VW Golf / Vento TDI:Sparsamer Wolfsburger

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Allerdings sind die Preise mit 28 875 und 31 700 Mark stolz

(SZ vom 24.07.1993) Wer glaubte, daß im Audi 80 TDI ein Audi-Motor steckt, hat sich getäuscht. Jetzt kam es heraus: Der Vierzylinder mit direkter Einspritzung wurde in Wolfsburg bei VW konstruiert. Diese Art Diesel ist noch sparsamer, als es die Selbstzünder ohnehin sind. In Lastwagen, Schiffen und Lokomotiven arbeiten seit jeher Direkteinspritzer. Ihr Nachteil: Sie nagelten so laut, daß sie im Pkw nicht erträglich waren. Bis Audi und VW sich der Technik annahmen und den Direkteinspritzer für den Pkw kultivierten.

Zunächst gab es für Volkswagen keinen Grund, den sparsameren TDI-Motor in den Golf einzubauen. Dessen Vorkammer-Diesel war sparsam genug. Doch in den letzten Jahren wurde der Verbrauch immer kritischer bewertet. Deshalb baut Volkswagen seinen TDI-Motor von August anauch in den Golf und den Vento ein (und im September auch in den optisch aufgefrischten Passat).

Obwohl der Motor in Wolfsburg entstand, war diese Operation nicht ganz einfach. Im Audi ist der Motor längs, in den Volkswagen quer eingebaut. Unter der Golf-Motorhaube ist weniger Platz. Das merken Fahrer und Mitfahrer. Sie hören das knackige Verbrennungsgeräusch des TDI-Motors deutlicher als im Audi 80. Diesel-Entwicklungschef Karl- Heinz Neumann schwört, innen sei ein Golf TDI nicht lauter als der bisherige Kat-Diesel. In die Geräuschdämmung direkt am Motor hat VW viel Arbeit investiert. Mit Hilfe einer Fünfloch-Einspritzdüse gelingt es, die Verbrennung weich einsetzen zu lassen. Dadurch ist das Nageln weniger ausgeprägt. Hydraulisch gedämpfte Motorlager schlucken Motorvibrationen fast ganz. Schalthebel und Lenkrad zittern nicht einmal im Leerlauf.

Wie der bekannte Kat-Diesel hat auch der Direkteinspritzer 1,9 Liter Hubraum und 66 kW (90 PS) Leistung. Seine größte Durchzugskraft von 202 Nm (Kat-Diesel 150 Nm) erreicht der TDI-Motor bereits bei 1900/min. Er beschleunigt den Golf in 12,8 Sekunden aus dem Stand auf Tempo 100. Für die Höchstgeschwindigkeit werden 178 km/h angegeben. Im 90 Kilogramm schwereren Vento braucht der Motor für den Spurt 13,2 Sekunden, die Höchstgeschwindigkeit ist die gleiche. Fährt man die beiden unmittelbar nacheinander, spürt man die behäbigere Gangart des Vento auch ohne Stoppuhr.

Beispielhaft sind die Abgaswerte des TDI-Motors. Seine sogenannten Rohemissionen (vor dem Katalysator) sind geringer als bei herkömmlichen Triebwerken. Dieses bewirkt ein Turbolader mit Ladeluftkühlung. Erfreulich für die Atmosphäre ist, daß die TDI-Motoren in Golf und Vento so wenig verbrauchen. Für den Drittelmix-Verbrauch werden 5 Liter auf 100 Kilometer angegeben (Vento 5,1 Liter je 100 Kilometer). Mit dem Golf haben wir bei forscher Fahrt und Vollgas auf der Autobahn durchschnittlich 6,6 Liter gemessen.

Obwohl der Direkteinspritzer so sparsam ist, wird er für den durchschnittlichen Autofahrer kaum eine in Mark und Pfennig lohnende Anschaffung. Im zweitürigen Golf CL kostet er 28 875, im viertürigen Vento CL 31 700 Mark. Erst nach rund 70 000 Kilometern hat sich der Mehrpreis von 2800 Mark gegenüber dem 90-PS-Benziner amortisiert. Wenn Minister Klaus Töpfer seine Strafsteuer für zuviel Verbrauch durchsetzt, weniger Verbrauch dagegen belohnt, könnte dieser saubere Diesel auch für das Bankkonto gut sein. Für die Luft ist er es sowieso.

Von Peter Behse

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