VW Eos:Die Sache mit dem Dach

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Peugeot und Renault haben es bereits. Ford, Opel und Volvo werden es demnächst einführen. Nur bei VW klemmt es sozusagen noch. Die Rede ist vom versenkbarem Hardtop, der Synthese aus Coupé und Cabriolet.

Georg Kacher

Wolfgang Bernhard, der neue Markenchef, nennt die Gründe für den verspäteten Produktionsstart des viersitzigen Eos: "Die Autos waren zum geplanten Termin nicht in Ordnung. Selbst wenn von zehn Fahrzeugen nur eines Probleme macht, gibt es von mir keine Freigabe: Qualität geht vor Stückzahl und Ergebnis."

Wolfgang Bernhard, der neue VW-Markenchef, stellte den Eos auf der IAA 2005 vor. (Foto: Foto: AP)

Liegt der schwarze Peter etwa beim Zulieferer Webasto, der die einbaufertigen Dachmodule in Portugal produziert? "Das kann man so nicht sagen", verneint Projektleiter Frank Welsch. "Schließlich treffen hier zwei Elemente aufeinander: das vormontierte Dach und die Rohkarosse. Um die unvermeidlichen Toleranzen auszugleichen, haben wir ein neues flexibles Aufnahmesystem entwickelt, das aus insgesamt acht fein justierbaren Anlenkpunkten besteht. Verspannungen, Klemmstellen und Quetschungen sind dadurch kein Thema mehr."

An Marktbedürfnisse angepasst

Warum aber wechselt VW vom klassischen Softtop zu einer Dachkonstruktion, die verschiedene Nachteile mit sich bringt: weniger Platz im Fond und im Kofferraum, ungeklärte Dauerhaltbarkeit, hoher Schwerpunkt? "Weil der Markt es so will", antwortet der Vorstandsvorsitzende Bernd Pischetsrieder und fügt hinzu: "Obwohl wir mit leichter Verspätung in dieses Segment einsteigen, wollen wir mit unserer überlegenen Dachlösung vom Start weg punkten."

Das VW-Hardtop öffnet und schließt vollautomatisch in 25 Sekunden und es besitzt als einziges seiner Art serienmäßig ein integriertes Glasschiebedach samt stufenlos verstellbarer Sonnenschutzjalousie. Dadurch bietet der Eos, der nach der Göttin der Morgenröte benannt wurde, verschiedene UV-Positionen: Coupé mit geschlossenem Glasdach oder offenem Schiebedach, Cabriolet mit geschlossenen oder voll versenkten Seitenscheiben. Es zieht? Dann klappen Sie bitte die Windabweiser hoch. Der vordere ist im Preis inbegriffen, der hintere kostet 290 Euro extra.

Das Eos-Dach ist also ein selbstverliebtes theatrum mobile mit hohem Schwierigkeitsgrad und hoher Komplexität. Der von acht Hydraulikzylindern angetriebene Apparat wiegt 90 Kilogramm, und die Einzelteile bewegen sich in derart engen Toleranzen zueinander, dass es selbst ausgebufften Qualitätskontrolleuren schwarz vor Augen wird. Trotzdem beherrscht dieses Verdeck ohne Beanstandungen sogar die schwierigste aller Cabrio-Übungen, den Schließprozess mit einem Rad auf dem Bürgersteig und drei Rädern auf der Straße.

Anlaufschwächen

Geschlossen stören uns allerdings die Windgeräusche an der Trennfuge der Seitenfenster und die Zugluft im Bereich der Heckscheibe. Begründung: noch nicht serienfällige Dichtungen, zu große Toleranzen im Auflagebereich zwischen Dach und Karosserie. Änderungen seien eingeleitet, heißt es.

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:VW Eos

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Der Zwei-Autos-in-einem-VW ist zwar nicht ganz so leise wie ein konventionelles Coupé, doch das Verdeck verhält sich vergleichsweise ruhig. Selbst auf schlechten Straßen dringt kein Knistern und Schaben an unser Ohr, von profanem Scheppern, Wummern oder Klappern ganz zu schweigen.

Räumliche Aufteilung

"Dafür gibt es zwei Gründe", weiß Frank Welsch. "Zum einen verwenden wir neuartige überlappende, mit Graphit beschichtete Dichtungen. Und zum anderen sorgt eine so genannte Schindel-Konstruktion für festen Sitz der Dachteile in allen Lebenslagen." Weniger befriedigend sind die Kompromisse in Bezug auf das Platzangebot.

Im Fond stören die kurze Sitzfläche, die steilen Lehnen und - bei entsprechend großen Vorderleuten - die knappe Beinfreiheit. Der Kofferraum fasst bei geschlossenem Aufbau zwar adäquate 380 Liter, doch offen sinkt das Stauvolumen auf mickrige 210 Liter. In diesem Zustand lässt auch die Beladbarkeit zu wünschen übrig.

Im Eos schlagen zwei verschiedene Herzen. Das Fahrwerk stammt vom Passat, die Bodengruppe entspricht dem Golf. Die Außenhaut ist komplett neu, doch das Cockpit präsentiert sich als bieder-funktionale Melange aus Vorhandenem. Nein, große Emotionen werden in diesem Ambiente nicht erzeugt. Aber dafür vermittelt auch der Eos die markentypische Kumpelhaftigkeit, die vertraute Solidität und die fahrdynamische Zuversicht, die fast alle Autos made in Wolfsburg auszeichnen.

Kompromiss-Wesen

Der Wagen fährt sich wie ein guter Kompromiss: Die Federung deckt das komplette Spektrum zwischen straff und kommod ab, die Lenkung arbeitet ohne Filter und Verstärker, die Bremse kommt sofort zur Sache, der Antrieb fühlt sich nicht nur der Ökologie und Ökonomie verpflichtet, sondern auch dem Kind im Manne.

VW bietet den Sonnenaufgang in fünf verschiedenen Stufen an. Das Spektrum reicht beim Benziner über den 1,6-Liter-FSI (Grundpreis: 25.950 Euro) mit 85 kW (115 PS) über die beiden 2,0-Liter-FSI mit 110 kW (150 PS, 27.950 Euro) und 147 kW (200 PS, 30.200 Euro) bis zum 3,2-Liter-VR6 mit 184 kW (250 PS inklusive DSG-Getriebe, 35.500 Euro). Dazu kommt der 103 kW (140 PS) starke 2,0-Liter-TDI (29.950 Euro). Die Ausstattung ist sicherheitstechnisch komplett, Musik, Leder, Navi und anständige Räder werden aber gesondert berechnet.

Den verführerischsten Kompromiss zwischen löhnen und belohnt werden bietet wohl der 2,0-Liter-FSI Turbo, der auch mit DSG zu haben ist. Der Eos mit dem GTI-Motor spurtet in 7,8 Sekunden von Null auf 100 km/h, läuft 232 km/h Spitze und konsumiert im Schnitt 8,3 Liter auf 100 Kilometer. Das ist schnell genug, um dem Winter davon zu fahren. Leider können Sie die erste Fahrt erst Ende Juni machen, wenn die Cabrio-Saison 2006 fast vorüber ist.

Weiters lesen Sie in Mobiles Leben in der SZ vom 21. / 22. 1. 2006 unter anderem: eine Geschichte über Drogen und Autofahren, einen Artikel über Schiffschrauben, Dieselmotoren für Motorräder und Fahrberichte vom Seat Altea FR und der MV Agusta Brutale.

© SZ vom 21. 1. 2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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