Foto: Pressinform)

Die Volksrepublik China gilt in Europa als Land der Menschenmassen, der automobilen Plagiate und VW-Anhänger. Kein anderer Hersteller drückt dem chinesischen Automobilmarkt derart seinen Stempel auf wie die Wolfsburger. Doch China hat selbst eine langjährige eigene Autotradition. Vor einem halben Jahrhundert lief in Changchun bei "First Automotive Works" das erste chinesische Auto namens Hongqi (dt. "Rote Fahne") vom Band.

Parteiobere, Geschäftsleute und Politiker lassen sich nach wie vor am liebsten in einem Modell der Marke Rote Fahne chauffieren. Stolz tragen die zumeist schwarzen Luxuslimousinen eine rote Kunststofffinne auf der Motorhaube - die wird im Dunkeln illuminiert und gibt dem Publikum klar zu verstehen: Hier kommt jemand, der wichtig ist.

Obwohl die Volksrepublik China sich zunehmend zu einer der bedeutendsten Wirtschaftsregionen der Welt aufschwingt, ist es mit der Massenmobilität noch nicht weit her. Während sich reiche Chinesen seit Jahr und Tag in Luxuslimousinen chauffieren lassen, bewegen sich viele Chinesen noch per Fahrrad, zu Fuß oder gar mit Eselskarren fort. Auch im Land der allgegenwärtigen Gleichheit sind einige etwas gleicher als gleich und tragen ihren Wohlstand selbstbewusst zur Schau - gerne auch in einer Luxuslimousine namens Hongqi aus heimatlicher Produktion.

Zumindest was Design und Ausstattung betrifft, müssen die aktuellen Topmodelle HQ 430 und HQ 300 den Vergleich mit der Luxuskonkurrenz aus Japan, Europa oder den USA nicht scheuen. Die HQ-Baureihe basiert auf dem Toyota Crown Majesta. Vollklimatisiert genießen die Insassen Xenonlicht, Nachtsichtassistent, Navigation, DVD-Entertainment und eine komplette Sicherheitsausstattung mit ESP, ABS und zahlreichen Airbags.

Chinas Automarke Hongqi
:Die mit der roten Finne

China hat eine langjährige eigene Autotradition. Vor einem halben Jahrhundert lief in Changchun bei "First Automotive Works" das erste chinesische Auto namens Hongqi (dt. "Rote Fahne") vom Band.

Das 4,97 Meter lange Topmodell HQ hat jeden Retrocharme abgelegt. Jahrzehntelang präsentierten sich die Luxuslimousinen aus chinesischer Entwicklung als wenig ansehnliche Designmischung aus allem, was die Autohersteller in der UdSSR, in den USA und Europa zu bieten hatten.

Ein heutiger Hongqi würde auch auf deutschen oder japanischen Straßen eine gute Figur machen und selbst in Italien oder den Vereinigten Staaten gäbe es für die stimmige Luxuskomposition aus gefälligen Formen und einem gesunden Designbewusstsein noch Szenenapplaus. Doch nach wie vor wird die chinesische Luxusmarke allein innerhalb der eigenen Landesgrenzen verkauft.

Selbst die Motorisierung könnte Kunden außerhalb der Volksrepublik zufriedenstellen. Zwar liegt das Tempolimit in China bei gerade mal 100 km/h liegt, dennoch verfügen Politiker dort über eine Art Freifahrtschein, andere wiederum können sich jederzeit eine Tempoüberschreitungen erlauben. Ein Punktesystem fehlt und bei Tempo 200 auf der Autobahn sind umgerechnet gerade mal 20 Euro fällig - wenn man überhaupt erwischt wird.

Das kann es sich Honqi also durchaus leisten, bereits den HQ 300 mit einem drei Liter großen V6-Motor mit 170 kW/231 PS und 300 Nm auszustatten. Das reicht locker für 235 km/h und einen Spurt von 0 auf 100 km/h in 8,7 Sekunden. Sein Preis: rund 50.000 Euro.

Die meisten Hongqi werden jedoch mit dem größeren Achtzylinder befeuert. Der 4,3 Liter große V8 des HQ 430 hat Toyota-Gene und stellt dem Fahrer für 70.000 Euro eine Leistung von 206 kW/280 PS und eine Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zur Verfügung. Der Durchschnittsverbrauch ist mit 11,3 Litern Super auf 100 km/h in China - noch - nur von nebensächlicher Bedeutung.

Ab Herbst können chinesische Patrioten mit einer Roten Fahne auch ins Gelände verschwinden. Der Hongqi-Geländewagen wandelt auf den Spuren von Cadillac Escalade und Porsche Cayenne. Fünf Meter lang und betont kraftvoll gestylt wird er sogar von einem Zwölfzylinder mit über 400 PS und 500 Nm maximalem Drehmoment angetrieben. Obligatorisch ist auch der Nobel-SUV mit der roten Kunststofffinne auf der Motorhaube ausgestattet.

Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, wann die Luxusmarke Hongqi auch auf anderen Weltmärkten zum Angriff auf Audi, Mercedes, Lexus oder Cadillac bläst.

© sueddeutsche.de/Pressinform/gf - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: