Volvo C70 Coupé:Kein Legostein auf Rädern

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Jährlich sollen 20 000 geräumige Schweden verkauft werden

(SZ vom 26.07.1997) Volvos sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren: Nehmen wir zum Beispiel das neue C 70 Coupé. Keine Ecken und Kanten, kein kastenförmiges Armaturenbrett, kein Ikea-Holz, keine abriebfesten Flockvelourspolster mehr. Statt dessen steht vor uns ein ausgesprochen elegantes Auto mit spannenden Proportionen, einem wohnlichen Interieur und gediegener Verarbeitung. Der C 70 ist zwar immer noch auf den ersten Blick als Volvo zu erkennen, aber er sieht nicht mehr aus wie ein Legostein auf Rädern. Der Chefdesigner Peter Horbury hat ganze Arbeit geleistet: Der neue Volvo-Look verbindet Klassisches mit Modernem, Funktionalität mit Flair. "Wir sind jetzt eine richtig progressive Marke", freut sich der in Schweden tätige Engländer, "kaum zu glauben, daß der C 70 von derselben Firma stammt wie das verkorkste, bei Bertone gebaute C 262 Coupé. "

Gebaut wird der C 70 weder bei Bertone noch bei Volvo, sondern bei AutoNova, einem Joint Venture, an dem Tom Walkinshaw zu 51 Prozent beteiligt ist. AutoNova will jährlich mindestens 20 000 C 70 unter die Leute bringen. Das neue Modell basiert auf der S 70 Limousine, die bis vor kurzem noch Volvo 850 hieß. Weil der Radstand vom Viertürer übernommen wurde, herrschen im Coupé ähnlich üppige Platzverhältnisse. Die schalenförmigen Fondsitze sind zur Fahrzeugmitte hin leicht angewinkelt. Dadurch können die Hinterbänkler besser zwischen Fahrer und Beifahrer hindurch nach vorne sehen. Da das Coupé gegenüber der Limousine in der Breite um sechs Zentimeter zugelegt hat, genießen Schultern und Ellenbogen viel Bewegungsfreiheit. Der Kofferraum faßt 403 Liter, ist glattflächig, hat eine Durchlademöglichkeit und ist mit einer niedrigen Ladekante gesegnet.

Die C 70-Ausstattung ist einerseits ziemlich reichhaltig, andererseits läßt sie doch einige Wünsche offen. Zu den besonders attraktiven Posten der Aufpreisliste gehören Ledersitze (1100 Mark), Automatikgetriebe (3250 Mark), Klimaanlage (4600 Mark), Tempomat (770 Mark), Navigationssystem (5900 Mark) sowie das wirklich beeindruckende Audio-Paket mit zwölf Lautsprechern, Rundumakustik und der praktischen Wechselkassette für drei CDs (3200 Mark). Der C 70-2,5T kostet mit 142 kW (193 PS) Leistung ohne Extras 62 800 Mark. Für den identisch ausgestatteten C 70-2,3T, der einen 176 kW (240 PS) starken Motor unter der Haube hat, muß man mindestens 69 800 Mark anlegen. Zum Vergleich: Der Mercedes CLK 230 steht mit 78 085 Mark in der Liste - allerdings inklusive Klima und Automatik.

Damit sich der C 70 auch so agil bewegen läßt wie ein reinrassiges Coupé, haben die Volvo-Techniker straffere Federn und Dämpfer eingebaut, die Spur verbreitert, andere Räder und Reifen montiert und einen Tieferlegungssatz entwickelt (770 Mark), der in Verbindung mit den 18-Zoll-Alufelgen (2900 Mark) eindrucksvoll zur Geltung kommt. Serienmäßig sind 16-Zöller aufgezogen, doch den besten Kompromiß aus Grip, Handling und Komfort bietet das mittlere 17-Zoll-Format.

Schwammiges Pedalgefühl

Der C 70 wirkt subjektiv einen Tick handlicher als der etwas schwerere Viertürer, und er liegt noch ein wenig satter auf der Straße. Trotz Traktionskontrolle scharren beide C 70-Varianten in engen Kurven eifrig mit den Hufen. Abgesehen von diesen störenden Antriebseinflüssen ist die Lenkung zielgenau, ausgewogen und nicht zu leichtgängig. Weniger gefallen haben die Bremsen - das schwammige Pedalgefühl, die rasch nachlassende Wirkung und der hohe Kraftaufwand rufen nach baldiger Modellpflege. Auch die teigige Kupplung und das relativ unpräzise Getriebe sind in Verbindung mit dem 240-PS-Motor an der Grenze ihrer Belastbarkeit angekommen. Die Automatik ist die bessere Wahl, zumal in fast jeder Lebenslage reichlich Drehmoment und Leistung zur Verfügung stehen.

Der C 70-2,5T spurtet in 7,8 Sekunden von Null auf 100 km/h, ist 230 km/h schnell und verbraucht im Schnitt 10,7 Liter. Der hubraumschwächere, aber mit höherem Ladedruck arbeitende 2,3-Liter-Fünfzylinder absolviert den Sprint in 6,9 Sekunden, läuft 250 km/h Spitze und konsumiert 11,3 Liter. Wer noch mehr Leistung sucht, und dabei auf den Allradantrieb nicht verzichten will, der sollte die betont sportliche R-Version näher unter die Lupe nehmen. Beide Ausführungen besitzen ein nahezu identisches Interieur mit übersichtlichem Cockpit und unproblematischer Bedienung. Zur Wahl stehen immerhin 17 Farben, drei Ausstattungspakete sowie drei Polsterungen. Sie können sich aber mit dem Aussuchen noch Zeit lassen, denn der Deutschland-Verkauf beginnt erst zum Jahresende.

Von Georg Kacher

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