VW Polo Variant:Spritzig wie ein Großer

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Mit fünf verschiedenen Motoren - Automatik-Getriebe folgt im Herbst

(SZ vom 30.07.1997) Volkswagen baut die Polo-Palette weiter aus. Nach dem Stufenheck (Polo Classic) und dem Kleinlieferwagen (Caddy) kommt in diesen Tagen der Kombi (Variant) auf den Markt. Die Programmerweiterung ist das Ergebnis der immer enger werdenden Zusammenarbeit zwischen VW und Seat. Abgesehen vom Steilheck haben alle Polo-Versionen ein spanisches Gegenstück: der Classic entspricht dem Seat Cordoba, der Caddy dem Inca und der Variant dem Cordoba Vario. Auch der Polo Kombi wird nicht in Deutschland, sondern auf der Iberischen Halbinsel produziert, wobei das Volumen mit 40 000 Stück pro Jahr eher vorsichtig angesetzt ist. Vario und Variant unterscheiden sich vor allem im Preis: Der VW ist 1000 Mark teurer. Die Palette reicht vom 44 kW (60 PS) starken Variant 1,4 um 24 750 Mark bis zum 1,9 Liter TDI mit 66 kW (90 PS), für den 30 660 Mark berechnet werden. Dazwischen liegen das 47 kW (64 PS) starke SDI-Modell (ab 27 960 Mark), der 1,6-Liter-Benziner mit 55 kW oder 75 PS (ab 26 290 Mark) und der Power-Kombi mit 74 kW oder 100 PS (ab 29 260 Mark).

Im kastenförmigen Heck ist relativ viel Platz. Unter der serienmäßigen Laderaumabdeckung kann man bis zu 390 Liter Gepäck unterbringen - 145 Liter mehr als im Dreitürer und sogar 40 Liter mehr als im neuen Golf. Wer die asymmetrisch geteilte Rücksitzlehne vorklappt, darf 1250 Liter einpacken. Die Zuladung - ohne Fahrer - ist mit 460 Liter großzügig bemessen. Hinter der Kunststoff-Heckklappe verbirgt sich ein 1,30 Meter breiter Stauraum, der auf Höhe der Radhäuser allerdings nur noch 90 Zentimeter schmal ist. Der Grund für diese Engstelle: VW hat aus Kostengründen die Hinterachse vom Polo Classic übernommen. Ebenfalls aus Kostengründen haben die Techniker darauf verzichtet, die Ladekante abzusenken und so einen bis zur Öffnung ebenen Gepäckraumboden zu schaffen. Dafür wurden die Hinterradaufhängung und die Struktur des Hinterwagens verstärkt, was unter anderem dazu führte, daß der Polo Variant 80 Kilogramm mehr auf die Waage bringt als der Classic.

Wie alle Polos ist auch der Kombi ordentlich ausgestattet. Serienmäßig sind schon beim Basismodell zwei Airbags, ABS, Servolenkung, Laderaumabdeckung, Höhenverstellung für Gurte und Lenksäule, Dachantenne und die dritte Bremsleuchte. Für jeweils 1300 Mark Aufpreis bietet VW die Pakete Sportline (Colorscheiben, Sportsitze, Alufelgen) und Comfortline an (Zentralverriegelung, Fensterheber vorne, beheizte und elektrisch verstellbare Spiegel, Nebelscheinwerfer). Die Klimaanlage ist mit 1990 Mark erfreulich preiswert. In Verbindung mit der 74-kW-Maschine wird es von Herbst an eine Automatik geben.

Das Fahrwerk des Kompakt-Kombis wurde neu abgestimmt. Als Mittel zum Zweck dienen hinten härtere Federn und vorne ein dickerer Querstabilisator. Der Variant wirkt dadurch etwas straffer als die Limousine, ist aber keineswegs unkomfortabel. Das Geräuschniveau kann dagegen nur bedingt gefallen. Das Heck agiert auf bestimmten Fahrbahndecken als brummiger Resonanzkörper, vor allem die Diesel sind schlichtweg zu laut, die Aufhängung neigt auf schlechten Wegstrecken zum Poltern, und bei Autos mit Dachreling stören die Windgeräusche. Die Servolenkung arbeitet leichtgängig und zielgenau, das Getriebe ist passend abgestimmt, und das Fahrwerk gibt sich bis in den Grenzbereich hinein gutmütig. Nur die Bremsen hinterlassen einen zwiespältigen Eindruck. Zu den Schwachpunkten des hinten mit Trommeln bestückten Verzögerungsapparats gehören das schwammige Pedalgefühl, die trotz ABS nur mäßige Stabilität und die rasch nachlassende Wirkung.

Geräuschvoll, aber sparsam

Mit den Dieselmotoren wäre der Polo Variant eigentlich ideal motorisiert, doch die sparsame Geräuschdämmung sowie Schwingungsprobleme bei bestimmten Drehzahlen trüben den positiven Gesamteindruck. Der TDI mit 90 PS beschleunigt den Fünfsitzer in 12,5 Sekunden und macht ihn 176 km/h schnell. Der Drittelmixverbrauch beträgt - ebenso wie beim SDI mit 64 PS - OPEC-feindliche 4,9 l/100 km. Zum Vergleich: Das Modell mit dem 75 PS starken Benzinmotor liegt von den Fahrleistungen zwischen den beiden Diesel, konsumiert aber mit 6,8 Liter deutlich mehr. Der 100-PS-Polo ist der Sportwagen unter den kleinen Kombis. Der leise, laufruhige und ausreichend durchzugskräftige 1,6-Liter-Zweiventiler treibt den Variant in 10,9 Sekunden von Null auf 100 km/h. Die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 186 km/h, der Durchschnittsverbrauch bei bescheidenen 7,6 l/100 km. Fazit: Der Polo präsentiert sich als preiswerter, sparsamer und sauber verarbeiteter Kombi, der etwas spritziger und innen nicht viel kleiner ist als ein vergleichbar motorisierter - deutlich teurerer - Golf Variant.

Von Georg Kacher

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